Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)
Nr. 11 Winterbach, ev. Pfarrkirche St. Michael um 1310
Beschreibung
Wandmalereien. Im Chor und am Chorbogen, abgenommene Fragmente in der Sakristei. Reste einer kompletten Ausmalung, schrittweise 1921, 1958 und 1967 freigelegt und restauriert, zum Teil wieder zugeputzt. Nur mehr wenige Inschriften erhalten, alle Buchstaben schwarz auf weißem Grund.
A. In der südlichen Chorbogenlaibung, etwa 3 m über dem Fußboden, ein unter einem Dreipaßbogen stehender Teufel, der eine beschriftete Kuhhaut vor sich ausgespannt hält. Im linken Drittel Schriftverlust.
Maße: H. ca. 125, B. 79, Bu. 7 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
ṆODIER · SRIP · HIE / CLAFENT · WIP ·SRI/[…]P · AN ·ẠṚG̣WEN / [. .]ṾNTE · MANGEFẠ/[TR]Aa) GEFATRA · /SNATRA · SNA/TRA ·
Versmaß: Deutscher Reimvers.
Textkritischer Apparat
- Anstelle des ersten A jetzt ein T.
Anmerkungen
- Zur sprichwörtlichen Geschwätzigkeit der Gevattern vgl. auch die uckermärkische Redensart „Vaddersch, kumm `rümm, help schwätzen“: Deutsches-Sprichwörter-Lexikon 1, Sp. 1642.
- Die Kuhhaut wird dort von vier Teufeln aufgespannt, ein fünfter sitzt schreibend darauf, die Versinschrift ist ebenfalls deutsch. Zusätzlich sind zwei schwatzende Frauen abgebildet.
Nachweise
- Dietrich Pfleiderer, Frühgotische Wandbilder in Aichschieß und Winterbach, in: Heimatbuch für Schorndorf und Umgebung 1 (1950) 21–28, hier: 27 (Abb.).
- Reichert nrr. 5, 6.
- Schahl, Winterbachs ev. Pfarrkirche 74.
- Heimatbuch Winterbach 166.
- Schahl, Kunsttopographischer Teil 171.
- Lässing, Werke der Kunst und Kultur 117 (Abb.).
- Kdm. Rems-Murr 1586–1589 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 11 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0001104.
B. An der Chor-Südwand, östlich des Fensters, St. Michael als Seelenwäger, darüber Schriftstreifen mit fragmentarischer Beischrift. In die rechte Schale steigt ein Teufel, ein weiterer (heute verlorener) zieht die Schale mit einem Haken nach unten, über der Waagschale dreizeilige Inschrift zwischen Linien; bei der Aufdeckung 1967 zerstört und nach Foto von 1958 ergänzt.
Maße: H. 147, B. 146, Bu. 4,5–5,0 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
…] · IS[RA]HEL · // DIV / · SEL IST / VNSER
C. An der Chor-Nordwand Reste eines Kindheit-Jesu-Zyklus, links oben Verkündigung mit Schriftstreifen über dem Bild; Gabriel mit Schriftband (Schrift vergangen).
Maße: H. ca. 190–200, Bu. 6 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
GABRI[EL]
D. An der Chor-Ostwand 1958 aufgedeckte und wieder zugeputzte Bilder des Zyklus mit Schriftstreifen.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
Darbringung Jesu im Tempel:SIMEON
Kindermord zu Bethlehem:
REX [H]ERO[DES]
Der zwölfjährige Jesus im Tempel (?):
[I]ESVS […
E. In der Sakristei zwei 1968 von der Chor-Südwand abgelöste und auf Leinwand aufgezogene Fragmente, eines mit unleserlichen Schriftresten, das andere mit Halbfiguren des sitzenden Johannes Evangelista mit Buch in der Rechten, darüber ein Schriftstreifen mit Titulus.
Maße: H. 74, B. 33,5, Bu. 5,0–5,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
IOHANNE[S]
Die Winterbacher Kirche wurde 1309 umgebaut (vgl. nr. 10). Nicht viel später wird man die Ausmalung des Chores ansetzen dürfen. Bemerkenswert ist vor allem die Darstellung des Teufels mit der sprichwörtlichen Kuhhaut, auf der das Geschwätz der Frauen in der Kirche zur Vorlage vor dem Richter am Jüngsten Tag verzeichnet steht. Leider läßt der heutige Zustand der – offenbar nicht immer sachgemäß ergänzten – Inschrift keine einwandfreie Lesung mehr zu. Es dürfte sich um sechs gereimte Verse handeln, von denen die beiden letzten das Weibergeschwätz lautmalend nachahmen1. Eine verwandte, aber wesentlich ausführlichere Darstellung, die wohl ebenfalls aus dem frühen 14. Jahrhundert stammt, befindet sich in St. Georg in Reichenau-Oberzell2.