Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 331 Creglingen, Romschlößchen (Romgasse 7) E. 16. Jh.?

Beschreibung

Aufgemalte „Benutzungsanweisung“ im historischen Trockenabort des 2. Obergeschosses; an der in Fachwerk aufgeführten Innenwand (Ostwand) des schmalen Raumes, der in der Südwestecke des Gebäudes liegt. Die in Augenhöhe in zwei nebeneinanderliegenden Ausfachungen aufgemalte Inschrift wurde bei der durchgreifenden Restaurierung des Romschlößchens 1993 entdeckt und freigelegt1. Die Hölzer des nur teilweise aufgedeckten Sichtfachwerks hatten in der Bauphase 1589 (vgl. nr. 280) einen gelben Anstrich erhalten, die Ausfachungen waren verputzt, mit weißer Farbe gestrichen und an den Rändern mit einer grau-roten Bänderung versehen worden, die eine Kassettierung der Felder vortäuschen sollte2. Die Inschrift ist nicht direkt auf diesen ersten Anstrich geschrieben, vielmehr wurden die beiden Gefache „vor dem Beschriften mit einer weißen Tünche neu gestrichen, wohl um fäkale Verschmutzungen zu überdecken“3. Die Inschrift ist in schwarzer Farbe mit dem Pinsel aufgemalt. Der erste Satz der stellenweise stark verblaßten und abgeriebenen Inschrift wurde bei der Restaurierung mit Zeichenkohle nachgezogen4. Der Spruch wurde zu unbekanntem Zeitpunkt mit einem hellroten Verputz überdeckt, auf dem wiederum eine Inschrift – in roter Farbe – aufgemalt war. Diese konnte vom Restaurator aufgrund ihres stark fragmentarischen Zustands „nicht mehr ermittelt werden“5.

Maße: H. (linke Schriftfläche) 28, B. 90, H. (rechte Schriftfläche) 40, B. 102, Bu. 4–5 cm.

Schriftart(en): Fraktur mit kursiven Zügen.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. Wer den Arsch wischt mit der / Ḥand,der streichs ans M[a]ul, / [vn]d nicht an die Wanḍt6. //Vnd Wer Vnvorsichtig scheist / auffs Sitz Breth,der schlecks / fein mit seiner Zungen Weg

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die Inschrift ist zwar nicht sonderlich geschickt gemalt, doch zeigt die Ausführung mit Pinsel und Farbe, daß es sich nicht um eine spontane Kritzelei handelt, sondern sicherlich vielmehr um eine ernsthafte Ermahnung des Hausherrn an Mitbewohner und Gäste. Die vom Restaurator freigelegten Kotspuren an der Wand machen die einstige Notwendigkeit der Inschrift offenkundig. Die Schriftformen deuten auf eine Entstehung noch im ausgehenden 16. Jahrhundert, eine etwas spätere Datierung ins frühe 17. Jahrhundert ist aber nicht völlig auszuschließen.

Anmerkungen

  1. Auf die Inschrift wies mich freundlicherweise Herr Pfarrer Martin Majer, Freudenbach, hin.
  2. Zur Technik vgl. Helget, Spektrum 7.
  3. Ders., Trockenabort 9.
  4. Ders., Spektrum 7. Eine Rekonstruktionszeichnung der Inschrift wurde auf einer Schauwand im Flur vor dem Abortraum angebracht.
  5. Helget, Trockenabort 9.
  6. Vgl. Dt. Sprichwörter-Lexikon 5, 820: Wer den Arsch putzt mit der Hand, der fahr durchs Maul und nit an d’ Wand (Ulm).

Nachweise

  1. Helget, Spektrum 7.
  2. Ders., Trockenabort 9.

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 331 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0033104.