Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 657 Domkirche, Nordturm 1696

Beschreibung

Glocke, genannt Große Fürstin (Dreifaltigkeitsglocke), im Nordturm1). Die Inschrift I zwischen zwei Linien umlaufend oben an der Schulter. Darunter ein Kranz von zwanzig ovalen Medaillons in Blumenkränzen, wechselweise mit Bildern und Inschriften, bezogen auf das Leiden Christi: die Todesangst (II), der Judaskuss (III), das Verhör (IV), die Geißelung (V), die Dornenkrönung (VI), die Verspottung (VII), die Kreuztragung (VIII), die Kreuzigungsgruppe (IX), Christi Leichnam im Schoße Mariens (X) und die Grablegung (XI). An der Flanke die Darstellung der Dreifaltigkeit und neben einem Doppelkreuz die Inschrift XII. Die Inschriften können aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur schwer gelesen werden2).

Maße: Du. ca. 203 cm, Bu. ca. 5 cm (Inschrift I), ca. 1,5 cm (Inschriften II-XI).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. I.

    TRINVS ET VNVS IS EST CVI SVM SACRA: CONVOCO CIVES, INSIMVL VT NVMEN DEVOTAMENTEa) PRECENTVR, CONCORDES QVE ANIMIS VNVM SINT SEMPER IN VNO · 1· 6 · 96 ·

  2. II.

    NON SVDAREM / SI NON AMAREM

  3. III.

    ME / PRODVNT / OSCVLA / FALSA:

  4. IV.

    NEC / ALAPA / FRANGIT / AMOREM.

  5. V.

    MEA VVLNERA SANANT.

  6. VI.

    NVLLA / ROSA / SINE / SPINA.

  7. VII.

    PECCATA / DE/FORMANT.

  8. VIII.

    ALIENO / ONERE / PREMOR.

  9. IX.

    DO / MORTVVS / VETAMb).

  10. X.

    VVLNER/ATVS VVLNERO.

  11. XI.

    CHRISTVS / CVM IACET / CAMPANA / TACET.

  12. XII.

    IOHANN GORDIAN SCHELCHSHORN / IN REGENSPVRG GOSS MICH.

Übersetzung:

Dem dreieinigen Gott geheiliget, ruf ich die Bürger, dass sie zusammen an Gott voll Andacht betend sich wenden und in dem Einigen Eins einmütigen Sinnes verharren. (I) Ich würde nicht Blut schwitzen, wenn ich euch nicht liebte. (II) Ein falscher Kuß verrät mich. (III) Selbst ein Backenstreich bricht nicht die Liebe. (IV) Meine Wunden sind heilbringend. (V) Keine Rose ohne Dornen. (VI) Die Sünden entstellen. (VII) Fremde Last drückt mich. (VIII) Im Tode spende ich Leben. (IX) Mit meinen Wunden verwunde ich. (X) Liegt Christus im Grabe, dann schweigt die Glocke. (XI)3)

Kommentar

Diese Glocke ist 1696 in der Regensburger Glockengießerwerkstatt des Johann Gordian Schelchshorn entstanden; sie hat einen Durchmesser von 203 cm und wiegt ca. 5300 kg4). Von den vier Domglocken, die anläßlich der Erneuerung des Domgeläuts zwischen 1694 und 1696 aus dieser Gießerei stammen, ist sie neben der Frauenglocke (s. Kat.-Nr. 658) noch erhalten und in Betrieb. Zur Biographie des Johann Gordian Schelchshorn s. Kat.-Nr. 653.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Sic! Gemeint ist VITAM.

Anmerkungen

  1. Zahn, Dom 100; Kdm Regensburg I, 132, III, 276; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 783 (2630, 2631).
  2. Für die Übermittlung der am schwer zugänglichen Original gelesenen Inschriften bedanken wir uns bei Herrn Claus Peter, Hamm.
  3. Übersetzungen nach Walter, Glockenkunde 381f.
  4. Cranner 18/1; Magerl, Die Glocken des Domes 1; Wanderer, Die Glocken des Regensburger Domes 8; die Gewichtsangaben in den Quellen und der Literatur differieren erheblich, das angegebene Gewicht entspricht den neuesten Forschungen; für diese Mitteilung bedanken wir uns bei Herrn Claus Peter, Hamm.

Nachweise

  1. Sammlung Resch 167 (die Inschriften nur teilweise); Walter, Glockenkunde 381f.; Zahn, Dom 100; Wanderer, Die Glocken des Regensburger Domes (Inschrift XII); Magerl, Die Glocken des Domes 1f.; Peter, Die Glocken des Doms.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 657 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0065709.