Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 96: Lkr. Northeim (2016)
Nr. 228 Bad Gandersheim, St. Georg 1611
Beschreibung
Epitaph für die Witwe Margarethe Bünger (1547/48–1611). Holz, bemalt. Das um den alten Rahmen zusätzlich neu gerahmte Epitaph ist angebracht an der Südseite des Kirchenschiffs. Breiter, mehrfach profilierter Rahmen, in den zwei Holztafeln eingelassen sind, jeweils von schmalen Leisten gerahmt. Oben ein Gemälde, Opferung Isaaks: Isaak kniet auf dem aus zwei Lagen Steinen bestehenden Altar, daneben brennt ein Feuer in einem Gefäß, Holzstöße stehen bereit. Abraham, römisch gekleidet mit Beinschienen und wehendem rotem Mantel, fasst mit der Linken das Haupt des Sohnes an den Haaren, in der Rechten ein erhobenes Kurzschwert. Vor einer Gott verbergenden Wolke, aus der Blitze schlagen, ein Engel, der Abraham im letzten Moment zurückhält; rechts im Hintergrund Hirten, links der in der Hecke gefangene Widder. Auf dem Altar die gemalte Inschrift A, weiß auf braunem Untergrund. Unter dem Gemälde eine zweite Tafel mit zwei gemalten (gold auf schwarzem Untergrund) Inschriften: unter Inschrift B die Gedächtnisinschrift C. Bei der Restaurierung der durch Farbabplatzungen stark beschädigten Tafel wurde Inschrift C teilweise fehlerhaft ergänzt, Inschrift B blieb lückenhaft. Die Tafeln waren zeitweise hinter der Orgel abgestellt.1)
Maße: H.: 55 cm (Gemälde), 27 cm (Inschrifttafel); B.: 62 cm; Bu.: 0,8 cm (A), 1,4 cm (B, C).
Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B, C).
- A
GENESIS : 22.2)
- B
Ob [w]oll mein [s]eh[n. sc– – –] […]ch , / Aus angst gefahr vnd [aller] no[th …. hel]fen [… d]er [ge]t[ru]ve gott3) ·
- C
Zu kintlichen ehren und seliger gedechtnisse seiner geliebten Mutter margareten / Bungers henning thonans sorgena) hintergelassen Wittwen , welche im 64 iahr / Ihres alters, Nach dem sie zwölf Jahr im ehstande , worin sie zweien / Söhne , vnd vier töchter gezeugettb) , vnd 32 Jahr im witwenstande gelebt / Den [8 ,] a[ugu]s[ti]c) anno 1611, seligleich verstorben, hat ihr Sohn heinrich thonan , / Derozend) Steinbergisch diener zu Bodenburg , dis anhero setzen lassen, etc ,
Versmaß: Deutsche Reimverse (B).
Textkritischer Apparat
- sorgen] Fehlrestauriert aus selgen.
- gezeugett] Die Oberlängen der t nicht nachgezogen.
- [8 ,] a[ugu]s[ti]] Ergänzt nach A. Kronenberg, Grabdenkmäler. Dem Befund nach ist als Ziffer auch eine S-förmig ausgeführte 5 möglich. Nach dem s ist ein unvollständiges o zu lesen; wohl fehlrestauriert.
- Derozen] fehlrestauriert aus Derozeit; derzeit A. Kronenberg, Grabdenkmäler.
Anmerkungen
- A. Kronenberg, Sankt Georg, S. 20; Ders., Grabdenkmäler, S. 11. 1964 war das Epitaph weiter östlich an der Südwand angebracht; vgl. Kronenberg, Grabmale, S. 114 (Nr. 7 auf der Grundrisszeichnung).
- Vgl. 1. Mo. 22,1–18, bes. Vers 9–12.
- Sinngemäß zu ergänzen: Aus Angst, Gefahr und aller Not kann helfen nur der getreue Gott. Vgl. das Kirchenlied: Auf meinen lieben Gott / trau ich in Angst und Noth, / Der kann mich allzeit retten / aus Trübsal, Angst und Nöthen … Wackernagel, Kirchenlied, Bd. 5, S. 433. Evangelisches Gesangbuch, Nr. 345.
- Vgl. Lehmann, Not, Angst und Pein, passim.
- Kronenberg, Häuserchronik, S. 236.
- Ebd., S. 244f. (Hennebergstr. C).
Nachweise
- Kronenberg, Grabmale, S. 115 (C).
- A. Kronenberg, Sankt Georg, S. 20 (ohne Inschriften).
- A. Kronenberg, Grabdenkmäler, S. 11 (C).
Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 228 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0022808.
Kommentar
Inschrift B greift das seit der Mitte des 16. Jahrhunderts im protestantischen Kirchenlied verbreitete Thema von Angst, Gefahr und Not auf, dessen Gegenwart sich um 1600 noch einmal steigerte.4)
Henni T(h)onan erwarb 1572 das Haus Hennebergstr. 5 (ass. Nr. 158), 1581 wird seine Witwe genannt; er starb also vermutlich 1580.5) Heinrich Thonan zahlte im Jahr 1600 Steuern von einem Haus in der Hennebergstraße, an dessen Stelle sich heute die Einmündung der Straße „Am Stadtwall“ befindet. Der Vorbesitzer war seit 1578 Paul Bünger (der Großvater oder ein Onkel); 1603 ging das Haus an Hans Kuhlen aus Dankelsheim (gest. 1625/26), den Mann von Katharina Thonan, einer Schwester des Heinrich Thonan über, der es aber erst 1607 von seiner Schwiegermutter Margarethe Bünger kaufte.6)