Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 491 Kreuzgang, Mittelhalle, Nordwand 1545

Beschreibung

Epitaph für Paul Hirschbeck aus Kalkstein, in die Wand eingelassen1). Das Denkmal ist dreigeteilt. Den unteren Teil bildet eine Tafel mit neunzeiliger Inschrift (I), darunter mittig eine fünfzeilige Inschrift mit kleineren Buchstaben (II). Im mittleren Teil über einem abgetreppten Sockel ein querrechteckiges Inschriftenfeld mit zweizeiliger Inschrift (III), darüber im Viertelrelief die Darstellung des Gnadenstuhls, die von zwei Pilastern mit aufgelegtem Rundfeld in der Mitte gerahmt wird, auf deren Kapitellen links ein Putto mit Essigkrug, Stange und Schwamm, rechts ein weiterer Putto mit Balkenkreuz steht. Etwas zurückgesetzt tragen zwei weitere Pilaster einen ornamentierten Rundbogen, in dessen Zenit sich über Gewölk, in dem zwei geflügelte Engelsköpfe schweben, die Taube des Heiligen Geistes befindet. Im Zentrum die mächtige Gestalt Gottvaters, das Balkenkreuz mit Christus haltend. Links unter dem Kreuz kniet der Domherr, bekleidet mit dem Superpelliceum, in den zum Gebet gefalteten Händen der Rosenkranz. Zu seinen Füßen der schräggelegte Wappenschild. Den oberen Abschluss bildet ein mehrfach getreppter Architrav. Darüber ein gezinnter Rundbogen mit Muschelnische, in deren Mitte sich das Wappen des Domherrn befindet. Am oberen Rundbogen ein gebesserter Bruch, Teile der Inschrift II sind nur noch schwer lesbar, ansonsten ist das Epitaph in relativ gutem Zustand.

Maße: H. 173 cm, B. 63 cm, Bu. 1,5-3,5 cm.

Schriftart(en): Gotisch-humanistische Mischschrift.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    D(eo) ∙ O(ptimo) ∙ M(aximo) ∙ / Hospes siste gradum, Eximius quo(n)dam vir doctrina et singu=/lari vitae sanctimonia Celebris Doc(tor) Paulus Hirspeck. s(acro)s(anctae) Theolo=/giae doctor in Ecc(lesia) hac Cathedrali verbi Diuini minister vigilan(s) / fil(iu)s Cath(olicae) et orthodoxae religio(n)is assertor strenuus, Hic situs est, / Qui postqua(m) tale(n)ta sibi commissa, fideliter dispensasset, debitum / naturae soluit, sed nimiu(m) immatura morte, vixit annos xxxv. / Mens(es) viii. dies xxvii. O(biit) an(n)o a Chr(ist)o nato M ∙ D ∙ XLVa)∙ idib(us) Junij. / Abi bene p(re)care. Quod et tibi exoptas moriturob).

  2. II.

    Jam vir erat vita dignus, fuit vtilis aetas Praestans doctrina Religione fide.Sed non debentur Coelestia pectora mundoAuocat hos subito Quos amat ipse Deus

  3. III.

    Credo in s(piritum) s(anctum) S(anctam) Eccl(es)ia(m) Catholicam. sanctor(um) co(mmun)io(n)em. remissio(n)em p(e)c(ca)tor(um) / carnis resurrectio(n)em. et vitam aeternam Amen

Übersetzung:

Gott, dem Allmächtigen und Allgütigen. Besucher, bleibe stehen: Ein ehedem vortrefflicher Mann, der ob seiner Gelehrsamkeit und der einzigartigen Reinheit seines Lebenswandels berühmte Doktor Paul Hirschbeck, Lehrer der hochheiligen Theologie, Diener des Wortes Gottes an dieser Bischofskirche, ein wachsamer Sohn des katholischen und eifriger Verfechter des rechtgläubigen Bekenntnisses, ist hier begraben. Nachdem er mit den ihm anvertrauten Pfunden getreulich gewuchert hatte, hat er der Natur gezahlt, was er ihr schuldig war, aber durch einen allzu frühen Tod: 35 Jahre, acht Monate und 27 Tage hat er gelebt; am 13. Juni des Jahres 1545 nach Christi Geburt ist er gestorben. (Nun) gehe von dannen (und) erbitte ihm in guter Gesinnung, was du dir für deine Sterbestunde auch selber wünschest! (I)

Schon war er ein Mann, des Lebens wert – tauglich war sein Alter -, sich in Gelehrsamkeit, Frömmigkeit und Glaubenstreue auszeichnend. Doch die Welt hat keinen Anspruch auf himmlische Seelen: Gott selbst beruft die (Menschen), die er liebt, unversehens ab. (II)

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben. Amen. (III)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Schlussformel des Glaubensbekenntnisses (Symbolum Apostolicum). (III)

Versmaß: Epigramm aus zwei Distichen. (II)

Datum: 1545 Juni 132).

Wappen:
Hirschbeck3).

Kommentar

Bei der Schrift handelt es sich um zwei unterschiedliche Ausprägungen von gotisch-humanistischer Mischschrift, vgl. Einleitungskapitel 66.

Paul Hirschbeck wurde am 16. September 1509 in Sünching (Lkr. Regensburg) geboren4). Er immatrikulierte sich als pauper im Sommersemester 1525 an der Universität Ingolstadt5). Nach drei Jahren verließ er die Universität, um in der Abtei Windberg/NB. eine Schulmeisterstelle anzunehmen. Nach einem einjährigen Aufenthalt in Prag nahm er in Ingolstadt erneut sein Studium auf, erwarb 1530 den Titel eines Baccalaureus und 1532 den Titel eines Magister. Hier wirkte er auch zwei Jahre lang als Dozent der Grammatik6). Im Jahr 1534 verlieh ihm Pfalzgraf Philipp die Predigerpfründe in Sulzbach (Lkr. Amberg-Sulzbach/Opf.). Danach erwarb er den Titel eines Licentiatus und wurde schließlich 1541 zum Doktor der Theologie promoviert7). Nach Einführung der Reformation in Pfalz-Neuburg ging er nach Regensburg, wo er bis zu seinem Lebensende die Stelle des Dompredigers innehatte. Als Schüler von Johannes Eck widmete er sich dem Kampf gegen die Reformation. Seine Schriften verfasste er in deutscher Sprache, um ein breites Publikum zu erreichen8). Noch im Jahr 1545, in dem er im Alter von nur 35 Jahren starb, wurden drei Predigten von ihm veröffentlicht9).

Textkritischer Apparat

  1. Die Worttrenner sind Quadrangeln.
  2. Am Ende dieser Inschrift ein Ornament in Form einer liegenden verflochtenen Acht.

Anmerkungen

  1. Eppinger 19; Freytag/Hecht 23; Kdm Regensburg I, 173; Fuchs, Heiliger Stephanus, Mortuarium des Kreuzgangs 268f.; Reidl, Das Grabmal einer Herzogin 55.
  2. Schöner, Hirschpeck 184: 13. 6. 1546.
  3. Bg4 58.
  4. Lommer, Paul Hirschbeck 12f.
  5. Pölnitz, Matrikel Ingolstadt I, 1525, 476,26.
  6. Lommer, Paul Hirschbeck 16 mit Anm. 36.
  7. Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 15.
  8. Schrüfer, Eine Kanzel ersten Ranges 6; zu seinen Schriften und dem literarischen Nachlass s. Lommer, Paul Hirschbeck 37-42; vgl. zur Vita auch Theobald, Reformationsgeschichte II, 63ff.
  9. Die biographischen Daten und Fakten sind zusammengefasst nach Lommer, Paul Hirschbeck 12-37 und Schöner, Hirschpeck 184f.; vgl. auch Schuegraf, Dom II, 237; Widmann, Chronik 202; Ries, Generalschematismus 136.

Nachweise

  1. Eppinger 19; Zirngibl, Epitaphia 55; Ried, Collectio 29v; Lommer, Paul Hirschbeck 42 (Anm. 2).

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 491 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0049106.