Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 600 Kapitelhaus, Lapidarium, Nordwand, 2. Joch 1634

Beschreibung

Inschriftentafel vom Epitaph für den Auxiliarbischof Otto Heinrich Pachmayr, ursprünglich nach dem St. Annenaltar an der Mauer1), also im südlichen Seitenschiff im zweiten Joch an der Wand, heute in der Vorhalle zum Kreuzgang2). Die Umrahmung ist verloren, kann aber aufgrund der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch beschrieben werden. Die heute noch vorhandene hochrechteckige Inschriftentafel aus schwarzem Schiefer trägt eine 28-zeilige zentrierte Inschrift, deren Buchstaben mit Gold gefasst waren. Die Inschriftentafel stand auf einem gekehlten Podest, von zwei korinthischen Säulen flankiert, darüber ein Architrav mit einem leeren Rechteckfeld in der Mitte, die Seiten zurückgesetzt. Über einem geflügelten, von Fruchtgirlanden flankierten Engelskopf in einer ornamentierten Kartusche ein großes Rundfeld mit zwei Wappenschilden. Als Bekrönung in der Mitte ein geflügelter Engelskopf, auf den beiden flankierenden Voluten je eine brennende Fackel3). Der Zustand der Inschriftentafel ist relativ gut.

Maße: H. 75 cm, B. 58 cm, Bu. 1,5-2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. SISTEa) GRADVM VIATOR / ET LEGE / OTTOa) HENRICVSa) PACHMAYRa) / PATRIA MONACENSIS BOIVS, PROFESSIONE / THEOLOGVS, DIGNITATE EPISCOPVS ALMIRENSIS, / OFFICIO PROEPISCOPVSb) ET CONSILIARIVS RA=/TISBONENSIS, ARCHIDECANVS IN THVM=/STAVF NECNON MARIANVS AD VE=/TEREM CAPELLAM CANONICVS e(tcetera). / QVIDQVIDa) MORTALITATIS HABVIT, HOC LOCOc) / DEPOSVIT, IMMORTALITATEM VEROd) SVAM / AVTHORI SVO REDDIDIT .V. CALEND(AS) / OCTOB(RIS) ANNO Ae) PARTV VIRGINIS, / M.DC.XXXIV. / POSTQVAMa) VITAe) IN MVLTOS ANNOS LAVDABI=/LITER TRANSACTA, PAVLO ANTE E SVECI=/COd) EXILIO RATISBONAM REDYSSET SALVVS / ATQVEf) OMNIVM OPINIONE ET VOTOg), / LONGIORI AEVOd) TRANQVILLE FRVITVR / SED VTh) CERTVS STAT VITAE HVMANAE TERMI=/NVS, ET OMNES VNA MANET SORS IRREPARA=/BILIS HORAE, ITA INCERTVS EST MORTIS / ET LOCVS, ET DIES ET HORA: MOMEN=/TIS VIGILANDVM SINGVLIS. / TVa), PRO CHRISTIANAE CHARITATIS OFFICIOd), / PYS EIVS MANIBVS BENEi) PRECARE, / IDEM AB ALYS HODIE VEL CRAS / ROGATVREj).

Übersetzung:

Halte den Schritt ein, Wanderer, und lies: Otto Heinrich Pachmayr, der Herkunft nach Bayer aus München, von Beruf Theologe, vom Rang Bischof von Almira, vom Amt Auxiliarbischof und Rat in Regensburg, Erzdekan in Donaustauf4) und nicht zuletzt marianischer Kanoniker der Alten Kapelle. Alles, was er an Sterblichkeit an sich hatte, hat er an diesem Ort niedergelegt; seine Unsterblichkeit aber hat er am fünften (Tag) vor den Kalenden des Oktober des Jahres 1634 nach der Jungfrauengeburt seinem Schöpfer zurückgegeben, nachdem er, als er sein Leben (schon) viele Jahre lang löblich geführt hatte, eben erst aus der schwedischen Verbannung wohlbehalten zurückgekehrt war; und nach Meinung und Wunsch aller (Leute) genießt er nun in Ruhe ein längeres (Leben: das) Ewige. Aber, wie sicher das Ende des menschlichen Lebens feststeht und ein und dasselbe Los der Stunde, in der es keine Heilung (mehr) gibt, auf alle Menschen wartet, so unsicher sind der Ort sowie der Tag und die Stunde des Todes: Jeden Augenblick gilt es auf der Hut zu sein. (So) bete denn da, nach Maßgabe der Verpflichtung zu himmlischer Nächstenliebe, in guter Gesinnung für seine fromme Seele: (Schon) heute oder morgen wirst du von anderen (Menschen) ein gleiches erbitten.

Datum: 1634 September 27.

Wappen:
Almira5), Pachmayr6).

Kommentar

Otto Heinrich Pachmayr, geboren in München, war der Sohn des Kornkäufers Hans; er immatrikulierte sich nach einer Ausbildung am Münchner Jesuitengymnasium im Wintersemester 1600 an der Universität Ingolstadt und wurde dort 1612 zum Doktor der Theologie promoviert7). Er war zunächst Priester in Breitenbrunn (Lkr. Neumarkt/Opf.) und Freising, in seiner Regensburger Zeit Pfarrer in Pfreimd (Lkr. Schwandorf/Opf.) und Erzdekan in Donaustauf8). Am 28. Juli 1622 wurde er zum Auxiliarbischof mit dem Titularbistum Almira in Thessalien/Griechenland ernannt, ebenso wie sein Vorgänger im Amt, Stephan Nebelmair (s. Kat.-Nr. 580)9). Im Jahr 1627 wurde er Kanoniker der Alten Kapelle10). Diese Präbende schaffte ihm den Ausgleich für die, verglichen mit seinem Vorgänger, wesentlich niedrigeren Zahlungen von der Mensa episcopalis. Während des 30jährigen Krieges befand er sich in den Jahren 1633 bis 1634 in schwedischer Gefangenschaft11). Nach dem Tod Pachmayrs blieb das Amt des Auxiliarbischofs wegen der maroden finanziellen Verhältnisse 16 Jahre unbesetzt12). Vermutlich in der Nähe des Epitaphs befand sich die durch eine heute verlorene Inschrift gekennzeichnete Grabstätte im Boden des südlichen Seitenschiffs (s. Kat.-Nr. 601 †).

Textkritischer Apparat

  1. Vergrößerter Anfangsbuchstabe.
  2. Trema über dem O, vermutlich zur Kennzeichnung eines Hiatus oder einer Diärese.
  3. Zweites O mit accentus gravis.
  4. O mit accentus circumflexus.
  5. A mit accentus circumflexus.
  6. E mit accentus circumflexus.
  7. Zweites O mit accentus circumflexus.
  8. SEDVT ohne Wortabstand. Vergrößerter Anfangsbuchstabe.
  9. Zweites E mit accentus gravis.
  10. Die Doppelpunkte sind kleine Quadrangeln, am Ende der neunten Zeile und am Schluss je ein Zierzeichen.

Anmerkungen

  1. Cranner 90.
  2. Freytag/Hecht 33f., Kdm Regensburg I, 198.
  3. ABAdW, Grabsteinbuch 83.
  4. Donaustauf, Lkr. Regensburg/Opf.
  5. Zwei gekreuzte Bischofsstäbe. Phantasiewappen für das Titularbistum Almira in partibus infidelium; vgl. auch Kat.-Nr. 580.
  6. Vogel auf Wasser; BayA1 128 weist auf die Augsburger Familie Pachmayr hin, deren Wappen aber einen Vogel auf Wasser mit je einem Fisch in Schnabel und Klaue zeigt.
  7. Leitschuh, Matrikel Wilhelmsgymnasium 9; Pölnitz, Matrikel Ingolstadt I, 1599, 1401,13; Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 19; Becker, Wege auf den Bischofsthron 417f.
  8. Ries, Generalschematismus 10; Matrikel des Bistums Regensburg 514f., 124f.; Schmid, Alte Kapelle 147.
  9. Almira, (Halmira, Thebai Phithiotides, antike Stadt in Thessalien), Titularbistum in partibus infidelium; Eubel, Hierarchia Catholica IV, 79.
  10. Schmid, Alte Kapelle 41, 147.
  11. Cranner 90; die Daten und Fakten sind zusammengefasst nach Hausberger, Weihbischöfe 57; Gatz, Bischöfe 2, 514; Becker, Wege auf den Bischofsthron 417f.
  12. Vgl. hierzu Hausberger, Geschichte I, 332-336.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; Zirngibl, Epitaphia 19; ABAdW, Grabsteinbuch 83; Paricius, Nachricht 99f.; Mayer, Thesaurus III, 67f.; Cranner 90.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 600 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0060008.