Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 139† Schorndorf, ev. Stadtkirche 1529

Beschreibung

Gedenktafel. Innen an der Nordseite des Chors in der mitlen Höhe zusammen mit dem Strick des Judas Ischariot aufgehängt1. Die Tafel wurde nach Einführung der Reformation entfernt und der Strick 1575 von Jesuiten nach Innsbruck gebracht2.

Wortlaut nach Wolleber.

  1. Als Römischer Keiserlicher Maiestät, Keiser Carolus deß Fünfften Krüegs Volckh Jn Jtalien zogen, Vnnd die Statt Rom von demselbigen Krüegsvolckh Erobert Jst, hat der Erbar vnd handuest, Bastian Schertlin vonn Schorndorff, Ein Hauptman Vnderm selben Hauffen, Disen Strückh, Daran sich Judas, Der Christum Vnsern Herrn Verrathen, Erhenckht hat, zue seinen Handen bracht Vnd den mit Jm her gehn Schorndorff gefiert. Vnnd ahn diesen Orth Lassen Henckhen, zue Ewiger gedächtnus. Geschehen Vf Sambstag nach Sanct Michels des Heiligen Ertzengels tag. Anno domini Tausent · fünff hundert zweintzig vnd Neun Jahr.

Datum: 2. Oktober 1529.

Kommentar

Sebastian Schertlin aus Schorndorf (1496–1577) nahm als Landsknechtsführer an Kaiser Karls V. Italienzug teil, der im berüchtigten Sacco di Roma gipfelte. Bei der Plünderung Roms erbeutete Schertlin die Judas-„Reliquie“ aus dem Petersdom und stiftete sie nach seiner Rückkehr in die Schorndorfer Pfarrkirche3. Merkwürdigerweise erwähnt Schertlin diese Begebenheit in seiner Autobiographie nicht4.

Die Anbringung des Stricks entspricht der üblichen Zurschaustellung erbeuteter Feldzeichen in Kirchen, beigefügte Inschriften sind allerdings nur selten überliefert5.

Anmerkungen

  1. Wolleber, Chor. Würt. (Mh6) 494 (138v neu).
  2. Vgl. Immanuel Carl Rösler, Der Judasstrick der Schorndorfer Stadtkirche, in: Heimatbuch für Schorndorf und Umgebung 4 (1961) 39–41.
  3. Zur Authenzität des Stricks vgl. Crusius (wie unt.):… laqueum craßißimum, instar ductarij funis, longum 12 pedes: cum tanto nodo, ut collum quod ei insertum fuerit, Polyphemi Homerici fuisse videatur …
  4. Leben und Taten des Weiland wohl edlen Ritters Sebastian Schertlin von Burtenbach, hg. v. Engelbert Hegauer, München 1910. Zur Person vgl. ferner Pfeilsticker §§ 1572, 1620; Franz von Rexroth, Der Landsknechtsführer Sebastian Schertlin, Bonn 1940; Bernd Wunder, Sebastian Schertlin Feldhauptmann und Kriegsunternehmer 1496–1577, in: Lebensbilder aus Schwaben und Franken 13 (1977) 52–72 (mit weiterer Lit.). – Ausführliche Bibliographie bei Fischer, Lebensbilder 123–129.
  5. Vgl. etwa die pfälzische Fahne in der Marbacher Kirche mit Inschrift von 1460 (DI 25 [Ludwigsburg] nr. 89).

Nachweise

  1. Wolleber, Chor. Würt. (Mh6) 494f. (138v–139 neu); (J1 Nr. 24) 582f.
  2. Crusius, Ann. Suev. III 600.
  3. P. [Be]ck, Der Judasstrick in Schorndorf, in: Schwäb. Archiv 27 (1909) 176.
  4. Reichert nr. 48.
  5. Reichert, Inschriften der Stadtkirche nr. 18.
  6. Wandel, Schorndorfer Inschriften nr. 21.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 139† (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0013904.