Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 329 Fürstenhagen, Ahornallee 6 17. Jh.

Beschreibung

Haus. Fachwerk. Inschrift am Schwellbalken des leicht vorkragenden, fünf Gefache breiten Obergeschosses des Mittelteils, darunter ein Perlstab- und Zahnschnittfries. Der Balken könnte aus einem älteren Bau übernommen sein. Die Buchstaben, erhaben in leicht vertiefter Zeile, farbig (gelb) vor braunem Hintergrund gefasst, sind teilweise nur noch aufgemalt.

Maße: Bu.: ca. 8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Julia Zech) [1/6]

  1. JN GOTTES NAHMEN GEHE ICH AUSa) REGIERb) O GOTT MEIN GANTZES HAUS MEIN HAUSFRAWc) VND KINDERLEIN LAS DIR O GOTT BEFOHLEN SEIN1) BEHÜTE MEIN HERTZ MUNDT VND HAND FÜR SÜNDEN VNFAL LASTER VND SCHANDT2) HILF DAS ICH MEIN SACH WOL RICHTE AUS VND KOMME <GSUNDd) NACH> HAVS

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die Balken des Z sind schräggestellt, N mit Andeutung eines geschwungenen Schrägschaftes gestaltet. Der Wechsel von U (mit kurzem Zierhaken am Ende des rechten Schaftes) und V (mit zwei Ausnahmen nur bei VND) ist wohl ursprünglich; die Umlautpunkte bei Ü sind nur gemalt.

Die Schriftmerkmale, auch die W-Schreibung bei HAUSFRAW, lassen eine Entstehung in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu. Inhaltliche Vergleichsbeispiele für den ersten Teil der Inschrift stammen dagegen aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts oder dem frühen 18. Jahrhundert.3) Die ‚Sach‘ im dritten Teil ist das menschliche Leben. Die Verwendung dieses Ausdrucks folgt dem Sprachgebrauch Luthers (vgl. z. B. Ps. 43,1) und fand seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Liedern Verbreitung.4)

Textkritischer Apparat

  1. GEHE ICH AUS] fang ich an Voß; wohl Fehllesung. Bei Voß sonst durchgängig modernisiert, die Varianten werden nicht notiert.
  2. REGIER] Befund: BEGIER; fehlrestauriert.
  3. W als zwei ineinander geschriebene V, das äußere, größere unten gerundet; wohl Fehlrestaurierung eines verschränkten W wie bei WOL.
  4. GSUND] recht Voß.

Anmerkungen

  1. Ähnlich 1693 an einem Haus in Warbsen (Lkr. Holzminden), das sich heute in Braunschweig-Riddagshausen befindet; vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 106, Anm. 1.
  2. Nach Ps. 141,3–4.
  3. Vgl. Anm. 1. In Rothenach-Himburg (NRW): In Gottes Namen geh ich aus, Regier o Gott mein ganzes Haus Die Hausfrau und die Kindelein, laß dir o Gott befohlen sein. Anno Domini 1696; www.oocities.org/michaelkloft/ Hastrich.html (20.07.2015). Wilberg (Lippe), Schönemarker Straße 6: IN GOTTES NAHMEN GEHEN WIR AUS REGIRE O GOTT DIS GANZES HAUS DIE ELTERN MIT DEN KINDELEIN LAS DIR HERR GOTT BEFOHLEN SEIN (1725); www.nhv-ahnenforschung.de/Torbogen/Orte/Wilberg.htm (20.07.2015).
  4. Ich hab mein Sach Gott heimgestellt, / er mach’s mit mir, wie’s ihm gefällt. / Soll ich allhier noch länger leb’n, / ohn Widerstreb’n / sei’m Willen tu ich mich ergeb’n. Der von Johann Leon (1530–1597) verfasste Text wurde u. a. von Heinrich Schütz vertont: SWV 305 (1636); vgl. auch SWV 94. Siehe auch SWV 140: Gott, führ mein Sach und richte mich; nach Psalm 43.

Nachweise

  1. Voß, Fürstenhagen, S. 29.
  2. Kämmerer/Lufen, Landkreis Northeim, Südlicher Teil, S. 343 (nur Jahreszahl).

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 329 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0032904.