Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 531 Domkirche, nördliches Seitenschiff, Turmjoch 1570

Beschreibung

Grabplatte für Laurentius Hochwart aus rotem Marmor, ehemals unter der Kanzel im Mittelschiff1), heute im nördlichen Seitenschiff im Boden eingelassen2). Den oberen Teil füllt die Halbfigur des Domherrn in gekehltem Rahmen. Er ist bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett, den Kopf auf einem Kissen ruhend, die Hände zum Gebet gefaltet. Oben links der Wappenschild, rechts das Oberwappen. Im unteren Teil in ornamentiertem Rahmen die Inschriften (I, II), deren Zeilenzahl nicht mehr genau bestimmbar ist. Die Grabplatte ist in so schlechtem Zustand, dass sie nur auf Grund der eindeutigen Entzifferung des Namens definitiv zugeordnet werden kann.

Ergänzt nach Text Cranner.

Maße: H. 226 cm, B. 111 cm, Bu. 4-5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    L[AVRENTIVS] HOCHWART S(ACRO)S(ANCTAE) THEOL(OGIAE) / ET [IVRIS VTRIVSQVE] D[OCTOR CATHEDRALIS ECCLESIAE RATISBONENSIS] SENIORa) / ET P[ASSAVIENSIS CANONICVS, QVI CVM] IN VINEA / [DOMINI CONCIONANDO EX SV]GGESTV / [HOC TALENTVM SVVM PROBE EXORNAS/SET; TANDEM EXHAVSTVS VIRIBVS ANI]MAM / [DEO; CORPVS TERRAE REDDI]DIT, BO(N)A / [VERO OMNIA SVA PAVPERIBVS CHRISTI TESTAN/[DO LEGAVIT. OBIIT XX FEBRVARII ANNO 157]0.

  2. II.

    Q[VI FVERAM SPARSOR DIVINI SEMINIS OLIM,HOC TVMVLO MEA NVNC OSSA SEPVLTA IACENT,]Q[VAE BONA SORS DEDERAT, CHRISTI MISERIS EA LIQVI]M[ERCEDEM REDDES TV MIHI CHRISTE BONAM!]b)

Übersetzung:

Lorenz Hochwart, Doktor der hochheiligen Theologie und beider Rechte, Senior der Regensburger und Domherr der Passauer Bischofskirche, der, als er im Weinberg des Herrn mit diesem seinem Pfunde durch Predigen von der Kanzel tüchtig gewuchert hatte, schließlich, an Kräften erschöpft, die Seele Gott, den Leib der Erde zurückgegeben, alle seine Güter aber den Armen Christi letztwillig vermacht hat, ist am 20. Februar des Jahres 1570 gestorben. (I)

Einst bin ich ein Sämann des göttlichen Samens gewesen, jetzt liegen meine Gebeine in diesem Grabe bestattet.

Die Güter, die mir das Geschick gegeben hatte, habe ich den Armen Christi hinterlassen: Du, Christus, wirst mir dafür guten Lohn gewähren. (II)

Versmaß: Epigramm aus zwei Distichen. (II)

Datum: 1570 Februar 20.

Wappen:
Hochwart3).

Kommentar

Laurentius Hochwart wurde „frühestens 1493“4) als Sohn des Nikolaus und der Walburga Hochwart in Tirschenreuth/Opf. geboren. Der Vater war Rat der Stadt Tirschenreuth. Laurentius studierte in Leipzig, wo er 1517 den Titel eines Baccalaureus artium und im Wintersemester 1522/23 den Titel eines Magister artium erwarb. Er lehrte an der Domschule in Freising, schrieb sich aber dann im Jahr 1526 an der Universität Ingolstadt für das Studium der Theologie und Jurisprudenz ein; dort wirkte er ab dem Jahr 1527 als Lehrer an der Artistenfakultät. Im Dezember desselben Jahres verließ er die Universität und übernahm das Pfarramt in Tirschenreuth. Nach Konflikten mit Abt Georg II. von Waldsassen nahm Hochwart 1530 den Ruf des Bistumsadministrators Pfalzgraf Johann III. auf die Predigerstelle an der Dompfarrkirche von St. Ulrich an.

1531 wurde er als Kanoniker und Prediger nach Eichstätt berufen; dort predigte er von 1532 bis 1534. In der Zwischenzeit hat ein Dominikaner die Regensburger Domkanzel versehen. Von 1534 bis 1542 hatte dann Laurentius die Stelle des Dompredigers inne. Inzwischen hatte er 1533 an der Universität Ingolstadt zum Doktor beider Rechte promoviert und wurde am 7. Dezember 1536 in das Regensburger Domkapitel berufen. 1549 erhielt er in Passau ein weiteres Kanonikat an der Domkirche und die Stelle des Dompredigers, die er aber nur ein knappes Jahr versah, und kehrte 1550 nach Regensburg zurück. Er war Gesandter in Schmalkalden und vertrat als Prokurator Bischof Georg von Pappenheim in den Jahren 1551/52 beim Konzil von Trient5). Nach dem Scheitern auch des zweiten Abschnitts des Tridentinums kehrte Laurentius Hochwart nach Regensburg zurück und widmete sich fortan seiner Aufgaben im hiesigen Domkapitel als Scholasticus (1561), als Senior des Kapitels (ab 1564) und 1568 als Oeconomus und Statthalter. Als kritischer Geschichtsschreiber verfasste er seine bekanntesten Werke, den Catalogus Episcoporum Ratisponensium, den Catalogus episcoporum Pataviensis und die Chronographia. Vor allem die Geschichte der Regensburger Bischöfe findet auch in der neueren Geschichtsschreibung, wie bei Ferdinand Janner und Karl Hausberger, Beachtung. Er wirkte in fünf Bischofsstädten, Regensburg, Eichstätt, Freising, Passau und Salzburg. Als gelehrter Humanist beherrschte er die Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch, die ihn befähigten, sich mit den Quellentexten sowohl der Antike als auch der frühen Neuzeit auseinanderzusetzen. Mit seinen nur als Handschriften vorliegenden Werken zählt Hochwart zu den bedeutendsten Humanisten und Historikern des 16. Jahrhunderts6).

Im Jahr 1552, also bereits 18 Jahre vor seinem Tod, schrieb Hochwart einen Entwurf für den Text seines Epitaphs in elegischen Distichen, den er handschriftlich am Schluss eines Katalogs berühmter Kirchenschriftsteller eintrug, der aber wesentlich abweicht von der tatsächlichen Inschrift seines Epitaphs7).

In seinem heute noch vorhandenen Testament legte er fest, dass ein weißer Grabstein gekauft und mit seinem Wappen und einer Inschrift versehen werden sollte; zudem sollte eine Messingtafel zum weiteren Gedächtnis am Pfeiler der Kanzel angebracht werden8). Bei der Domrestaurierung von 1985 bis 1989 wurden die Gebeine Lorenz Hochwarts gehoben und anthropologisch untersucht. Dabei ergab sich, dass er wohl an den Folgen eines Sturzes zu Tode kam9).

Textkritischer Apparat

  1. Das R ist dem O eingeschrieben.
  2. Cranner transkribiert beide Inschriften in Minuskeln.

Anmerkungen

  1. Cranner 101; Zirngibl Epitaphia 13f.: sub ambone; Schuegraf Dom II, 100; Walderdorff, Regensburg 159; Sammlung Resch 275 (mit Abzeichnung); Zahn, Dom 64 bezeichnet das Denkmal als ziemlich unkenntlich; Freytag/Hecht 23; Kdm Regensburg I, 126.
  2. Die Grabplatte wurde im Zuge der Domrestaurierung 1985-1988 in das nördliche Seitenschiff transferiert; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 750 (Abb. 2516).
  3. Bg4 15.
  4. Freytag/Hecht 23.
  5. Widmann, Chronik 220; Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 79; Biographische Daten zusammengefasst nach Biographisches Lexikon 185f.; vgl. auch Wurster, Lorenz Hochwart (1500-1570), Geschichtsschreiber der Regensburger Bischöfe im Zeitalter der Reformation 245-256; Krick, Domstift Passau 62; Röhrer-Ertl, Zur Identifikation von sieben Skelet-Individuen 145f.; Knedlik, Poetisches Totengedächtnis. Zwei Grabschriften für Lorenz Hochwart und Philipp Dobereiner 63ff.; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 403f.: Hochwart war auch im Jahr 1536 kurzfristig kommissarischer Richter des Generalvikariats; zu seiner Predigertätigkeit vgl. Schuegraf, Dom II, 235f.; Grötschel, „Die Grewel“ 151; Schrüfer, Eine Kanzel ersten Ranges 6.
  6. Mayer, Thesaurus III, 124-130; Bernclau, Episcopatus 248f.; Paricius, Nachricht 52; Cranner101f.; Beschreibung und Aufstellung seiner Werke bei Wurster, Geschichtsschreibung 85ff. mit älterer Literatur; ders., Lorenz Hochwart (1500-1570), Geschichtsschreiber der Regensburger Bischöfe im Zeitalter der Reformation, in: BGBR 23/24, 252ff. mit ausführlicher Beschreibung und Würdigung der Werke; Knedlik, Hochwart, Lorenz, katholischer Theologe und Historiograph, Sp. 707-710, Biographie mit umfassendem Werkverzeichnis und Literatur.
  7. Henkel, Ein Gelehrter bei der Abfassung seiner eigenen Grabschrift 39; hier Text und Übersetzung des Entwurfs:
    Laurencij hochwarti Ratisponensis Canonici & Bathaviensis Epitaphion /Hic cubat Egregius Doctor Laurentius Hochwart /Cui Thyrsonrutum patria terra fuit. /Qui linguis studiisque bonis pia dogmata iunxit, /Omnia quo nosset sacra prophana simul. /Hic tribus in templis cathedralibus impiger olim /Preco Dei verbi per tria lustra fuit. /Nimirum Aichstadij, Rengspurgi, Batthauieque /Eloquio tersus, vere disertus erat. /Quod sibi erat reliquum, vita frugaliter acta /Pauperibus viuens omnia distribuit /Vnde nutricia habent pueri, stipendia adulti /Et dotem iuuenes, atque alimenta senes /Mnemosinanque sui fieri iure sanxit ad aras /Quottidie offerri liba merumque iubens. /Hunc miserere Deus, mens tecum, hic ossa quiescant, /Donec ad Aethereas ipse resurgat opes. /AMEN 1552
    (Hier ruht der berühmte Doktor Laurentius Hochwart, dem Tirschenreuth seine Heimat war. Mit seinen Studien der schönen Wissenschaften verband er die Theologie, um in gleicher Weise Weltliches wie Geistliches zu beherrschen. In drei Kathedralen wirkte er als Verkündiger des Gotteswortes in geschliffener Rede: in Eichstätt, Regensburg und Passau. – Was er bei sparsamer Lebensweise übrig hatte, verteilte er zu Lebzeiten an die Armen, damit die Kinder Nahrung, die Erwachsenen Lohn, die Jungen eine Mitgift und die Alten ihre Nahrung hätten. Für sich selbst stiftete er ein Messgedächtnis bei den Altären. - Herr, erbarme dich seiner, bei dir ruhe sein Geist, hier aber seine Gebeine, bis er aufersteht. Amen)
  8. HstA München, Kurbaiern, Äußeres Archiv 1512, fol. 188r-193r; für diesen Hinweis und die Abschrift danken wir Prof. Dr. Franz Fuchs, Würzburg.
  9. Röhrer-Ertl, Zur Identifikation von sieben Skelet-Individuen 155.

Nachweise

  1. Zirngibl, Epitaphia 13f.; Ried, Collectio 13r, v; Cranner 101; Schuegraf, Dom II, 100; ders., Chronik von Türschenreut 51 (Inschr. II); Sammlung Resch 275.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 531 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0053101.