Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 473 Domkirche, südliches Seitenschiff, Westwand 1536

Beschreibung

Wappengrabplatte für Christoph Welser aus weißem Solnhofer Plattenkalk und rotem Kalkstein, ehemals beim St. Josephs-Altar im nördlichen Seitenschiff an der Nordwand, Ende des 19. Jahrhunderts im Domkreuzgang1), heute an der Westwand aufgerichtet2). Die Kalksteintafel ist in zwei gleichgroße quadratische Felder geteilt. Im oberen Feld die 13-zeilige zentrierte Inschrift, deren letzte zwei Zeilen nach einem größeren Abstand eingehauen sind. Im unteren Teil das in farbigem Stein eingelegte Vollwappen. Der gesamte Stein ist eingefasst von einem breiten roten Rahmen, der auch die jeweiligen Felder begrenzt. In diesen Rahmen eingearbeitet sind von scharfen Linien begrenzte Felder mit Grotesken-Ornamentik. In den vier Ecken und jeweils mittig ornamentierte Medaillons. Außer mehreren unregelmäßigen Rissen im Inschriftenfeld ist das Denkmal in relativ gutem Zustand.

Maße: H. 245 cm, B. 125 cm, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. R(EVERENDVS) ∙ D(OMINVS) ∙ CHRISTOPHOPVSa) ∙ WELSER ECCL(ES)IAE / RATISP(ONENSIS) ∙ P(RAE)POSITVS ∙ ET ∙ CANO(NICVS) ∙ NON / TAM ∙ OPVM ∙ QVAM VIRTVTVM ∙ DIVES ∙ AC / RARA ∙ CORPORIS MAIESTATE ∙ P(RAE)DITVSb) / HOSPITALITATIS EXE(M)PLVM PAVPER(VM) / P(ATE)R MAGNVMQ(VE) FAMILIAE SVAE DECVS / CVM INTER GRAVES ECCL(ES)IAE P(RO)CELLAS / ANNOS. LVI. ME(NSES). V. DI(ES). XXIX. PIE I(N)TEGRE / AC MAGNIFICE VIXISSET. MORTE / RAPTVS. HIC. VT VIVENS DISPOSVIT. / CONDITVS IACET / OBIIT ANNO SAL(VTIS). M. D. XXXVI. / DIE. XXI. AVGVSTI.

Übersetzung:

Der hochwürdige Herr Christoph Welser, Propst und Domherr der Regensburger Kirche, an Gütern, aber mehr noch an Tugenden reich und mit einer seltenen Erhabenheit der körperlichen Erscheinung ausgezeichnet, ein Vorbild an Gastfreundschaft, ein Vater der Armen und eine große Zierde seines Geschlechtes, liegt, wie er zu Lebzeiten bestimmt hat, hier begraben, vom Tode dahingerafft, nachdem er in einer für die Kirche sehr stürmischen Zeit 56 Jahre, 5 Monate und 29 Tage fromm, lauter und ansehenlich gelebt hat. Er starb im Jahr des Heiles 1536 am 21. Tag des August.

Datum: 1536 August 21.

Wappen:
Welser3).

Kommentar

Christoph stammte aus der bedeutenden Augsburger Patrizierfamilie Welser und wurde als ältester Sohn des Anton I. Welser und der Katharina Vöhlin am 23. Februar 1480 geboren4). Ab 1509 ist er in Rom nachzuweisen, wo er den Titel eines Doctor iuris utriusque erwarb und das Amt eines Scriptor apostolicus und den Titel eines Pfalzgrafen des Laterans erhielt; 1511 ist er genannt als päpstlicher Familiar und Protonotar, im selben Jahr wurde er in das Augsburger und das Regensburger Domkapitel aufgenommen und hier 1514 zum Dompropst ernannt, zudem war er Kanoniker in Passau und bei St. Stephan in Bamberg, Rat Kaiser Maximilians und Capellanus imperialis5). Als Dompropst stand er zusammen mit dem Dekan Kaspar von Gumppenberg (s. Kat.-Nr. 455) 1525 an der Spitze der Regensburger Geistlichkeit bei der Auseinandersetzung mit dem Rat der Stadt, der versuchte, den Klerus in die Bürgergemeinde einzugliedern und dessen Steuerfreiheit abzuschaffen6). Er gehörte zum Kreis um den berühmten Geschichtsschreiber Aventin7). In seiner Zeit in Rom war er Mitglied der Bruderschaft des Deutschen Friedhofs und spendete hier für die Kapelle des Deutschen Hospizes 200 Dukaten8); im Regensburger Dom stiftete er zwei Ewigmessen auf den Altar des Hl. Christophorus auf der Lektorei9). Er starb im Alter von 56 Jahren (zu seinem genauen Begräbnisort s. Kat.-Nr. 474). Die Regensburger Propststelle übernahm nach seinem Tod sein 14-jähriger Neffe Anton Welser (s. Kat.-Nr. 520).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Die Worttrenner sind bis hier kleine Dreiecke in der Zeilenmitte, ab dann auf der Zeile.

Anmerkungen

  1. Cranner 69; ABAdW, Grabsteinbuch 119; Zirngibl, Epitaphia 12f.: Aquilonaria ad partem aulae, also neben dem Epitaph der Ursula Aquila (s. Kat.-Nr. 496); Niedermayer 110; Walderdorff, Regensburg 168 listet das Epitaph 1896 für den Domkreuzgang auf.
  2. Freytag/Hecht 54; Kdm Regensburg I, 130 (mit Abb. 70), Regensburg III, 268; Zahn, Dom 63; Welser, Die Welser I, 100, erschienen 1917, benennt bereits den heutigen Standort im Dom: nächst dem Hauptportal an der Wand; Dehio, Regensburg und die Oberpfalz 460; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 751 (Abb. 2521).
  3. Bay 63.
  4. Welser, Die Welser I, 94f.; Geffcken, Die Welser und ihr Handel 106f. (Anm. 116, 117), Stammtafel 164; Schwennicke, Europäische Stammtafeln NF IX, Tafel 168; ADB 41, 684; Reinhard, Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts 915, Nr. 1420, K1.
  5. Leoprechting 49, 107; Paricius, Nachricht 26, 49; Mayer, Thesaurus II, 87, III, 114f.; Bernclau, Episcopatus 444; Ries, Generalschematismus 61; Welser, Die Welser I, 97; Häberlein, Die Welser 392; Haemmerle, Die Canoniker des hohen Domstiftes zu Augsburg 185: Das Augsburger Kanonikat musste er bereits 1513 resignieren, da er als Augsburger Bürger nicht zugelassen war.
  6. Gemeiner, Chronik IV, 536ff.; ausführlich dazu Plätzer, Das Kreuz, das Recht und die Steuer 47ff.; Beck, Kaiser und Reichsstadt 113f.
  7. Reiser, Regensburg 87.
  8. Welser, Die Welser I, 99f.
  9. Schuegraf, Dom II, 37 (Anm. 68); Hubel/Schuller, Dom 58f.; die Lage dieses Altares vor der Barockisierung des Doms ist nicht mehr rekonstruierbar, s. DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) XXVI.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; Zirngibl, Epitaphia 12f.; ABAdW, Grabsteinbuch 119; Bernclau, Episcopatus 444; Cranner 69; Ried, Collectio 12v, 13r; Schuegraf, Dom II, 97.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 473 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0047309.