Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 173 Murrhardt, ev. Walterichskirche 1567

Beschreibung

Grabplatte der Anna Hofsess geborene Hofmann. Zweitverwendung1; seit 1982 im südlichen Teil des Windfangs am Westeingang der Kirche aufgestellt, um Vorder- und Rückseite sichtbar zu machen. Bis 1982 außen an der Nordwand des Kirchenschiffs eingelassen. Graugrüner Sandstein, zwei von Linien gerahmte Felder, oben vierzeilige Versinschrift (A), darunter Wappen in Flachrelief, unten Grabschrift (B); am oberen Rand in der Mitte das beschädigte Stz. nr. 4. Die Rückseite – vom Eingang aus sichtbar – ist ein stark beschädigter Abtsgrabstein ohne Inschrift aus dem 12. oder 13. Jahrhundert: im Feld Vortragekreuz in der Achse, links davon ein Abtsstab. Die Platte ist an allen Seiten beschnitten und trug wohl nie eine Inschrift; rechts ist der Wulst der Rahmung erhalten2.

Maße: H. 172, B. 67, Bu. 2 (A), 4,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    TV(N)C ADERAT NOVVSa) VBI CO(N)IVNGITVR ANNA / CONIVNX CHARA MIHI CA(N)DIDA FIDA PIA / VISCERA SED DIRO POST TORMI(N)Eb) PRESSA NECATVR / TENDIT ET AD SANCTI COELICA REGNA DEIc)

  2. B

    · ANNO · DOMINI · MDLXVIId) / DEN · XIXd) · TAG · IANVARII · / STARB · DIE · ERBAR · VND · / TVGENTSAM · FRAW AN (N)A / HOFMAEN(N)IN · DES · ERWIR/DIGEN · HERRN · OTTONIS / LEONHARDI · HOFSAESEN / ABTE · ZV MVRRHART · ERSTE · / EHLICHE · HAVSFRAW · DIE · / BEI · IME GELEBT · VIIId) · IAR · XIX · / TAG · VND EIN · SVN · MIT · NA/MEN · IACOB · GEZEVGT · DE/REN · GOT · GNEDIG · VND / BARMHERZIG · SEIN WELL · / 1567

Übersetzung:

Damals begann eine neue (Zeit), als Anna, die teure, treue und fromme Gattin mir angetraut wurde. Später aber wurde sie durch die schreckliche Ruhr, die ihre Eingeweide zersetzte, und strebt nun nach dem Himmelreich des heiligen Gottes.

Versmaß: Elegische Distichen (A).

Wappen:
Hofmann3.

Kommentar

Die Grabplatte nimmt die Gestaltung des Denkmals für ein weiteres Glied der Familie Hofsess auf (vgl. nr. 150). Die Schrift – eine eng gefügte Kapitalis – ist trotz des zeitlichen Abstands vom selben Steinmetzen gehauen.

Die Verstorbene war die erste Frau des ev. Murrhardter Abtes Otto Leonhard Hofsess4. Der hier erwähhnte Sohn Jakob Hofsess schrieb sich am 12. April 1575 in die Matrikel der Universität Freiburg i. Br. ein5.

Textkritischer Apparat

  1. Hier fehlt ein zweisilbiges Wort. Sinngemäß und unter Berücksichtigung des Metrums könnte ANNVS ergänzt werden.
  2. Aus metrischen Gründen hier im Singular gebraucht.
  3. Text durchlaufend ohne Worttrennung geschrieben, aber durch Einrücken der 2. und 4. Zeile als Distichen gekennzeichnet.
  4. Zahlzeichen durch Überstreichen (Strich mit Siculus) hervorgehoben.

Anmerkungen

  1. Die Erstverwendung als Grabplatte eines Abtes auf der Rückseite wurde erst 1982 entdeckt.
  2. Sehr ähnlich das Vortragekreuz auf dem Sarkophag der Judith († 1162), Tochter Hermanns II. von Baden, in der Backnanger Krypta, vgl. nr. 110. Solche Rahmungen durch kräftige Wulste von rundem Querschnitt finden sich auch an Abts-Grabplatten des 12. und 13. Jahrhunderts in Alpirsbach (LKr. Freudenstadt) und an der Grabplatte einer Äbtissin Agnes in Lobenfeld (Gde. Lobbach, Rhein-Neckar-Kr.); vgl. DI 12 (Heidelberg) nr. 24.
  3. 4mal geteilt, im mittleren Platz 3 gestürzte Spitzen.
  4. Vgl. nr. 254.
  5. Matrikel der Universität Freiburg I 548.

Nachweise

  1. Eisenhut/Lutz/Schweizer Nr. 4 (Abb.).
  2. Fritz, Murrhardt im Spätmittelalter 350f.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 173 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0017309.