Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 136† Murrhardt, Kloster St. Januarius, Alte Abtei 1528

Beschreibung

Glasfenster in der oberen Stube der „alten Abtei“. Gemalte Wappendarstellung mit erläuternder Beischrift. Näheres nicht bekannt.

Wortlaut nach dem Roten Buch des Klosters Murrhardt1.

  1. Ferdinando König und Fürstist diß Closter Murrhart zugethana) doch Würzburg ist hie Dioecesanb) d(as) Hertzogthumb Francken gethsc) nit an.

    A(nn)o 1528d)

Versmaß: Deutscher Reimvers.

Kommentar

Erzherzog Ferdinand von Österreich, seit 1526 bzw. 1527 König von Ungarn und Böhmen, war ab 1520 anstelle des von 1519 bis 1534 aus seinem Land vertriebenen Herzogs Ulrich von Württemberg Regent des Herzogtums und somit nominell Vogt über das Kloster Murrhardt. Die zweite Hälfte der Inschrift spielt auf weltliche Herrschaftsansprüche des Fürstbischofs von Würzburg und Herzogs von Franken an, die dieser aus seiner Diözesanhoheit über Murrhardt abzuleiten suchte. Passend zur Inschrift war vermutlich das Wappen des Klosters zusammen mit einem Wappen König Ferdinands oder das Wappen des Königs allein abgebildet.

Das Glasbild entstand vermutlich im Zuge des Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des Klosters im Bauernkrieg, denen auch die Fenster zum Opfer gefallen waren2. Anscheinend war man erst 1528 wieder in der Lage, die schweren Glasschäden zu reparieren.

Als alte Abtei wurde der Gebäudekomplex aus Refektorium und Fürstenbau (beide erhalten) sowie aus dem 1870 abgerissenen Konventsflügel bezeichnet3. Ganz klar ist die Identifizierung allerdings nicht, da gelegentlich innerhalb dieses Komplexes auch von einer alten Abtei im engeren Sinne gesprochen wird4, mit der wohl am ehesten der Fürstenbau gemeint ist5.

Textkritischer Apparat

  1. zugehörig Adami 20v.
  2. Diocoesan Adami 20v.
  3. das Herzogthum Franckhen gehts Adami 20v.
  4. Anno Ch(risti) 1528 Adami 20v; die Datierung hier zwischen den 2. und 3. Vers eingeschoben. Das läßt darauf schließen, daß die Jahreszahl zentral über oder unter dem Wappen angbracht war und die Verse vermutlich links und rechts davon standen.

Anmerkungen

  1. Rotes Buch des Klosters Murrhardt von 1600 (HStA Stuttgart, A 508, Bü. 13) 12v; dieselbe Inschrift mit leicht abweichendem Wortlaut ebd. 20v.
  2. StA Ludwigsburg, B 114, Bü. 1660–32; vgl. Fritz, Murrhardt im Spätmittelalter 82–94.
  3. Kdm Rems-Murr 605–609.
  4. Ebd. 606.
  5. Um 1600 wurde die alte Abtei offenbar vom ev. Abt bewohnt („alte oder jetzige“ Abtei), während die Prälatur oder neue Abtei als Unterkunft für den Landesfürsten reserviert war. Erst nach einem Brand um 1640 wechselte die Verwendung: der Abt bezog die neue Abtei, der Herzog bei seinen Jagdaufenthalten in Murrhardt die alte.

Nachweise

  1. Rotes Buch des Klosters Murrhardt 12v. u. 20v.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 136† (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0013606.