Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 525 Domkirche, südliches Seitenschiff, 4. Joch 1563

Beschreibung

Epitaph für Johannes Delicasius (Theilenkäs) aus rotem Marmor, ehemals im Nordchor beim St. Stephansaltar außerhalb des Gitters, am Ende des 19. Jahrhunderts in der Mittelhalle des Domkreuzgangs1), heute im südlichen Seitenschiff im Boden eingelassen. Unter einem Segmentbogen befindet sich das Halbporträt des Kanonikers, bekleidet mit Almucia und Birett, in seinen Händen ein Buch haltend. Neben seiner linken Schulter ein Wappenschild, an seiner rechten Seite das dazugehörige Oberwappen. Darunter die 18-zeilige Inschrift. Die Inschrift ist noch lesbar, der Gesamtzustand der Grabplatte ist nicht besonders gut.

Ergänzt nach Text Cranner.

Maße: H. 239 cm, B. 122 cm, Bu. 3-5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. EPITAPHIVM EXIMY VIRI DO(MINI) IOANNIS DELI=/CASYDOCTORIS ET CANONICI ECCLESIE / RATISPONENSISa) /CLAVSVS IOANNE[S] IACEO DELICASIVS VRNAPARS HVIVS TEMPLI SVM QVOTA FACT(VS) EGOVRBS IACET VNGARICIS CONTERMINA FINIB(VS) IS[TR]OINCLYTA POSONIVM PANNONIS ORA VOCATHAEC NATALE SOLV(M) MIHI FOVIT VTRVMQ(VE) PARE(N)TE(M)SORTE HVMILES VERA SED PIETATE GR[A]V[E]SSTRVBINGENSIS ERA(M) SCRIBA ET PRIMARIVS VRBISINDE RATISPONAM PRAESVLIS AVLA VOCATSACRARVM DIDICI SPACIOSA VOLV[M]IN[A] LEGVMQVICQ(VI)D ET HISTORIAE CARMINA [QVIC]Q(VI)D HABEN[T]SED DECVS HOC VIFITb) TRES I[NV]IDERE SORO[RE]SFILIAQ(VE) SEMOTA DIS(S)ECVEṚE MOR[A]AST FAMA IN BIFIDO CELEBERRIMA [PE]RV[O]LA[T] OR[BE]SPIRITVS ANGELICE GAVDIA SEDIS AMATO[B]YT IN DIE PVRIFICATIONIS MARIE AN(N)O LXIII

Übersetzung:

Epitaph des berühmten Mannes Herrn Johann Theilenkäs, Doktors und Domherrn der Regensburger Kirche. Ich, Johann Theilenkäs, liege in einem kleinen Grabe beschlossen: Ein wie kleiner Teil dieser Kirche bin ich doch geworden! – Im Ungarlande, nahe der Grenze, liegt eine berühmte Stadt an der Donau; Poszony nennt sie das pannonische Gefilde. Diese (Stadt) ist der heimatliche Boden, der mir beide Eltern ernährt hat, dem Stande nach niedrige, aber in echter Frömmigkeit bedeutsame Leute. (Dann) war ich in Straubing (Stadt-)Schreiber und Bürgermeister. Von dort berief mich der Hof des Bischofs nach Regensburg. – Gelernt habe ich alles, was die dicken kirchlichen Gesetzbücher, und alles, was die geschichtlichen Dichtungen enthalten. – Aber die drei Schicksalsgöttinnen (=Parzen) haben mir, wie es (eben) so kommt, diese Erfolge geneidet und den Lebensfaden unverzüglich abgeschnitten. Doch (mein) Ruhm verbreitet sich unaufhaltsam auf dem zweigeteilten Erdkreis, und (mein) Geist genießt die Freuden des Reiches der Engel. – Er starb am Tage der Reinigung Mariens im Jahre (15)63.

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Ovid, Metamorphosen VII, 52 und Epistulae ex Ponto 1,3. (Zeile 5)

Versmaß: Distichen.

Datum: 1563 Februar 2.

Wappen:
Teilenkäs2).

Kommentar

Johannes Delicasius stammte aus Poszony bei Pressburg (Pezinok bei Bratislava/Slowakische Republik). Er immatrikulierte sich im Sommersemester 1513 an der Universität Wien, erlangte am 13. Oktober 1515 den Titel eines Baccalaureus artium und vier Jahre später, am 22. Februar 1519, den eines Licentiatus Artium3); im Wintersemester 1529 immatrikulierte er sich an der Universität Ingolstadt, wo er 1549 den Titel eines Doktors des Zivilrechts erwarb; von 1528 bis 1537 war er Generalprokurator und von 1549 bis 1562 Generalvikar4). Bevor er nach Regensburg kam, war er erster Stadtschreiber und Bürgermeister in Straubing, wurde zum Priester geweiht und in die Straubinger Priesterbruderschaft aufgenommen. An den Regensburger bischöflichen Hof berufen, arbeitete er sich in die kirchlichen Rechte ein und bekämpfte mit allen Mitteln die Einführung der neuen Lehre in der Stadt5). Er eröffnete die Regensburger Synode von 1548 als Kommissar des Vikariats6). Am 18. März 1549 wurde er ins Regensburger Domkapitel aufgenommen7). Auf dem Reichstag in Augsburg 1547/48 vertrat er die beiden Damenstifte Ober- und Niedermünster8). Im Jahr 1557 entsandte ihn die Äbtissin von Obermünster, Barbara von Sandizell, als Bevollmächtigten zum Reichstag nach Augsburg9). Johann Delicasius war ein enger Freund des berühmten Geschichtsschreibers Aventinus und stiftete 1534 dessen Grabstein an der Westwand der Vorhalle von St. Emmeram10).

Textkritischer Apparat

  1. Zentriert.
  2. Sic!

Anmerkungen

  1. Cranner 100; ABAdW, Grabsteinbuch 117 (genaue Abzeichnung der figürlichen Darstellung ohne Inschrift); Niedermayer 110; Freytag/Hecht 49; Kdm Regensburg I, 129f.; Walderdorff, Regensburg 168.
  2. Bg8 86.
  3. Matrikel der Universität Wien II, 400; Acta Facultatis Artium Wien, Bd. 4 fol. 106v, fol. 96r.
  4. Pölnitz, Matrikel Ingolstadt I, 1529, 497,1: Ioannes Taylnkäß ex Passaw artium Magister; Wolff, Juristenfakultät 311; Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 81; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 410; Schmid, Alte Kapelle 341 nennt ihn bereits 1545 als Generalvikar.
  5. Theobald, Reformationsgeschichte II, 47f.
  6. Hopfner, Synodale Vorgänge 337f..
  7. Leoprechting 119; Paricius, Nachricht 54; Bernclau, Episcopatus 192 nennt nur das Todesjahr.
  8. Theobald, Reformationsgeschichte II, 124f.; biographische Daten und Fakten vgl. Wolff, Juristenfakultät 311.
  9. Cranner 100.
  10. Walderdorff 168; Kdm Regensburg I, 302; Theobald, Reformationsgeschichte II, 47; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 410.

Nachweise

  1. Cranner 100f.; Schuegraf, Dom II, 98.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 525 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0052506.