Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 484 Domkirche, südliches Seitenschiff, Turmjoch 1538

Beschreibung

Grabplatte für den Bistumsadministrator Johann III. aus rotem Marmor, ehemals beim Hochaltar, heute an der Wand im südlichen Turmjoch aufgerichtet1). Die Inschrift auf erhöhtem Rand zwischen zwei scharfen Linien beginnt oben links, läuft um den Stein und endet ebenda. Im vertieften, von einem mehrfach profilierten Rahmen umgebenen Feld die Gestalt des Klerikers; sein mit einem Birett bedeckter Kopf ruht auf einem Kissen mit vier Quasten. Sowohl seine Albe als auch die Dalmatik zeigen einen vollkommen geraden Faltenwurf. Der von einer Schließe zusammengehaltene Rauchmantel ist stark ornamentiert und unten mit Fransen besetzt. In seiner Rechten hält er den Bischofsstab mit Pannisellus, darüber die Mitra, in seiner Linken ein Buch. Unten zu beiden Seiten der Gestalt je ein Vollwappen. Die relativ gut erhaltene Grabplatte ist lediglich an der unteren linken Ecke gebessert2).

Ergänzt nach Text Cranner.

Maße: H. 230 cm, B. 120 cm, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. Re(verendus)a) in Chr(ist)o p(ate)r ac Illustriss(imus) ∙ Pri(n)ceps etb) D(omi)n(u)s ∙ D(ominus) ∙ Joannes Ad/minist(rator) ∙ Eccl(es)iae Rat(isponensis) Com(es) ∙ Palatinus Rheni Baua(riae) Dux Quic(um) annos aetat(is) suae xlix Me(n)ses viij Dies xxviij / vixisset ac p(rae)dicta(m) Eccl(es)ia(m) ad an(n)os xxx rexisset [inevita]/bili naturae lege obijt An(n)oc) D(omi)ni MDxxxviij Die iij febru(arii) ∙ ac pia successor(is) sui cura hic sepultus iacet

Übersetzung:

Der hochwürdige Vater in Christus und durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Johannes, Administrator der Regensburger Kirche, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, der, als er 49 Jahre, 8 Monate und 28 Tage gelebt und die oben genannte Kirche nahezu 30 Jahre geleitet hatte, nach dem unausweichlichen Gesetze der Natur am 3. Februar des Jahres 1538 gestorben ist, liegt dank der frommen Sorge seines Nachfolgers hier begraben.

Datum: 1538 Februar 3.

Wappen:
HochstiftPfalz-Bayern.

Kommentar

Johann wurde am 7. Mai 1488 als Sohn des Kurfürsten Philipp von der Pfalz und der Margarete, Tochter Ludwigs des Reichen von Bayern-Landshut, in Heidelberg geboren. Im Zusammenhang mit der Hausmachtpolitik des Herzogshauses hatte man ihn frühzeitig für den geistlichen Stand bestimmt. Er erhielt Präbenden an den Domstiften Passau, Straßburg und Würzburg und die Abtei Klingenmünster (Gde. Bergzabern, Lkr. Südliche Weinstraße/Rheinland-Pfalz). Ab 1505 studierte er in Mainz die Artes und Jura; bereits im folgenden Jahr bestellte ihn sein damals bereits schwer kranker Cousin Bischof Rupert II. zum Koadjutor des Bistums Regensburg. Nach dem Tod Ruperts trat Johann im Alter von nur 19 Jahren dessen Nachfolge an.

Die 30 Jahre andauernde Leitung als Administrator fiel in eine der bewegtesten Zeiten der Regensburger Stadtgeschichte und der Reichsgeschichte. Seit 1492 vertrat ein von Friedrich III. eingesetzter Reichshauptmann die kaiserlichen Rechte in der Stadt. Gegen die Einflussnahme des Königs und gegen einige Ratsmitglieder richtete sich der Aufstand der Gemeinde, der im Jahr 1514 mit der Hinrichtung einiger der Anführer, darunter der Dommeister Wolfgang Roritzer (s. Kat.-Nr. 404 †), endete. Durch seine Diözesanverordnungen der Jahre 1512 und 1518 gegen das Geschäftsgebaren der Juden trug Johann III. gemeinsam mit dem Domprediger Balthasar Hubmair wesentlich zur Vertreibung der Juden im Februar 1519 bei.

Seine Amtszeit fiel in die Epoche der Diözesangeschichte, in der die Reformation weite Teile des Bistums für sich gewann. Dieser Entwicklung hatte der Bistumsadministrator weder durch innere Reformen noch durch die Abwehr der neuen Lehre durch gezielte Maßnahmen etwas entgegen zu setzten. Wie andere Bischöfe bemühte sich auch Johann III., die Privilegien des Klerus gegen die Maßnahmen der Wittelsbacher Herzöge zu verteidigen. Die Verhandlungen des amtsmüden Administrators über einen Rücktritt scheiterten an den Weigerungen des Domkapitels, die hohen Pensionsforderungen zu leisten. Johann III. hatte es wohl zeit seines Lebens abgelehnt, die höheren kirchlichen Weihen zu empfangen. Die seit 1535 fortwährenden Zerwürfnisse mit dem Domkapitel fanden mit seinem Tod am 3. Februar 1538 ein Ende3).

Eine Inschriftentafel über dem Westportal des Südflügels im Bischofshof (s. Kat.-Nr. 528) und drei Wappen am ehemaligen Erker (s. Kat.-Nr. 450) zeugen bis heute von der Bautätigkeit Johanns III., der hier Teile des Ost- und Südtraktes weiterführen ließ. In der Amtszeit des Bischofs Vitus von Frauenberg (s. Kat.-Nr. 529) wurden diese im Jahr 1565 vollendet4). Der Bistumsadministrator verlegte den Bischofssitz 1522 nach Wörth a. d. Donau (Lkr. Regensburg/Opf.), wo er das Schloss ausbauen lies. Eine Inschrift unter einem Doppelwappen über dem Hauptportal zeugen von diesen Tätigkeiten5).

Textkritischer Apparat

  1. Die Lesart für das Versal ist unklar, möglich wäre auch Ve(nerabilis).
  2. Das e ist hochgesetzt.
  3. Das o ist hochgesetzt.

Anmerkungen

  1. Cranner 55; Freytag/Hecht 12, hier ist vermerkt, dass diese Grabplatte von seinem Nachfolger Pankraz von Sinzenhofen gestiftet wurde; nach Walderdorff, Regensburg 156 befindet sich die Grabplatte seit 1869 am heutigen Standort; Kdm Regensburg I, 117f. (Abb. 63); Zahn, Dom 63; Hausberger, Grablegen 375; Mayerhofer, Bischofsgrabmäler 388f.; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 737 (Abb. 2485).
  2. Diese Grabplatte wurde dem Bildhauer Loy Hering zugeschrieben, s. Kdm Regensburg I, 118; Loy Hering hatte für den Administrator 1525 beim Bau von Schloss Wörth gearbeitet, s. Kdm Bezirksamt Regensburg 186. In der neueren Forschung wird diese Zuschreibung angezweifelt; Reindl, Loy Hering 457f. (E2) hält den Regensburger Steinmetz Leonhard Sinninger für den möglichen Schöpfer.
  3. Daten und Fakten zur Biographie sind zusammengefasst nach Hausberger, Geschichte I, 174, 224, 316-319; ders. Die Bischöfe seit dem Jahrhundert der Glaubensspaltung 711; Gatz, Bischöfe 2, 344f.; Becker, Wege auf den Bischofsthron 411; zur Geschichte der Reichshauptmannschaft s. Beck, Kaiser und Reichsstadt.
  4. Schuegraf, Dom II, 154; Endres, Führer 30; Kdm Regensburg III, 121f.; Bauer, Regensburg 68ff.; Stauffer, Bischofshof Regensburg 18f.; Morsbach, Schloss Wörth an der Donau 4.
  5. Kdm Bezirksamt Regensburg 186 (mit Abb. 133); Reindl, Loy Hering 418 (B26): JOHANS ADMINISTRATOR ZV REGENSBVRG PFALZGRAF BEJ REIN HERTZOG IN BAIRN HAT DISE ZWEN THVRN VND THORHAVS VON GRVNDT AVFGEFVRT VND VOLLENDT IM JAR MDXXV; vgl. hierzu auch Morsbach, Schloss Wörth an der Donau 5f.

Nachweise

  1. Bernclau, Episcopatus 62; Zirngibl Epitaphia 3; Cranner 55f.; Ried Collectio 5r; Sammlung Resch 291 (mit Abzeichnung); Mayerhofer, Bischofsgrabmäler 389; Reindl, Loy Hering 458 (E2).

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 484 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0048404.