Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)
Nr. 161 Bad Mergentheim, Marktplatz 1548
Beschreibung
Wappner-Brunnen. Achteckiger Brunnenkasten1. In der Mitte auf Vierkantpfeiler ein würfelartiger Figurensockel, der als nach rechts schauender Drache gestaltet und an drei Seiten von Wappenschilden umgeben ist; auf dem Sockel stehend nach Osten gewendet eine Ritterfigur in Plattenharnisch und Helm mit offenem Visier, in der Rechten eine Fahne, in der Linken einen Wappenschild haltend; vorn am Sockel auf der unteren Kehle eingehauene und mit dunkler Farbe nachgezogene Jahreszahl. Roter Sandstein, restauriert.
Maße: H. (Brunnensäule) ca. 250, B. ca. 65, Zi. 4–5 cm.
15//48
Deutscher Orden (Hochmeister) / Fürstpropstei Ellwangen / Schutzbar gen. Milchling2; vorn: Deutscher Orden / Nassau3, links: Deutscher Orden / Blick von Rotenburg4, hinten: Stadt Mergentheim5. |
Anmerkungen
- Der Brunnenkasten wurde 1926 neu geschaffen (Inschrift), nachdem der Brunnen um 1900 an seiner ursprünglichen Stelle an der Ecke zur Burgstraße abgebrochen worden war, vgl. Gräter, Bad Mergentheim 1972, 18f.
- Wappen des Administrators des Hochmeistertums in Preußen und Deutschmeisters Wolfgang Schutzber gen. Milchling: durch Hochmeisterkreuz quadriert, 1. Deutscher Orden, 2/3. Schutzbar gen. Milchling, 4. Ellwangen.
- Deutscher Orden, belegt mit Herzschild Nassau. Wappen Balthasars Grafen von Nassau-Wiesbaden-Idstein, 1543 Komturs zu Horneck, 1544 zu Kapfenburg und Ellingen, danach bis 1556 (?) Komturs zu Mergentheim; erfolgloser Verteidiger von Mergentheim und Neuhaus im Schmalkaldischen Krieg 1551, vgl. Chronik v. Mergentheim (Kath. PfA Mergentheim) p. 34. Der Graf trat 1556 aus dem Orden aus und konvertierte. Er liegt in der Idsteiner Unionskirche begraben († 1568); vgl. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) nrr. 471†, 472†.
- Deutscher Orden, belegt mit Herzschild Blick von Rotenburg. Wappen Jakobs von Rotenburg, 1545–48 Hauskomturs zu Mergentheim; vgl. Voigt II 678.
- Adler im Herzschild zerstört.
- Vgl. RDK II Sp. 1291; Gräter, Bad Mergentheim 1972, 19; Carl Lüllig, Der Mergentheimer Marktbrunnen – ein Rechtsmal, in: Tauber-Ztg. 1944 XI 18.
- Lüllig (wie Anm. 6).
- Carl Lüllig, Vor 400 Jahren. Von den Mergentheimer Brunnen, in: Tauber-Ztg. 1942 VII 11, VII 14, VII 16, VII 18, hier: VII 14; Carl Gibson, Bad Mergentheim und das Trinkwasser. Geschichte der Mergentheimer Wasserversorgung, München Wien 1994, 28.
- Vgl. grundlegend dazu Lüllig (wie Anm. 6 u. 8) und zusammenfassend Gibson (wie Anm. 8) 28–31; Letzterer mit berechtigter Kritik an der lokalgeschichtlichen Literatur, die die Rolle der Deutschmeister bei der Verbesserung der Mergentheimer Wasserversorgung überbewertet.
Nachweise
- Georg Lill, Art. „Brunnen“, in: RDK II (1948) Sp. 1278–1310, hier: Sp. 1291, 1294 (Abb.).
- Axel Herrmann, Wolfgang Schutzbar gen. Milchling (14. IV. 1543–11. II. 1566), in: Die Hochmeister d. Dt. Ordens 1190–1994, 173–178, hier: 175 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 161 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0016102.
Kommentar
Der Brunnen wurde von dem Aschaffenburger Bildhauer Nikolaus Breßler (Brösler) im Auftrag von Bürgermeister und Rat der Stadt Mergentheim geschaffen6. Der Auftrag für den Brunnenkasten erging bereits am 21. März 15467; die Jahreszahl 1548 bezeichnet sicherlich die Fertigstellung. An derselben Stelle bestand schon ein älterer Röhrenbrunnen aus dem frühen 16. Jahrhundert (?), der 1524 renoviert worden war8. Wie auf zahlreichen anderen Wappnerbrunnen ist auch hier der Wappner als Symbol städtischer Freiheit – gleichwohl mit den heraldischen Symbolen der Stadtherrschaft – aufzufassen, nicht als Porträt des Administrators des Hochmeistertums in Preußen und Deutschmeisters Wolfgang Schutzbar gen. Milchling9. Aus der Fehlinterpretation resultierte der volkstümliche Name „Milchling-Brunnen“.