Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 660 Eberdingen, ev. Pfarrkirche St. Martin 1612/35

Beschreibung

Grabdenkmal für Christoph Lang und Barbara geborene Metz. Außen an der Südseite des Chores. Das Ehepaar kniet vor dem Kreuz, vor der Frau ein Töchterchen (zerstört). Die fast vollrunden Figuren sind von einer einfach gestalteten Rahmenarchitektur aus gelbem Sandstein umfangen; in der Gebälkzone Reste einer fünfzeiligen Inschrift, in zwei Blöcken auf die Figuren bezogen; als Bekrönung Medaillon mit Relief der Auferstehung Christi, vermutlich ehemals flankiert von den Wappen des Paares; die Grabschriften – wohl ehemals in der Sockelzone – fehlen, ebenso heute die Bekrönung. Sehr weit fortgeschrittene Zerstörung aller Teile.

Ergänzung des Wortlauts nach Klemm und nach alter Photographie.1

Maße: H. 202 (Teilmaß), B. 168, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Psalm · IV ·2) /Mein Gott und Herr die Heilichen [dein] / Ganz wunderlich führst aus und ein / Mich hast geführt aus Kreuz und Not / Zur ewichen Freud durch deinen [Tod] /PhilP · I · K ·3) /Christus ist mein Leben / Und sterben [ist mein] Gewinn · [Ich habe Lust abzu]scheiden / [Und bei Christo zu] sein · /Kreuz-Titulus: I · N · R · I · /

Kommentar

Das Denkmal läßt sich durch die Aufzeichnungen von A. Klemm von 1874 identifizieren, der die Grabschriften noch in reduzierter Fassung überliefert: „5. Mz 1612 Barbara Lang, geb. Metzen, ux. des Christof Lang, Hirschauischen Pflegers zu Eberdingen, 22 Jahr alt, und 12. Aug. 1635 Christof Lang, Pfleger, 56 Jahr.“ Ein Christoph Lang ist als Pfleger des Klosters Hirsau in Eberdingen und Nußdorf von 1613 bis 1627 urkundlich belegt.4 Er war seit 1622 mit Regine Maria Haug von Stuttgart verheiratet; nach seinem Tod heiratete diese 1638 den Melchior Portner (d. Ä.), Kastenpfleger zu Stuttgart. Eine Unstimmigkeit besteht zwischen Klemms Lesung des Sterbedatums der Barbara als 1612 und Langs Dienstantritt 1613.

Das Denkmal läßt sich dem Spätwerk der Jeremias-Schwarz-Werkstatt (Werkstatt Leonberg II) in Leonberg zuordnen, wobei auffällig ist, daß die übliche Stellung von Mann und Frau hier vertauscht wurde. Eine Fuge, die rechts von der Mittelachse und vom Kreuzstamm durch das Denkmal hindurchläuft, zeigt, daß Architrav, Gebälkzone und der Mittelteil mit den Figuren jeweils aus zwei Stücken zusammengesetzt sind. Möglicherweise entstand die linke Hälfte bereits nach dem Tod der Frau um 16135 und wurde später rechts erweitert, um die Figur des Mannes aufnehmen zu können. Die Beziehung zur Schwarz-Werkstatt ergibt sich nicht nur aus Langs Kenntnis der Denkmäler für die Reischach in Eberdingen und Nußdorf, sondern auch durch seine Herkunft als Schorndorfer Bürgermeistersohn. Gerade in Schorndorf hatte Schwarz 1613 den Typus des Grabmals mit lebensgroßen, fast vollrunden Figuren, der überwiegend für den Adel reserviert war, konsequent auch für Angehörige der städtischen Ehrbarkeit verwendet.6

Die Schrift ist eine Fraktur mit weitem Zeilenabstand und einer trockenen, schmucklosen Ausbildung; die Angabe der Bibelstellen in humanistischer Minuskel.

Anmerkungen

  1. Undatierte, vermutlich vor dem 2. Weltkrieg entstandene Aufnahme im Besitz des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg.
  2. Gereimter Vierzeiler nach Ps. 4, 4.
  3. Phil. 1, 21 und 1, 23.
  4. Pfeilsticker 1910, 3404.
  5. Eine Vorstellung von diesem Zustand vermittelt etwa nr. 508; nachträgliche Erweiterungen eines Denkmals auch bei nrr. 428, 466, 507.
  6. Vgl. das von Schwarz signierte Denkmal für den Leonberger Obervogt Burkhard Stickel (gest. 1613) und seine Frau Margarethe Bihler; KdmBaden-Württemberg: Rems-Murr-Kreis II 926 und Abb. 702. – Vgl. dazu auch Einleitung S. XXXIX.

Nachweise

  1. Klemm, Grabschriften 1874, nr. 10, S. 38.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 660 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0066009.