Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 463† Kreuzgang, Südflügel 1534

Beschreibung

Gedenkinschrift für Sebastian Gierstner (Giestner, Gießner, Giesser) mit Wappen, ehemals auf einer Messingtafel im Südflügel des Kreuzgangs an der Wand angebracht1).

Text nach Eppinger.

  1. Hic, quicumq(ue) subis Divum loca sacra, viatorsiste gradum atque pii perlege fata Viri:Hic, ubi more suo post sacrae symbola mensaePergit consuetos visere forte laresOmnia tuta rat(us) fraudes nec cederet ullasLaedere qui possent nec superesse dolos,Tum more, q(ui) tecto clam se concluserat, hostisncautum aggreditur non sine fraude virem.Ac primum Veteris vitam populatur amici,Dirigit inde man(us) in perenntis opes.Perfid(us) ille tamen cunctos absolvere in ipsaCaede prius studuit saevitiae numeros.Sed non ipse tulit longe De(us), arbiter aequus:Protin(us) ante oculos paene latronis adest,Quandoquidem, fratri dilecto decorpore vitamQui studuit, iustum traxit ad arma DeumEt, sibi dum gestit vitae servare teporem,Carnifici lacerum se facit ipse sacrum.Triste fuit facin(us) cas(us) miserabilis et, cuiVix habeant olim saecla futura fidem.

Übersetzung:

Wer auch immer du sein magst, Wanderer, der du die den Heiligen geweihte Stelle betrittst, halte hier den Schritt inne und lies das Geschick eines frommen Mannes: Gerade hatte er die Heilige Eucharistie gefeiert und ging, wie es so seine Gewohnheit war, seines Weges, um ihm vertraute Häuser zu besuchen; er hielt alles für sicher und glaubte, dass es keinen Hinterhalt und keine Arglist, die ihm etwas anhaben könne, gebe – da stürzte sich ein Feind, der sich heimlich in einem der Gebäude eingeschlossen hatte, sehr wohl aus dem Hinterhalt auf den arglosen Mann. Und zuerst zielte er auf das Leben seines alten Freundes, dann streckte er die Hände nach den Wertsachen des Sterbenden aus. Zuvor jedoch, noch während des Mordes selbst, versuchte jener treulose Freund alle Spuren seiner ungeheuerlichen Tat zu verwischen. Aber Gott selbst, der gerechte Richter, sah nicht lange zu: Fast wäre er unverzüglich vor den Augen des Raubmörders erschienen, weil ja der Mann, der es darauf abgesehen hatte, seinem (lieben) Bruder das Leben zu rauben, Gott, den Gerechten, selbst zu den Waffen gerufen hatte; und während er noch verzweifelt versuchte, sich die Wärme des Lebens zu bewahren, machte er sich schon selber für den Henker zu einem blutigen Opfer. Ein entsetzliches Verbrechen ist es gewesen, ein beklagenswertes Ereignis und eines, dem künftige Jahrhunderte dereinst kaum Glauben schenken werden.

Versmaß: Distichen.

Wappen:
Gierstner (Giesser)2).

Kommentar

Zur Grabplatte und zur Biographie Sebastian Gierstners s. Kat.-Nr. 462.

Anmerkungen

  1. Eppinger 9f.
  2. Bg4 55.

Nachweise

  1. Eppinger 9f.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 463† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0046302.