Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)

Nr. 185 Bad Mergentheim, Schloßkirche, Gruft 1562, 1566

Beschreibung

Epitaph des Administrators des Hochmeistertums in Preußen und Deutschmeisters Wolfgang Schutzbar gen. Milchling. An der Westwand. Aus der 1730 abgebrochenen Hofkirche. Grabmal aus rotem Sandstein mit ädikulaähnlichem Aufbau. Im Aufsatz, unter Flachgiebel und zwischen Voluten, eine quadratische Platte mit Wappenrelief (Vollwappen mit drei Helmen und Schildhaltern) in Bogenfeld; in den Bogenzwickeln erhaben gehauene geteilte Jahreszahl (A)1. Die darunter ursprünglich vorhandene Gebälkzone fehlt2. Als Hauptfeld hochrechteckige Platte mit der fast vollrunden Figur des Verstorbenen, nach rechts hin unter dem Kruzifixus betend. Der Ritter ist in einen Plattenharnisch mit Hochmeisterkreuz auf der Brust gekleidet und kniet auf einem Löwen; der offene Helm mit Federbusch ist rechts unten abgestellt; die rahmenden Pilaster oben jeweils mit zwei Ahnenwappen belegt; eingehauener Kreuztitulus (B) auf geschwungenem und eingerolltem Schriftzettel. Ursprünglich vorhandene Seitenteile weggebrochen. Gesims über der Sockelzone modern ergänzt. Als Sockel ein niedriger, seitlich in Voluten ausschwingender Unterhang mit ursprünglich 6zeiliger eingehauener Sterbeinschrift (C). Die Oberfläche des Sockels mit Inschrift (C) fast völlig abgewittert; teils (im 19. Jahrhundert) mit Zement überstrichen, auf dem die Inschrift aufgemalt ergänzt ist; auch diese Schicht ist mittlerweile wieder weitgehend abgebröckelt.

Ergänzungen des Wortlauts von (C) nach Schönhuth und OAB Mergentheim.

Maße: H. (Rest) 301, B. 125, Bu. 2,4 (B), 2,0–2,5 (C), Zi. 3,5–4,5 cm (A).

Schriftart(en): Kapitalis (B), Fraktur (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    15//62

  2. B

    · I · N · R · I ·a)

  3. C

    [Anno domini 1566 den 11. t]agb) des M[onats Februar] ịṣṭ [der hoch]wirdigsst fv̈rstc) / [Wolffgang Schützsperd) genannt Mil]cḥ[linge) Adm]inistrator Desz / [Hochmeisterthumbs in Preussen, Meister Teutsch Orden]sf) in Tevtschen / [und Welschen Landeng) probst und Herr zu Elwangenh) in gott C]hristlichi) / [verschiden. Des selen der almechtig gnedig und barmherzig sein wölle. Christlich loblich und wol bis in das 23. Jar regiertt]k)

Wappen:
Deutscher Orden (Hochmeister)/Fürstpropstei Ellwangen/Schutzbar gen. Milchling3;
Schutzbar gen. MilchlingTrohe4
BellersheimForstmeister von Gelnhausen.

Kommentar

Da Inschrift (C) fast gänzlich zerstört ist, läßt sich nicht mehr entscheiden, ob die gesamte Sterbeinschrift erst nach dem Tod des Hochmeisters in einem Zuge angefertigt wurde oder ob sie bereits bei der Herstellung des Epitaphs eingehauen und 1566 lediglich durch Nachtrag der Sterbedaten und der Regierungsdauer vervollständigt wurde.

Die kunsthistorische Zuschreibung des Epitaphs an den Würzburger Bildhauer Peter Dell d. J.5 läßt sich am spärlichen epigraphischen Befund nicht überprüfen. Eine Zuschreibung an Thomas Kistner erscheint mir allerdings angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen mit dem von diesem signierten Epitaph des Jakob Fuchs von Wonfurt († 1558) im Würzburger Domkreuzgang6 plausibler.

Wolfgang Schutzbar gen. Milchling ist um 1483 als Sohn des Kraft Schutzbar zu Treys und der Margareta von Trohe geboren7. Sein Eintritt in den Deutschen Orden erfolgte 1507. Ab 1525 ist er als Komtur der zur Ballei Hessen gehörenden Kommende Griefstedt (Lkr. Sömmerda, Thüringen) nachweisbar. 1529 wurde er zum Landkomtur der Ballei Hessen gewählt, als der er sich entschieden gegen die Säkularisierungsabsichten des Landgrafen Philipp zur Wehr setzte. Dies empfahl ihn für die Wahl zum Deutschmeister und Administrator des Hochmeistertums 1543. Hauptziele seiner Politik waren die Rückgewinnung Preußens für den Orden und die Sicherung der Unabhängigkeit der Balleien gegenüber den Landesfürsten. 1561 ging dem Orden unter seiner Regierung Livland endgültig verloren. Seinem Kampf um die Propstei Ellwangen, deren Einkünfte vermutlich der Finanzierung der Ordenspolitik dienen sollten, blieb der Erfolg versagt. Die Übernahme der ihm von Pfalzgraf Heinrich 1549 resignierten Propstei scheiterte am hartnäckigen Widerstand des Ellwanger Kapitels und des Herzogs von Württemberg, so daß er 1553 die Propstei an Otto Truchseß von Waldburg abtreten mußte8. Dennoch führte er weiterhin Titel und Wappen des Propstes von Ellwangen.

Textkritischer Apparat

  1. Als Worttrenner Dreieckpunkte.
  2. Anno domini 1566 den Schönhuth; Anno Dei 1566 den Bauer; fehlt OAB Mergentheim. 11. tag Schönhuth; Bauer; IX tag OAB Mergentheim.
  3. hochwürdigste Fürst Schönhuth; Hochwürdigste Fürst und Herr Herr Bauer; Hochwürdigst first OAB Mergentheim.
  4. OAB Mergentheim; Wolfgang Schützbar Bauer; Wolfgang von Schutzbar Schönhuth.
  5. genannt Milchling Bauer; OAB Mergentheim; fehlt Schönhuth.
  6. OAB Mergentheim; Administrator des Ordens Schönhuth. Bei Bauer endet der Text nach Preussen etc.
  7. OAB Mergentheim; in deutschen Landen Schönhuth, Mergentheim; in den deutschen Landen Schönhuth, Kirchen.
  8. OAB Mergentheim; Schönhuth, Mergentheim; Ellwangen Schönhuth, Kirchen.
  9. in gott Christlich OAB Mergentheim; seliglich Schönhuth. Die folgenden drei Zeilen sind vollständig zerstört, so daß der Zeilenwechsel nicht markiert werden kann.
  10. OAB Mergentheim; verschieden nachdem er christlich löblich und wol bis in das 23. Jar regiert; des Seele der almächtig und barmherzig Gott gnädig sei Schönhuth, Mergentheim; verschieden, nachdem er christlich und löblich regiert; des Seele der allmächtig vnd barmherzige Gott gnädig sei Schönhuth, Kirchen.

Anmerkungen

  1. Der Aufsatz wurde offenbar erst bei der letzten Aufstellung des Epitaphs am jetzigen Ort wieder mit den übrigen Teilen zusammengefügt. Bruhns, Würzburger Bildhauer 62 spricht 1922 noch von einem „Epitaph, das keinen Aufsatz mehr hat“.
  2. Zum (ursprünglichen?) Aufbau des Epitaphs vor der letzten Neuaufstellung, bei der das hohe Gebälk und Rahmenteile entfernt wurden, vgl. das Foto bei Herrmann, Wolfgang Schutzbar gen. Milchling (wie Anm. 7) 176.
  3. Durch Hochmeisterkreuz quadriert, 1. Deutscher Orden, 2/3. Schutzbar gen. Milchling, 4. Ellwangen; Helmzierden: Mitte Hochmeister, rechts Deutscher Orden, links Schutzbar gen. Milchling; als Schildhalter zwei Löwen.
  4. 3 deichselförmig angeordnete, mit den Spitzen gegeneinandergekehrte herzförmige Blätter; vgl. Siebmacher, Si1, 135; Rhein-Mainisches Wappenbuch/I. Teil, hg. v. Hermann Knodt (Bücherei deutscher Wappen und Hausmarken in Städten und Landschaften 3), Görlitz 1943, Sp. 136f., Taf. 29; Heinrich Bingemer, Das Frankfurter Wappen-Büchlein, Frankfurt am Main 1953, 21987, 37, Taf. 9.
  5. Vgl. Dehio BW I 34; Bruhns, Würzburger Bildhauer 62; zu Dell allg. vgl. ebd. 58–67.
  6. Ebd. 69f., Abb. 16.
  7. Zu den biographischen Daten vgl. neuerdings Axel Herrmann, Wolfgang Schutzbar gen. Milchling (14.IV.1543–11.II 1566), in: Die Hochmeister d. Dt. Ordens 1190–1994, 173–178, hier: 173; ferner Biedermann, Rhön u. Werra, tab. LXII; Reimer, Art. „Schutzbar“, in: ADB 33 (1891, ND 1971) 136f.
  8. Vgl. Alois Seiler, Württemberg in der Auseinandersetzung mit dem Deutschen Orden. Der „Deutschmeisterkrieg“ von 1552, in: Beiträge zur Kulturgeschichte von Altshausen und Umgebung 13 (1990) 35–43.

Nachweise

  1. Schönhuth, Mergentheim mit seinen Umgebungen 104.
  2. Ders., Kirchen u. Kapellen Mergentheim 119.
  3. StAL, E 258 VI Bü 2518 (Christian Friedrich Bauer, Anhang zur Chronik Mergentheims, um 1836) Schloßkirche 7r.
  4. OAB Mergentheim 344.
  5. Die Grabdenkmäler der Hoch- und Deutschmeister 21956, 6 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 185 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0018502.