Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)
Nr. 57 Weikersheim, ev. Stadtkirche 1452
Beschreibung
Epitaph des Wilhelm von Rechberg zu Hohenrechberg. Innen an der Westwand des südlichen Seitenschiffs1. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein. An der oberen Schmalseite und an den Längsseiten umlaufend eingehauene Sterbeinschrift zwischen Linien. Im Feld die vollrunde stehende Figur des geharnischten Ritters mit Schaller, die linke Hand am Schwertgriff; ein Löwe mit zwei Körpern dient als weit vorspringender Standsockel der Figur; in den Ecken des Feldes vier reliefierte Ahnenwappen. Reste farbiger Fassung. Die rechte obere Ecke und Teile des Randes weggebrochen und ergänzt; linke untere Ecke fehlt (Schriftverlust). Die rechte Hand der Figur, die vermutlich einen Streithammer o. ä. hielt, ist abgebrochen.
Maße: H. 242, B. 123, Bu. 7,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
Anno · d(omi)ni · M° · CCCC · vnd · jn · dem · liia) · / iare · [.]sb) · an · vnser · lieben · frawen · tag · alsc) · sie · geboren · // [war]td) · starb · wilhalm · von · ho[. . .]e) rechberg ritter · de(m) · got · gnad
Datum: 8. September 1452.
Rechberg | Helfenstein2 |
Veringen | Oettingen. |
Textkritischer Apparat
- Oberteile der drei Schäfte beschädigt; der erste Schaft zeigt zwar keine Oberlänge mehr, hat aber an der Oberlinie des Mittelbandes eindeutig keine Linksbrechung, Lesung als i daher ausgeschlossen. III Denkmale d. Alterthums; OAB Mergentheim; MCCCC – Schönhuth, mit Konj. C (Zusatz: „Der frühere Diakonus Geßler hat die Zahl mit III. ergänzt.“). Gräter, Weikersheim 21972, 23 und Merten, Stadtkirche 12 (jeweils ohne Wiedergabe der Inschrift) geben als Todesjahr ebenfalls 1403 an, Dehio/Piel 523 dagegen 1413. Merten datiert das Grabmal immerhin aus stilistischen Gründen korrekt (1449–68).
- Erster Buchstabe durch Eisenklammer weitgehend verdeckt, vermutlich o oder v; Bedeutung des Worts unklar.
- Langes s, der Schaft von einem geschwungenen rechtsschrägen Strich durchkreuzt.
- Ergänzung konjiziert.
- Stelle mit Zementmörtel überschmiert; nach dem zur Verfügung stehenden Platz und spärlichen erkennbaren Schriftresten ist am ehesten von · ho[he(n) ·] zu ergänzen; von Hohen Denkmale d. Alterthums; von hohen Schönhuth; von . vn(d zv) OAB Mergentheim.
Anmerkungen
- Möglicherweise ursprünglicher Standort: nach Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie IV, 120 befand sich das Epitaph „hinter denen Weiberstühlen gegen Abend“.
- Linksgewendet.
- Vgl. Eur. Stammtaf. NF V, Taf. 98.
- Ebd.
- Regesta Imperii XI: Die Urkunden Kaiser Sigmunds (1410–1437), verzeichnet v. Wilhelm Altmann, 2. Bd., Innsbruck 1897–1900, nr. 10186; vgl. auch ebd. nrr. 10516, 10818.
- Ebd. nr. 11465; nach Eur. Stammtaf. NF V, Taf. 98, bekleidete er dieses Amt schon 1435.
- Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie III, 81; OAB Mergentheim 800.
- Eur. Stammtaf. NF V, Taf. 98.
- OAB Mergentheim 800, 828.
- Engel, Urk.regesten Hohenlohe, nrr. 387, 388, 394.
Nachweise
- Denkmale d. Alterthums 139 (Wortlaut teilw.).
- Schönhuth, Denkmale Weikersheim 99 (sehr ungenau).
- OAB Mergentheim 780.
- Gräter, Weikersheim 21972, 39 (Abb., Auschnitt).
Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 57 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0005703.
Kommentar
Die Minuskel ist nicht sonderlich gleichmäßig gehauen. Zwar ist die Höhe des Mittelbandes konstant, die Ausrichtung der Schäfte ist aber nicht immer ganz senkrecht. Neben den paragraphzeichenförmig verzierten Worttrennerquadrangeln sind auch zahlreiche Buchstabenelemente mit variierenden geschwungenen oder eingerollten Zierlinien versehen. Die Oberschäfte sind (außer bei t) tief gespalten. Der Unterbogen des g ist völlig in das Mittelband eingefügt. Das Versal-A ist fast doppelt so breit wie hoch, da der geschwungene Deckbalken und die unteren Sporen der Schäfte sehr lang ausgezogen sind. Der geschwungene linke Schaft ist verdoppelt, ebenso der haarfeine Mittelbalken. Der M-Versal der Jahreszahl unterscheidet sich von den Gemeinen nur durch den unter die Grundlinie verlängerten und dort weit nach links zurückgebogenen rechten Schaft. Die vier c der Jahreszahl sind deutlich in den Oberlängenbereich hinein verlängert und erhalten dadurch ebenfalls Versalfunktion.
Wilhelm von Rechberg war ein Sohn des Heinrich von Rechberg zu Hohenrechberg, Gammertingen und Hettingen und der Agnes Gräfin von Helfenstein3. Er begründete die ältere Linie der Herren von Rechberg zu Weißenstein (Lkr. Göppingen). Wilhelm war 1429 kurpfälzischer Viztum zu Amberg4, wurde 1434 zum kaiserlichen Rat bestellt5 und wird 1436 als Landrichter zu Nürnberg genannt6. Verheiratet war er mit Yland von Hirschhorn. 1449 hat er die Stadt Weikersheim pfandweise von Kraft und Albrecht von Hohenlohe für 24000 fl gekauft7, nachdem er bereits 1443 als Pfandherr des kurmainzischen Krautheim (Hohenlohekreis) mit dem zugehörigen Ballenberg (Gde. Ravenstein, Neckar-Odenwald-Kreis) in Franken Fuß gefaßt hatte8. 1468 gelang den Grafen von Hohenlohe die Auslösung der verpfändeten Stadt von Wilhelms gleichnamigem Sohn9. Dieser dokumentierte seine Verbundenheit mit Weikersheim noch 1485 durch eine Stiftung an die Pfarrkirche, derzufolge jeden Samstag eine Marienmesse zu lesen und täglich gegen Abend das Salve Regina zu singen waren zu seinem Seelenheil und dem seiner Frau Margareta, seines Freundes Michel Truchseß von Baldersheim sowie aller ihrer Vorfahren10.