Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 520 Kreuzgang, Nordflügel, Westseite, Nordwand, 4. Joch 1558

Beschreibung

Monumentales Epitaph für Anton Welser aus Kalkstein und rotem Marmor, auf einem querrechteckigen Sockel an der Wand aufgerichtet1). Im Feld eine hochrechteckige Kalksteintafel mit 33-zeiliger Inschrift, die umgeben wird von einem schmalen ornamentierten Rahmen. Sie wird von zwei gefelderten Pilastern mit korinthischen Kapitellen flankiert. In diese Pilaster ist mittig je ein bebildertes Medaillon eingelassen, links im Profil der Kopf eines Mannes mit Helm, rechts der einer Frau. Über dem mehrfach gekehlten Architrav ein Dreiecksgiebel mit Muschelnische, zu dessen Seiten jeweils eine Kugel liegt. Im unteren Viertel der Inschriftentafel ein Rundfeld mit ornamentiertem Rand, darin das Wappen. Der Zustand ist schlecht, etwa in der Mitte ein Querbruch, mehrere Risse in der oberen Hälfte.

Maße: H. 342 cm, B. 154 cm, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. VIATOR QVI SECVRA PROCEDIS / MENTE SISTE QVAESO PARVMPER / GRADVM . ET DVRI FATI INCLAEMENTI=/AM. AC IMMATVRVM FVNVS PERPENDE / SI QVIDEM R(EVEREN)DVSa) D(OMI)N(V)S ANTONIVS WEL=/SER. CATHEDRALIS HVIVS ECCL(ES)IAE / RATISPONEN(SIS) PRAEPOSITVS. ET CA=/NONICVS AC. V(TRIVSQVE). I(VRIS). DOCTOR AVGVSTEN(SIS) / PATRITIVS AD ECCL(ES)IAE. ET PATRIAE. AC / INSIGNIS FAMILIAEb) SVAE SPLENDOREM / ET VTILITATEMc) NATVS. ET AB INCVNABVLISb) / SVMMA ET ASSIDVA CVRAd) EDVCATVS AC / A NATVRA. ET FORTVNA CERTATIM / MVLTIS DOTIBVS ORNATVS DEMVMQ(VE) / DIVERSIS PEREGRINIS ACADEMIIS / LVSTRATISe). IVRISPRVDENTIAMf). ET MVLTI=/FARIAS DISCIPLINASg). ET VIRTVTES SVMMO / STVDIOh) ET FOELICITERi) ASSEQVVTVS (HEV / FRAGILEM MVNDI GLORIAM ET FALLACIAj) / VOTA)k) IN IPSA SVA FLORIDAl) ET MAGNAE EX=/PECTATIONISm) AETATE. DIVTVRNOn) ET DESPE=/RATOo) AFFLICTVSp) MORBO AB INVIDA MORTE / ANTE IVSTI FVNERIS DIEMh) RAPTVS HIC MOESTIS=/SIMORVMq) FR(ATR)VM PIA OPERA CONDITVSr) IACETs) CVI / BENE PRECERISt). TANTO ITAQ(VE) EXEMPLO. / DISCITEu) MORTALES MISERVM CONTEMNEREv) / MVNDVM . VESTRAQ(VE) SYDEREOw) CORDA / LEVARE POLO HOC TE SCIREx) ET MONE/RE VOLVI VALE MEMORQ(VE) PVLVIS / VENTVS SOMNVS. ET VMBRA SVMVS / VIXIT ANNOS. XXXV. MENSES XI. DIES / XVII OBIIT // ANNO A NA=/TIVITATE D(OMI)NI // MDLVIIIy)

Übersetzung:

Wanderer, der du dich in Sicherheit wähnend deines Weges gehst, halte bitte den Schritt ein Weilchen inne und erwäge die Grausamkeit eines harten Schicksals und einen unzeitigen Tod! Denn der hochwürdige Herr Anton Welser, Propst und Domherr der hiesigen Regensburger Bischofskirche und Doktor beider Rechte, Augsburger Patrizier, der zu Ruhm und Nutzen der Kirche seiner Heimatstadt und seines edlen Geschlechtes geboren und von frühester Kindheit an mit beständiger großer Sorgfalt erzogen worden ist, der von der Natur und vom Glück um die Wette mit vielen Gaben ausgezeichnet worden ist und sich schließlich durch den Besuch verschiedener auswärtiger Hochschulen mit großem Eifer und Erfolg die Rechtsgelehrsamkeit und mannigfache (weitere) Kenntnisse und Vorzüge angeeignet hat – ach, gar vergänglich ist der Ruhm der Welt, und trügerisch sind ihre Wünsche! – , wurde mitten im blühenden, zu großen Erwartungen berechtigten Alter von einer langwierigen, unheilbaren Krankheit befallen und vor der Zeit eines üblichen Lebensendes vom mißgünstigen Tode (der Welt) entrissen. Hier liegt er (nun), von seiner zutiefst traurigen Brüder frommer Hand bestattet. Bete in guter Gesinnung für ihn! Und lernet denn an einem so gewichtigen Beispiel, ihr Sterblichen, die elende Welt zu verachten und eure Herzen zum Sternenhimmel zu erheben! Das habe ich dir zu wissen geben, daran habe ich dich erinnern wollen. (Nun) lebe wohl und denke daran: Staub, Wind, Traum und Schatten – das sind wir. – Er hat 35 Jahre, 11 Monate und 17 Tage gelebt; gestorben ist er im Jahre 1558 nach der Geburt des Herrn.

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Prosopographia Herorum et Illustrorum Virorum ab Henrico Pantaleone Part. III, fol 52.

Datum: 1558 Dezember 252).

Wappen:
Welser3).

Kommentar

Anton stammte aus der bedeutenden Augsburger Patrizierfamilie Welser und wurde am 8. Januar 1522 als Sohn des Anton (II.) Welser und der Felizitas Baumgartner geboren4).

Im Sommersemester 1535 immatrikulierte er sich zusammen mit seinen Brüdern Matthäus und Markus an der Universität Ingolstadt; später studierte er auch an der Universität in Bologna und erwarb schließlich am 15. Mai 1548 an der Universität in Siena den Titel des Doktors utriusque iuris5). Nach dem Tod seines Onkels Christoph Welser (s. Kat.-Nr. 473) im Jahr 1536 wurde er dessen Nachfolger im Amt des Regensburger Dompropstes, 1548 erhielt er die Propstwürde bei St. Stephan in Bamberg und hatte auch den Titel eines Capellanus imperialis inne6).

Textkritischer Apparat

  1. Die Buchstaben DVS sind hochgestellt.
  2. Verschreibung E statt F.
  3. Das I ist über den Balken des L gestellt.
  4. Das V ist dem C eingeschrieben.
  5. Das V ist über den Balken des L, das I unter den Balken des T gestellt.
  6. Das E ist dem D eingeschrieben, das I unter den Balken des T gestellt.
  7. Das zweite I ist dem C eingeschrieben, das dritte I über den Balken des L gestellt.
  8. Das I ist dem D eingeschrieben.
  9. Das erste I ist über den Balken des L gestellt, das zweite I dem C eingeschrieben, das zweite E unter den Balken des T gestellt.
  10. Das A ist über den Balken des L gestellt, das I dem C eingeschrieben.
  11. Die beiden Klammern sind so im Text vorhanden. Sie sind als Halbkreise mit Punkt im Kreisbogen auf der Zeilenmitte gestaltet.
  12. Das O ist über den Balken des L gestellt.
  13. Das I ist unter den Balken des T gestellt.
  14. Das I ist dem D eingeschrieben.
  15. Das erste E ist dem D eingeschrieben.
  16. Das V ist unter den Balken des T gestellt.
  17. Das E ist dem O eingeschrieben, das I unter den Balken des T gestellt, das V ist kleiner und leicht hochgestellt.
  18. Das O ist dem C eingeschrieben.
  19. Das E ist dem C eingeschrieben.
  20. Das zweite E ist dem C eingeschrieben.
  21. Das erste I ist dem D, das zweite I dem C eingeschrieben.
  22. Das O ist dem C eingeschrieben.
  23. Das E ist dem D eingeschrieben.
  24. Das I ist dem C eingeschrieben.
  25. Die Worttrenner sind Punkte oder kleine Dreiecke auf der Zeile.

Anmerkungen

  1. Eppinger 15; Schuegraf, Dom II, 120; Freytag/Hecht 54; Kdm Regensburg I, 194; Reidl, Das Grabmal einer Herzogin 55.
  2. Das Tagesdatum errechnet sich aus den Angaben der Inschrift; Eppinger 15, Zirngibl, Epitaphia 53 und Ried, Collectio 28r: 1553; Leoprechting 50, 119: 1557.
  3. Bay 63.
  4. Schwennicke, Europäische Stammtafeln NF IX, Tafel 176; Welser, Die Welser I, 201; Reinhard, Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts 919, Nr. 1421, K3
  5. Pölnitz, Matrikel Ingolstadt I, 1535, 528,1 (mit den Brüdern Mattheus und Markus); Wolff, Juristenfakultät 373.
  6. Paricius, Nachricht 26, 54: Propst 1548; Bernclau, Episcopatus 444f.: Praepositura 2. Aug. 1535; Ries, Generalschematismus 61; Welser, Die Welser I, 202.

Nachweise

  1. Eppinger 15, 29 (verkürzt); ABAdW, Grabsteinbuch 31; Bernclau, Episcopatus 444f.; Zirngibl, Epitaphia 53; Ried, Collectio 28r; Schuegraf, Dom II, 120 (verkürzt).

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 520 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0052006.