Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 274 Backnang, ev. Stiftskirche St. Pankratius vor 1616, 1616

Beschreibung

Grabmal der Ursula Mayer geborene Beringer. Innen an der Südwand der Krypta (seit 1929), zweiter Stein von Osten. Umschrift (A) zwischen profilierten Rahmenleisten, unterbrochen von vier Ahnenwappen in den Ecken; im Mittelfeld oben unter Engelskopf ein Kranzmedaillon mit Allianzwappen: heraldisch rechts ein Vollwappen, links drei Schilde unter einem Helm; darunter hochrechteckige Rollwerk-Schrifttafel (B). Grauer Sandstein; besonders im unteren Bereich und am rechten Rand stark verwittert.

Maße: H. 197, B. 94,5, Bu. 3,6 (A), 3 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (A, B).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    Leben wir so Leb[en] // Wir dem Herrn [sterben wir] So sterben wir dem H[errn // . . .a) //] Darumb wir leben oder Sterben So sein Wir Des Herrn · ROM: [14]1)

  2. B

    〈VF MONTAG〉 DEN 〈2 / SEPTEMBRIS〉 ANNO / 〈1616〉 STARB VND LIGT / ALHIE BEGRABEN DIE / EHRN VND TUGENDSAMB / FRAW VRSVLA WEILVND / DES ERNVESTEN VORGE/ACHTEN HERN LOREN/TIJ MAYRS FVRSTLICHEN / WIRTEMBERGISCHEN / HAVS KVCHINMAISTERS / ZVE STVTGARDTEN / VER LASSENEb) WITTIB / [G]EBORNE BERINGERIN / [DE]REN DER LIEBE GOTT / [GN]EDIG SEIN VND AM / [TAG] SEINER HERLICHEN / [AN]KVNFT EIN FRÖLICHE / [AVFF]ERS[T]EHVNG VERLE[I/HEN] W[ÖLLE] AMEN /[. .]ENS[. . . . . . . . . . . . . . .]

Wappen:
Mayer2, Beringer3, Schmid4, Ecker5;
BeringerMayer
[zerstört]unbekannt6.

Kommentar

Kapitalisschrift, Form der Ahnenwappenschilde und Gestaltung der Helmdecken weisen auf die Werkstatt des Waiblinger Grimmeisen-Grabmals7. Die Todesdaten sind nachgetragen. Die Nachträge bemühen sich zwar um Nachahmung der vorgegebenen Schrift, scheinen aber doch von anderer Hand zu stammen.

Ursula Beringer dürfte – wie auch das Wappenbild nahelegt – eine Tochter des württembergischen Seemeisters zu Tübingen Sebastian Beringer sein8. Sie war dreimal verheiratet: in erster Ehe mit dem 1571 verstorbenen Land- und Hausküchenmeister Lorenz Mayer9, 1572 mit dessen 1587 verstorbenem Amtsnachfolger Jost Schmid aus Wildbad10 und schließlich mit dem Oberrats-Registrator Melchior Ecker aus Kirchheim unter Teck († 1590)11. Die in der Grabschrift genannten Namen wie auch die Wappenanordnung lassen vermuten, daß der Grabstein von dem Sohn aus erster Ehe Christoph Mayer gesetzt wurde, der von 1615 bis 1622 Untervogt in Backnang war12. Mit ihm wird die Mutter nach Backnang gekommen sein.

Textkritischer Apparat

  1. Die völlig zerstörte Fußleiste war vermutlich gar nicht beschriftet, da der Text der Bibelstelle vollständig ist. Dieser Umstand deutet darauf hin, daß die Steinplatte nicht im Boden lag, sondern schon ursprünglich für die Aufstellung an der Wand konzipiert war, da bei einer solchen Aufstellung die Umschrift der Fußleiste kopfständig und damit schwer lesbar gewesen wäre.
  2. Der zweite Teil des Worts deutlich abgesetzt und mit vergrößertem Anfangsbuchstaben.

Anmerkungen

  1. Röm 14, 8.
  2. Aus einem Dreiberg wachsender bärtiger Mann, in beiden Händen je eine gestielte Blume haltend; Helmzier: Schildfigur. Mehrfach nachweisbar auf Gedenktafeln von 1654 und 1664 sowie auf einer Orgelstiftungstafel von 1687 in der Schwäbisch Haller Michaelskirche.
  3. Schräggelegter Welskopf; Helmzier: zwei Büffelhörner über Helmkrone.
  4. Steigendes Pferd.
  5. Geteilt, oben drei aneinanderstoßende Rauten balkenweise, unten eine Raute.
  6. Soweit noch zu erkennen: runde Kanne mit einfachem oder doppeltem Ausguß.
  7. Vgl. nr. 235 mit Angaben zur Schrift und zu weiteren Arbeiten der Werkstatt im Bearbeitungsgebiet.
  8. Seemeister 1547–72; seine Frau hieß ebenfalls Ursula, vgl. Pfeilsticker § 1949.
  9. Im Amt ab 1564 bezeugt, vgl. ebd. § 508; auch als Hausküchenschreiber genannt: ebd. § 516.
  10. Ebd. § 510.
  11. Ebd. § 1264.
  12. Vor 1615 Vogt in Vaihingen/Enz, nach 1622 Vogt in Neuenbürg, vgl. ebd. § 2150.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 274 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0027401.