Inschriftenkatalog: Mergentheim (Landkreis)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 54: Landkreis Mergentheim (2002)
Nr. 1† Mergentheim, ehem. Schloßkirche (jetzt ev. Stadtkirche) 1269?
Beschreibung
„Grabschrift“1 des Andreas von Hohenlohe. Nach dem überlieferten Wortlaut nicht identisch mit der erhaltenen, zum Stiftergedenken nachträglich im 16. Jahrhundert angefertigten Grabplatte (nr. 337). Ausführung unbekannt.
Wortlaut nach Wibel.
Anno Millesimo Ducentesimo Sexagesimo nono X. Cal(endas) Maji
De Hohenlohe auratusa) Andreas hic tumulatus
Hujus fundatorb) Domus et virtutis amator
Übersetzung:
Im Jahr 1269 am 10. vor den Kalenden des Mai (24. April) wurde der vortreffliche (?) Andreas von Hohenlohe hier begraben, der Gründer (?)2 dieses Hauses und Freund kriegerischer Tüchtigkeit.
Versmaß: Zwei leoninische Hexameter.
Textkritischer Apparat
- auratus Wibel; mit der Konjektur natus ließe sich das fehlerhafte Metrum retten und zudem eine sinnvollere Lesung erzielen.
- fundator emend.; Commendator Wibel. Aus inhaltlichen und metrischen Gründen (prosodischer Fehler) bietet sich die Emendation an; vgl. auch Anm. 7. Die beiden Verse weisen allerdings ohnehin ein fehlerhaftes Metrum auf; vgl. Anm. a.
Anmerkungen
- Wibel, Kyrchen- u. Reformations-Historie I, 18.
- Vgl. Anm. b.
- Vgl. DI 38 (Bergstraße) nrr. 16†, 17†.
- Bauer, Mergentheimer Miscellen 31, Wortlaut beider Fassungen.
- Schönhuth, Kirchen u. Kapellen Mergentheim 122.
- Dort StAL, JL 425 Bd. 21 Nr. 1 lediglich der Wortlaut der jüngeren Inschrift.
- „Fundator domus nostre“ im Mergentheimer Anniversar; vgl. hierzu und zum Folgenden: Weiß, Ballei Franken 76–78. Ferner zur Frühgeschichte der Kommende: Seiler, Dt. Orden als Stadtherr 167ff. (m. weiterer Lit.).
Nachweise
- Wibel, Kyrchen- u. Reformations-Historie I, 18.
- StAL, E 258 VI Bü 2518 (Christian Friedrich Bauer, Anhang zur Chronik Mergentheims, um 1836), Schloßkirche 5v/6r.
- StAL, E 258 VI Bü 2616 (ders., Materialien zu einer Topographie v. Mergentheim, 1836/37) 3r.
- Schönhuth, Mergentheim mit seinen Umgebungen 104 (nach Wibel).
- Ottmar F. H. Schönhuth, Der deutsche Ritterorden in Franken. Nach den Quellen dargestellt, in: Zs. d. hist. Vereins f. d. württ. Franken 2 H. 6 (1852) 1–48, hier: 36f. Anm. *.
- Bauer, Mergentheimer Miscellen 31 (nach Wibel).
- Schönhuth, Kirchen u. Kapellen Mergentheim 122 (nach Wibel).
- Ders., Aufstellung des neuen Denkmals 6 (nach Wibel).
- Fischer, Hohenlohe I, 40.
Zitierhinweis:
DI 54, Landkreis Mergentheim, Nr. 1† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di054h014k0000101.
Kommentar
Die erstmals 1752 von Wibel veröffentlichte Grabschrift läßt sich nicht mit den spärlichen Schriftresten der fast völlig verwitterten Grabplatte des Deutschordensritters aus dem 16. Jahrhundert (nr. 337) in Einklang bringen. Daß Wibel den Text nach dem Befund dieses Steins frei ergänzt hat, ist unwahrscheinlich. Dagegen spricht das Formular – eine Grabschrift in leoninischen Hexametern –, das durchaus ins 13. Jahrhundert paßt3 und in dieser Form wohl kaum im 18. Jahrhundert verfaßt worden wäre. Immerhin ist merkwürdig, daß Wibel die jüngere, nachträglich angefertigte und zu seiner Zeit vermutlich bereits stark zerstörte Grabplatte gar nicht erwähnt. Bei H. Bauer findet sich 1853 erstmals der Hinweis auf zwei unterschiedliche Grabmäler4, und Schönhuth vermerkt 1854, daß die von Wibel überlieferte Inschrift nicht mehr vorhanden sei, wohl aber die jüngere, „in neuen Schriftzügen“ ausgeführte5. Vermutlich war die alte Grabschrift schon im frühen 19. Jahrhundert verschollen, da sie sonst kaum in der Breitenbachschen Sammlung unberücksichtigt geblieben wäre6.
Andreas von Hohenlohe, ein Sohn Gottfrieds von Hohenlohe und der Anna Landgräfin von Leuchtenberg, trat 1219 in den Deutschen Orden ein, kurz darauf folgten ihm seine jüngeren Brüder Heinrich und Friedrich. Durch Erbabsprache mit ihren Brüdern Gottfried und Konrad fielen mit dem Ordenseintritt die hohenlohischen Besitzungen in Mergentheim mit weiteren Rechten an den Deutschen Orden. Außerdem verschafften die Hohenlohe dem Orden bald darauf auch den Zehnt in Mergentheim und verhalfen ihm zu einer respektablen Ausgangsbasis. Im Orden galt Andreas von Hohenlohe daher als Stifter der Mergentheimer Kommende7. Da er allerdings offenbar keine Ordensämter bekleidete, sind an der Zuverlässigkeit der Überlieferung des Titels Commendator in der Grabinschrift Zweifel angebracht. Vielmehr war sein Bruder Heinrich wohl der erste Komtur zu Mergentheim, er stieg dann 1232 zum Deutschmeister und 1244 schließlich zum Hochmeister des Ordens auf.