Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 349 Creglingen, ev. Herrgottskapelle 1602

Beschreibung

Grabplatte des Pfarrers Johann Lenck. Innen an der Langhaussüdwand. Sandstein. Umschrift (A) zwischen schmalen erhabenen Rahmenleisten, im Feld zentral ein rundes Wappenmedaillon mit zwei einander zugewandten Vollwappen in Relief und Umschrift (C), schräg links oben beginnend; darüber und darunter je eine Schrifttafel mit Roll- und Beschlagwerkrahmen (B, D). Stark abgetreten, Ränder besonders an den Langseiten beschädigt (Schriftverlust).

Siehe Lageplan.

Maße: L. 206, B. 107, Bu. 2,6 (A), 2,3–2,6 (B), 2,5 (C), 1,8 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis (A), humanistische Minuskel mit einzelnen Kapitalisbuchstaben (B), Fraktur (C, D).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    ANNO, D(OMI)NIa) · 1 · 60 · 2 · DEN · 28 · APRILIS, STARB, DER / EHRWVRDIG, VND, WOLGELEHRTE, HERR, M(AGISTER) IOHANN LENCK, SENIOR, VND, PFARRHERṚ [ALL]ḤIE, ZV / CREGLINGEN, SEINES, ALTERS, · 56 · IAR, DEM, GOTT / EIN, FRÖLICHE, AVFF[ERST]EHVNG, ZVM, EWIGEN, [LEBEN, GNÄD]IGb), VERLEIJHEN, WOLLE, AMEN,c)

  2. B

    EPItaPhium / M(agistri)d) Iohannis Lenccij Pastoris Creglingani et c(etera) /ad uiatorem /Lenccius hic situs est Iohannes, iste fidelisChriste tuus Vates addere Plura NefasNe nimium satis laudando oneremus ademtumQui laudes Viuens non tulit iPse suasQua sPe QuaQ(ue) fide vitae huius clauserit aeuumVatis fạṛṣịạc̣ie)1) suBdita VerBa MonentQui Nocuit Nulli Sed Multis Profuit aṇṇoṇPraeteriens dices huicc̣ẹ Viator, aue

  3. C

    M(agister) Johan Lenck Von Wassertrüdinge(n) Burtig pfarherr alhie in die 24 Jhar Vnd Soffia Lenckin Geborne Wincklerin Sein Eheliche Hausfrawenc)

  4. D

    · 2 · Tim: 4 ·Ein Gutten kampff Hab Jch GekempfftVnd Mein Lauff Nun Mehr Gar VollentGlauben gehalten Bisz Jnn TodtDarumb Mir Gott Beÿ Gelegt HattForthin Die Cron Der GerechtigkeitDie Mir Christus Hatt Zubereidtf)Jm Lob Ehr preisz Jnn Ewigkeit2)

Übersetzung:

Grabschrift des Magisters Johann Lenck, Pfarrers zu Creglingen usw. An den Wanderer: Hier liegt Johann Lenck, Christus, dieser dein getreuer Herold. Mehr hinzuzufügen wäre Unrecht, denn wollten wir ihn angemessen loben, müßten wir ihm jetzt, da er tot ist, allzu sehr lästig fallen, da er doch, als er noch lebte, nicht ertrug, daß man ihn lobte. In welcher Hoffnung und in welchem Glauben er die Zeit dieses Lebens beschloß, daran erinnern die untenstehenden Worte des pharisäischen Propheten. Zu diesem, der ohne Zweifel keinem geschadet, aber vielen genützt hat, wirst du, Wanderer, wenn du vorübergehst, sagen: Leb wohl!

Versmaß: Elegische Distichen (B), deutsche Reimverse (D).

Datum: 8. Mai 1602 n. St.

Wappen:
Lenck3, Winckler4.

Kommentar

Der Schrift nach ist die Grabplatte ein Produkt der Werkstatt Michel Niklas’. Die Verwendung der humanistischen Minuskel ist nur auf der vorliegenden Grabplatte nachweisbar. Charakteristisch ist das Einstreuen zahlreicher Kapitalisformen, die aber völlig in das Mittelband eingefügt sind und dadurch das Gesamtbild der Schrift nicht beeinträchtigen.

Johann Lenck aus Wassertrüdingen (Lkr. Ansbach) studierte in Wittenberg (imm. 1568)5. 1575 wurde er Pfarrer in Hechlingen (Markt Heidenheim, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen), 1581 wechselte er auf die Pfarrei Creglingen. Er war zweimal verheiratet. Seine erste Frau Sophia Flader (heir. 1575) starb 1581 und ist in Kattenhochstadt (Stadt Weißenburg i. Bay.) bestattet6. Die zweite, in Inschrift (C) genannte und durch ihr Wappen symbolisierte Frau, Sophia Winckler, hat ihren Mann um 23 Jahre überlebt, sie liegt in Insingen (Lkr. Ansbach) begraben.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzungsstrich nach oben ausgebuchtet.
  2. Ergänzung konjiziert.
  3. Danach lange geschwungene Linie als Zeilenfüller.
  4. Kürzung durch Doppelpunkt.
  5. So aus metrischen Gründen für pharisaici.
  6. idt offenbar nachgehauen.

Anmerkungen

  1. vates farsiacus (pharisaicus) hier für Paulus; die Verweisung bezieht sich auf Inschrift (D).
  2. Nach 2 Ti 4, 7–8.
  3. Linksgewendet. Flugbereiter Pelikan am Nest, sich die Brust aufritzend; Helmzier: über Helmkrone die Schildfigur ohne Nest.
  4. Geteilt, oben 2 voneinander abgekehrte Winkelmaße, unten eine gestielte Quitte mit 2 Blättern; Helmzier: wachsender bärtiger Mann mit gestulptem, mit einer Lilie (?) besteckten Spitzhut, in beiden Händen je ein nach außen gerichtetes Winkelmaß haltend.
  5. Zu den Daten vgl. Pfarrerbuch Württ. Franken 2, 262 nr. 1529. Das dort angegebene Geburtsjahr 1554 ist nach Inschrift (A) zu korrigieren.
  6. Grabplatte erhalten, vgl. ebd.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 349 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0034903.