Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)
Nr. 26† Wachbach (Stadt Bad Mergentheim), ev. Pfarrkirche 2.–3. V. 14. Jh.
Beschreibung
Grabplatte der Elisabeth Reich von Mergentheim. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch – zusammen mit zwei weiteren Grabplatten1 – im Chor hinter dem Altar im Boden; 1880 bereits verschwunden2. Platte aus „blaue(m) Sandstein“. Umschrift zwischen Ritzlinien eingehauen und mit dunkler Füllmasse ausgegossen; im Feld Ritzzeichnung eines Paares: links Ritter mit Beckenhaube und Brünne, in der Linken einen Helm mit Helmzier (?) haltend, rechts Frau mit langem Gewand, verhülltem Kopf und betend erhobenen Händen; beide Figuren einander zugewandt; unter ihnen zwei große Wappenschilde, deren Spitzen unterbrechend in die Umschrift ragen. In der Mitte quer verlaufender Bruch, weiterer Bruch an der linken oberen Ecke; rechte obere Ecke abgebrochen, Helmzier und heraldisch linkes Wappen ausgemeißelt.
Beschreibung und Wortlaut nach Schönhuth, Die ältesten Denkmale (mit Zeichnung).
Maße: L. 6 Schuh, B. 3 Schuh.
Schriftart(en): Gotische Majuskel3.
+ ANNO · D(OMI)NI · [. . . . . / . . . .] IN FESTO · OMNIV(M) · SANCTORV(M) · OBIIT / EL//IZABE//TH / VXOR · RVDIGERI · DIVITIS · HILF GOTa)
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn (. . . .) am Fest Allerheiligen (1. November) starb Elisabeth, die Frau Rüdigers des Reichen.
Reich von Mergentheim, unkenntlich. |
Textkritischer Apparat
- HILF GOT fehlt Schönhuth („Das letzte Wort ist unleserlich“) und OAB Mergentheim; nach der Zeichnung bei Schönhuth aber eindeutig zu rekonstruieren.
Anmerkungen
- Nr. 23† sowie eine dritte, schon damals völlig abgetretene Platte aus weißem Sandstein; vgl. Schönhuth, Die ältesten Denkmale 108.
- OAB Mergentheim 752.
- Schönhuth, Die ältesten Denkmale 108: „Majuskel-Schrift des XIII. Jh.“.
- Vgl. nr. 23†; dort Näheres zur undurchsichtigen Genealogie der Reich von Mergentheim.
- Vorwiegend auf Glocken; vgl. Wulf, Versuch einer Typologie 133; ein Kelch aus der 2. H. 14. Jh. in Göttingen: DI 19 (Stadt Göttingen) nr. 17.
Nachweise
- Gutenbergs-Archiv (Schönhuth) Nro. IV, 16.
- Schönhuth, Reiche v. Mergentheim 85f. (nur erwähnt).
- Ders., Die ältesten Denkmale 108f., m. Abb. (Zeichnung von Ch. Seeger).
- OAB Mergentheim 752 (ungenau, nach Schönhuth).
Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 26† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0002608.
Kommentar
Die Zeichnung versucht offenbar, die Buchstabenformen getreu wiederzugeben, ist aber unbeholfen ausgeführt und liefert somit nur unzureichende Anhaltspunkte für eine nähere Datierung. Immerhin ist zu erkennen, daß die Buchstaben breite Proportionen aufweisen. E hat einen sehr kurzen, Schaftstärke erreichenden Abschlußstrich. A scheint in verschiedenen, gerundeten Formen vorzukommen. Der Schaft des I ist, jedenfalls gelegentlich, mit einem Nodus versehen. Diese Schriftformen, die Umrißform der breiten Dreieckschilde sowie – bei aller gebotenen Vorsicht hinsichtlich der Qualität der Zeichnung – die figürliche Darstellung (spitze Beckenhaube mit Brünne, tief um die Hüfte gelegter Gürtel) zusammengenommen, weisen in den Zeitraum vom 2. bis 3. Viertel des 14. Jahrhunderts.
Der dargestellte und in der Umschrift genannte Ehemann der Verstorbenen ist vermutlich jener Rüdiger Reich von Mergentheim, der 1327 die Wachbacher Ortsherrschaft erworben hat4. Aus welchem Geschlecht Elisabeth stammt, läßt sich aufgrund des zerstörten Wappens nicht mehr feststellen.
Die Tatsache, daß die Inschrift der Grabplatte von 1371 in der Wachbacher Kirche (nr. 23†) bereits in gotischer Minuskel ausgeführt ist, könnte auf frühere Entstehung der hier besprochenen Majuskel-Inschrift hindeuten, doch ist dieser Schluß keinesfalls zwingend. Bemerkenswert ist in der im übrigen in lateinischer Sprache abgefaßten Inschrift das abschließende deutschsprachige Gebet. Derartige kurze volkssprachige Gebete finden sich vereinzelt bereits ab dem 13. Jahrhundert in Inschriften5.