Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 117 Boppard, Karmeliterkirche 1497
Beschreibung
Epitaph des Siegfried von Schwalbach, bereits vor 1675 am heutigen Standort an der Südwand des Langhauses bezeugt1). Große Platte aus gelblich-grauem Sandstein mit dreiseitiger Umschrift auf breiten Leisten, in den vier Ecken jeweils ein Wappenschild. Im leicht vertieften Feld reliefierte Figur des nach Osten blickenden Verstorbenen mit Harnisch und Schaller, in der erhobenen Rechten den Streitkolben, die Linke am Schwert. Die untere Randleiste kragt leicht abgeschrägt vor und bildet die Standfläche der Figur. Bis auf geringe Ergänzungen an der Nase und am Helmrand sehr gut erhalten; die abgearbeitete Schamkapsel2) wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch ein Kettenhemd ersetzt.
Maße: H. 206, B. 115, Bu. 5,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
-
Annoa) d(omi)ni 1497 vf dinstag na(ch)b) sa(nk)t Iohans tag bapt(ista)b) / starb de(r) vest sifort / va(n) schwalbach dem got genaedigc) sy amen
Datum: 27. Juni 1497.
Schwalbach/Arsburg | Blick von Lichtenberg |
Hagen gen. zur Motten | Mohr von Sötern |
Textkritischer Apparat
- Der von innen im Uhrzeigersinn zu lesende Text beginnt auf der linken Leiste unten.
- Kürzungszeichen fehlt.
- e dem a klein überschrieben.
Anmerkungen
- So Milendunck, Historia fol. 52v.
- "Leider durch übertriebene Prüderie sinnlos entstellt", so urteilte bereits der Bopparder Stadtchronist Wilhelm Schlad.
- Vgl. dazu Gruber, Adel 398.
- Vgl. dazu ausführlich Volk, Bopparder Krieg pass. und die folgende Nr.
- So Rhein. Antiquarius II 5, 602 (nach dem zeitgenössischen Bericht des kurtrierischen Kanzlers Peter Maier von Regensburg).
- Vgl. dazu Nrr. 96 und 97.
- Vgl. die vorhergehende Nr.
- Vgl. dazu Arens, Grabmäler pass. sowie ausführlich DI 49 (Stadt Darmstadt und Lkrs. Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) Nr. 64.
- Vgl. dazu Kingelschmidt, Magister 43f. und die Kritik bei Tiemann, Beiträge 18.
Nachweise
- Kremer/Lamey, Epitaphia fol. 44.
- Schlad, Chronick 1, o. P.
- Rhein. Antiquarius II 5, 530.
- Nolden, Karmeliterkirche 11.
- Eltester, Zwei Bleistiftzeichnungen, dat. (vermutlich) 7. Juli 1857 (LHAK Best. 700,30 Nr. 417/21 und 417/22).
- Eltester, Grabmäler 134 mit Taf. VII.
- Boulangé, Boppard 21 mit Taf. 6 (Nachzeichnung).
- Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 570.
- Klein, Boppard 306 mit Abb. S. 305.
- Martini, Carmel 301.
- Oidtman, Ritter-Schwalbach Haus, Abb. 3.
- Kubach/Verbeek, Denkmälerinventar I 121f.
- Kreuzberg, Grabmale 56 mit Abb. S. 57.
- Heckel, Schwalbach Nr. 7.
- Kubach, Kunstdenkmäler, Abb. 130.
- Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1 378 mit Abb. 262.
- Pauly, Beiträge I, Abb. S. 146.
- Mißling, Karmeliterkirche, Abb. 37.
- Volk, Bopparder Krieg 220 mit Abb. 3.
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 117 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0011706.
Kommentar
Die hervorragend erhaltene, mit noch gut erkennbaren Serifen ausgestattete Minuskel weist zwei Versalien auf: spitzes kapitales A mit kräftigem rechten Schrägschaft und kurzem, nach links überstehenden Deckbalken sowie langes I mit einseitig gezacktem Schaft. Auffallenderweise fehlen Worttrenner.
Siegfried, Sohn Johanns von Schwalbach aus seiner zweiten Ehe mit Anna Blick von Lichtenberg3) und 1484/85 kurtrierischer Amtmann zu Boppard, war eines der bekannten Opfer im sogenannten Bopparder Krieg4) vom Sommer 1497: Er fiel bei der Belagerung der Stadt durch den Trierer Erzbischof Johann II. zusammen mit einem seiner Knechte bei der Verteidigung der Balzpforte5), dem aus der Stadt zum Kloster Marienberg führenden Tor. Wie sein ebenfalls in der Karmeliterkirche begrabener Onkel Wilhelm6) erhielt auch Siegfried ein aufwendiges Grabdenkmal und einen ehemals über seinem Epitaph angebrachten Totenschild7).
Aufgrund der Ausführung des Grabdenkmals mit Standfläche und der auffallend in Richtung Chor gerichteten Haltung des Verstorbenen verkörpert es den im Spätmittelalter beliebten Typus der "Ewigen Anbetung"8). Ob die bereits früh bezweifelte Zuschreibung dieser hervorragenden Arbeit an den Mainzer Bildhauer Valentinus Lapicidia9) gerechtfertigt ist, muß noch geklärt werden.