Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 500 Kreuzgang, Westflügel, Westwand, 4. Joch 1548

Beschreibung

Grabplatte für Johannes Dietenheimer, ehemals im Nordflügel des Kreuzgangs im Boden eingelassen, heute im Westflügel an der Wand aufgerichtet1). Im oberen Teil eine zehnzeilige Inschrift, die durch zum Teil noch erkennbare scharfen Linien getrennt ist. Darunter im Rundfeld im Viertelrelief das Brustbild des Klerikers, bekleidet mit Chorgewand und Almucia, die Hände übereinandergelegt, darunter der Wappenschild. Die Grabplatte ist im oberen Drittel gebrochen, die linke untere Hälfte ist ebenfalls gebrochen und gebessert, die Inschrift ist abgetreten.

Maße: H. 199 cm, B. 85,5 cm, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. R(EVERENDO) D(OMINO) IOANNI DIETENHAIMER / D(OCTORI) D(ECRETORVM) D(ECANO) ECCLESIARVM CATHEDRA/LIVM BRIXINEN(SIS) P(RAE)P(OSI)TO ET RAT/ISBONEN(SIS) CANONICO AC S[C]HO/LASTICO ANNA SOROR SOLA EX / OMNI EA FAMILIA SVPERSTES / CVM LACHRIMIS POSVIT / VIXIT ANNOS LXIIII / OBIIT XXVIII OCTOBRIS / MDXLVIIIa)

Übersetzung:

Dem hochwürdigen Herrn Johannes Dietenheimer, Doktor des Kirchenrechts, Dekan, Propst an der Brixener sowie Domherr und Scholastikus an der Regensburger Bischofskirche, hat seine Schwester Anna, die einzige noch lebende (Angehörige) des ganzen Geschlechtes unter Tränen (dieses Denkmal) gesetzt. Er hat 64 Jahre gelebt, er starb am 28. Oktober 1548.

Datum: 1548 Oktober 28.

Wappen:
Dietenheimer2).

Kommentar

Johannes Dietenheimer, auch Jodoc Hoytfelder genannt, entstammte einem Ulmer Patriziergeschlecht und wurde, rechnet man die Angaben der Inschrift zurück, im Jahr 1484 geboren. Am 24. März 1513 ernannte ihn Papst Julius II. zum Stiftspropst der Alten Kapelle3). Am 2. August 1515 wurde er in Siena zum Doktor decretorum promoviert4). Am 7. Dezember 1516 erhielt er die Domherrenwürde und wurde 1521 Scholasticus, 1531 bis 1534 Domdekan5); bis 1532 blieb er zudem Propst der Alten Kapelle. In den Jahren 1529, 1532 und 1537 tritt er als iudex surrogatus auf6). Im Jahr 1538 erhielt er die Propstwürde von St. Johann7). Zusätzlich zu diesen vielen Ämtern erscheint er auch ab 1530 als Kanoniker in Brixen (Südtirol) und ab 1539 als Propst in Innichen (Südtirol)8).

1525 tritt Johannes Dietenhaimer bei den Verhandlungen des Klerus mit dem Rat der Stadt im Chor der Minoritenkirche auf, bei denen die Geistlichkeit zur Steuerpflicht gezwungen werden sollte9). Im Jahr 1530 vertrat er zusammen mit Kaspar vom Gumppenberg (s. Kat.-Nr. 455) die Äbtissin von Obermünster, Katharina von Redwitz auf dem Reichstag10). 1543, nachdem der bisherige Domprediger und Pfarrer Lienhard Eckhart sich zur lutherischen Lehre bekannt hatte, handelte er zusammen mit Lorenz Hochwart (s. Kat.-Nr. 531) aus, dass Hanns Widmann, Chorherr bei St. Johann, die Stelle des Dompfarrers übernehmen sollte11). Er starb in seinem 65. Lebensjahr.

Textkritischer Apparat

  1. Das V ist kleiner und leicht hochgesetzt.

Anmerkungen

  1. Eppinger 15; ABAdW, Grabsteinbuch 23; Freytag/Hecht 15; Kdm Regensburg I, 192.
  2. Bay 53; WüA 39; Leoprechting 109.
  3. Schmid, Alte Kapelle 91; Güntner, Pröpste 45.
  4. Wolfsgruber, Das Brixner Domkapitel 145.
  5. Leoprechting 109; Paricius, Nachricht 50; Bernclau, Episcopatus 194f.; Mai, Regensburger Visitationsprotokoll von 1526, 89, Nr. 231: 1526 war er Pfarrer in Atting; Ries, Generalschematismus 100: Kanonikat in Herrieden, Pfarrer in Arzberg und Kattenhochstadt.
  6. Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 402f.
  7. Güntner, Pröpste 45; Mayer, Thesaurus IV, 236: 1540.
  8. Bernclau, Episcopatus 195; Sinnacher, Säben und Brixen II, 326, III, 497; Wolfsgruber, Das Brixner Domkapitel 145.
  9. Gemeiner, Chronik IV, 536ff.; Schmid, Alte Kapelle 91; Beck, Kaiser und Reichsstadt 113f.; ausführlich dazu Plätzer, Das Kreuz, das Recht und die Steuer 47ff.
  10. Reitzenstein, Genealogie der von Redwitz 63, Nr. 211; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 403.
  11. Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 402f.; Schuegraf, Dom II, 309f.; Güntner, Dekane und Kanoniker 90.

Nachweise

  1. Eppinger 15; Bernclau, Episcopatus 195; Zirngibl, Epitaphia 36; ABAdW, Grabsteinbuch 23; Ried, Collectio 22r; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 403 (Anm. 171).

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 500 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0050002.