Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 603† Domkirche, nördliches Seitenschiff, 3. Joch 1637

Beschreibung

Epitaph der adeligen Familie Labrique, ehemals bei der Florinuskapelle im nördlichen Seitenschiff an der Wand1). Der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch zufolge handelte es sich um ein vierteilig gestaltetes Epitaph2). Im unteren Teil zwischen zwei großen Voluten die querrechteckige Inschriftentafel mit zu beiden Seiten angefügten Halbkreisen. Die Inschrift I ist neunzeilig. In den Zwickeln je ein geflügelter Engelskopf. Darüber vor fünf Arkadenbögen mittig ein Altar mit Kreuz; links knien sieben Männer im Harnisch, rechts sechs weitere Figuren3). Zu beiden Seiten auf breiten Stützen je zwei übereinander angeordnete Wappenschilde mit Wappenbeischriften (II). Außen in kleinen Nischen links die Gestalt eines Bischofs, rechts eine Nonne. Die heute noch vorhandene zentrale Darstellung darüber zeigt zwischen zwei korinthischen Säulen die Himmelfahrt Mariens4). In der Mitte der offene Sarkophag, daneben die Apostel, darüber schwebt Maria im Wolkenkranz. Neben den Säulen links eine weibliche (?) Gestalt mit zum Gebet gefalteten Händen, rechts eine jugendliche männliche Gestalt, einen Reichsapfel (?) in Händen. Im oberen Bereich über dem Architrav mittig eine mit Voluten gezierte Kartusche mit dem Vollwappen. Zwei große weibliche Gestalten lehnen an den beiden Seiten des Sprenggiebels.

Text nach Cranner.

  1. I.

    Simon de Labricque Dominus in Lanoy, Collersried et(c) S(acri) R(omani) I(mperii) eques auratus, Procancellarius neoburgicus, Praefectus in Lengenfeld hoc perpetui sepulchri et anniversarii monumentum sibi, D(ominae) uxori Joannae, filio Maximiliano Canonico et consiliario episcopali ratisbonensi 18 Septembris 1637 pie defuncto, posterisque suis posuit.

  2. II. Wappenbeischriften:
    Labricque5) Staby6) 
    Raymundt7) Bloquerie8) 

Übersetzung:

Simon von Labrique, Herr in Lanoy, Kollersried etc., des Heiligen Römischen Reichs Ritter vom goldenen Sporn, Neuburgischer Prokanzler, Präfekt in Lengenfeld, hat dieses Denkmal als ewiges Begräbnis und Jahresgedächtnis für sich, seine Gattin Frau Johanna, seinen Sohn Maximilian, den am 18. September 1637 fromm verstorbenen Domherrn und bischöflichen Rat in Regensburg, und seine Nachkommen setzen lassen.

Datum: 1637 September 18.

Kommentar

Es handelt sich um Gedenkinschriften für Simon von Labrique und dessen Ehefrau Johanna Stabius und die Grabschrift für Maximilian, deren Sohn.

Simon von Labrique wurde um 1580 in Lüttich/Belgien geboren. Nach seiner Konversion zum Katholizismus studierte er an der Universität Ingolstadt Rechtswissenschaften, erwarb am 2. Mai 1601 den Titel eines Magisters und wurde wohl auch zum Doktor beider Rechte promoviert; von 1605 bis 1622 lehrte er hier zunächst als außerordentlicher, dann als ordentlicher Professor kanonisches und ziviles Recht; in dieser Zeit war er der Wortführer der antijesuitischen Partei. Danach trat er als Vizekanzler und Geheimer Rat in die Dienste des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm von Neuburg, für den er die Gegenreformation in Hilpoltstein (Lkr. Roth/Mfr.), Sulzbach (Lkr. Amberg-Sulzbach/Opf.) und Heideck (Lkr. Roth/Mfr.) durchführte. Im Jahr 1628 erhob ihn der Kaiser in den Reichsritterstand. Er war Herr auf Lannoy, Steenvorde und Lafolie, zudem war er Pfleger in Burgheim (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen), Präfekt in Burglengenfeld (Lkr. Schwandorf/Opf.), Landrichter in Parkstein (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab/Opf.) und Inhaber der Hofmarken Bergstetten (Lkr. Donau-Ries/Schw.), Kollersried und Laufenthal (beide Gde. Hemau, Lkr. Regensburg/Opf.)9). Er starb am 3. Januar 1656 und wurde in Kollersried in der Pfarrkirche St. Jakob, die er 1626 restaurieren ließ, bestattet10).

Simon von Labrique war verheiratet mit Johanna, die ebenfalls aus Lüttich stammte und im Jahr 1592 geboren wurde. Aus dieser Ehe gingen sieben Kinder hervor11).

Das in der Inschrift des Regensburger Epitaphs genannte Sterbedatum ist Maximilian, dem zweiten Sohn des Simon von Labrique zuzuordnen. Er wurde im Jahr 1608 geboren; 1626 erhielt er die Dompräbende und wurde am 16. März 1629 in das Regensburger Domkapitel aufgenommen. Zudem war er Kanonikus bei St. Peter in Lüttich12). Seine Grabplatte befand sich in der Nähe des Epitaphs im nördlichen Seitenschiff im Boden (s. Kat.-Nr. 604 †).

Anmerkungen

  1. Cranner 108; Freytag-Hecht 27.
  2. ABAdW, Grabsteinbuch 77.
  3. Zu erwarten wären an dieser Stelle die weiblichen Mitglieder der Familie, die Darstellung in der Abzeichnung weist hier jedoch einige Probleme auf, so sind die knienden Gestalten mit Mäntel mit seitlichen Ärmelöffnungen gekleidet, wie sie damals für Frauen nicht üblich waren, sie tragen zudem nicht die zu erwartende Haube sondern eine Art Birett. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass an dieser Stelle nicht die Frauen des Hauses Labrique, sondern in Ergänzung zu den geharnischten Rittern auf der einen Seite, auf der anderen Seite Gelehrte dargestellt waren.
  4. Heute im nördlichen Nebenchor im Nordteil des Chorpolygons; für diesen Hinweis bedanken wir uns bei Angelika Wellnhofer M.A.; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 731 (Abb. 2473).
  5. BayA1 18.
  6. Geteilt mit einem Ährenbüschel unten und zehn 5:5 gestellten Blüten oder Bienen.
  7. In drei Plätze geteilt, oben zwei Blumen, mittig ein Eberkopf mit verbundenen Augen nach rechts, unten eine Blüte mit Stängel und Blättern.
  8. Geteilt, oben durch einen Sparren geteilt, in jedem Platz ein Vogel, unten drei Rauten.
  9. Daten und Fakten zusammengefasst nach Biographisches Lexikon 230f.; Wolff, Juristenfakultät 269, 362; HAB Altbayern I, 51 (Parsberg) 429, 433, 435; Kobold, Baierisches Gelehren-Lexikon II, 179; Barth, Adelige Lebenswege im Alten Reich 121; zur Hofmark Bergstetten s. Böhaimb, Die Besitzer von 51 ehemaligen pfalzneuburgischen Hofmarken im königlichen Regierungsbezirke von Oberpfalz und Regensburg 212.
  10. Kdm Bezirksamt Parsberg 147; zur Kirche vgl. Dehio, Regensburg und die Oberpfalz 264; Ostermeier, Chronik der ehemaligen Hofmark Kollersried mit Besitzgeschichte der Anwesen 160, 167; die hochrechteckige Grabplatte trägt eine zehnzeilige zentrierte Inschrift in Kapitalbuchstaben: SEPVLCHRVM / PRAENOBILIS ET GENEROSI DOMINI / SIMONIS DE LABRICQ, D(OMI)NI IN LANOY, / STENVORDE, LAFOLIE, COLLERSRIED / [L]AVFFENTHAL, PEILNSTAIN, BERGSTET/TEN, BURCKHEIMB, ETC(ETERA) S(ACRI) R(OMANI) I(MPERII) EQVITIS AVRATI, / OBIIT TERTIO IAN(VARIS) ANNO D)OMI)NI MDCLVI / REQVIESCAT IN SANCTA / PACE AMEN (Grabmal des edlen und vornehmen Herrn Simon von Labrique, Herr auf Lanoy, Steenvorde, Lafolie, Kollersried, Laufenthal, Peilnstein, Bergstetten, Burgheim und des Heiligen Römischen Reichs Ritter vom Goldenen Sporn, er starb am 3. Januar im Jahre des Herrn 1656, er möge ruhen im heiligen Frieden Amen); über der Inschrift vier beschriftete Wappenschilde: [L]ABRICQ, RAYMVNDT, WAVRE, PICAVET.
  11. Böhaimb, Beiträge zur Genealogie 254.
  12. Paricius, Nachricht 64; Bernclau, Episcopatus 270ff.; Böhaimb, Beiträge zur Genealogie 254; Ries, Generalschematismus 1.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; Bernclau, Episcopatus 270f.; Zirngibl Epitaphia 19; ABAdW, Grabsteinbuch 77; Cranner 108; Ried Collectio 15v.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 603† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0060302.