Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 444 Markgröningen, ev. Stadtkirche St. Bartholomäus 1593

Beschreibung

Ausmalung des Chores in nachreformatorischer Zeit durch den Markgröninger Maler Hans Jerg Herzog. Erhalten ist die Malerei in den drei Jochen der Nordwand (von Ost ausgehend I, II, III) und an der Westwand über dem Chorbogen (IV). Bei der Renovierung 1954/1956 aufgedeckt. Einheitliches Programm in Gestalt von großformatigen Inschriftkartuschen aus Roll- und Beschlagwerk, die durch Blumengebinde, Fruchtschnüre und flatternde Bänder bereichert sind. Unter den Kartuschen Wappen, die sich wohl auf einzelne Stifter der betreffenden Kartuschen beziehen.1 Schrift vom Restaurator übergangen, schwarz auf weißem Grund, einzelne Versalien rot, ebenso die Herkunftsangaben der Bibelstellen; Texte Fraktur, Bibel-Verweise Kapitalis mit überhöhten Versalien.

I. Kartusche mit querrechteckigem Feld unterhalb der Gewölbeanfänger, das Wandfeld in ganzer Breite füllend; seitlich flankierende Figuren, die nicht näher bestimmbar sind.

Maße: H. ca. 150, B. 355, Bu. ca. 10 cm.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. Er hat vns Zurissen, er wurd vns auch hailen er hat uns / geschlagen, er wurd vns Auch verbinden er macht vns / lebendig nach zween tagen, er wurd vns am Dritten tag / auff Richten, das wier für im leben werden · HOS · 6 ·2) / Christus ist umb vnser Sund willen dahin Geben, vnd / vmb vnser gerechtigkait willen auferstanden. ROM : 4 ·3) Wie wier in adam alle Sterben also werden wier / in Christo alle leben. I CORINTH 15 ·4) /

Wappen:
unkenntlich

II. Kartusche mit querovalem Feld in Höhe der Gewölbeanfänger (A), darunter Medaillon mit Wappen als Verbindung zu einer großen Rahmen-Kartusche mit leerem, ehemals ausgemaltem Feld darunter; oben und unten Inschriftstreifen (B, C), in den Rahmen einbezogen. Die Dekoration füllt das Wandfeld bis zum Chorgestühl herunter aus.

Maße: B. ca. 370 cm.

  1. A

    Mein Flaisch wurd Ruhe in der hofnung, du wurst nit zu / Geben das dein hailiger die verwesung Sehe · PSALM · 6 · ACTO · 2 ·5) / Ich wil sie erlösen auß Der hel vnd vom tod erretten Tod ich wil dier ein gift / sein, hel ich wil Dier ein pestilentz sein :· HOS · 13 ·6) / Wie ionaß war drey tag vnd drey nacht in Deß walfisch bauch, also wurd des / menschen Son drey nacht mitten in der erden sein · ION · 2 · MAT : 12 ·7) / Sein ruhe wurd ehr sein, ESAI · XI ·8) / Er ist begraben wie Die gottlosen, ESAI · 53 ·9) /

 
Wappen:
ungedeutet (wachsender Mannrumpf mit Zipfelmütze, in der Linken nicht erkennbarer Gegenstand; Helmzier wie Schildbild)

  1. B

    Warlich warlich Sag ich euch, es sey Dan das das weitzen körnlin in die / erden falle vnd sterbe, so Bleibt es Allain, wo es aber erstirbt so bringt es vil / Frucht · IOAN · 12 ·10) /

  2. C

    Christus hat Durch Sein tod die macht genommen Dem der des tods gewalt hat / das ist Dem teuffel, vnd erlöset, Die so durch furcht des tods im Gansen / leben knecht Sein musten · HEBR · 2 ·11) /

III. Kartusche mit querrechteckigem Feld in Höhe der Gewölbeanfänger.

  1. Furwar er trug Vnser kranckhait vnd lud auf sich vnser Schmertzen / er ist vmb vnser missethat willen verwundet vnd vmb vnser sunde willen / Zerschlagen Die straff ligt auff ihm, auff das wier Fride haben, vnd durch / seine wunden sein wier gehailet, wir giengen alle irre wie die Schaffe ein ieder / Sahe auff seinem weg, aber der herr warff unser aller sundtt auff ihn, ESA · 5512) / Christus hat vns erlöset von dem buch des gesetzes da er ward ein fluch fur vnß (dan / es sthet geschriben DEVT · 21 ·13) verflucht sey iederman der am holtz hangt) auff das / Der segen Abraha vnder die Hayden käme in Christo Jesu , · GALAT · 3 ·14) /

IV. Kartusche mit querrechteckigem Feld, darüber großes Wappenschild; an der Kartusche unten Jahreszahl und auf dem Rahmen teiltes Monogramm, darunter zwei kleine Wappen.

  1. Denn Die weißheit Gottes ist gross / Vnnd er ist mechtig vnnd Sihet alles, / Vnnd seine augen sehen auff die, so in förch: ten vnd er weiß wol, was recht gethan, oder / heucheley ist · Er heisßt niemannd Gottloß / sein, vnd erlaubet niemand zu Sundigen ·/15)

   
Wappen:
Ungedeutet (schreitender Mann nach links, in den ausgebreiteten Händen nicht erkennbare Gegenstände haltend; vor dem Unterkörper Spruchband mit den Buchstaben W Z?)
Ungedeutet (geteilt durch Querbalken, darauf schattenhafter Gegenstand); Vimpelin? (Löwe, steigend, mit Aststab)

  1. Signatur: M · I · 1593 H · P ·

Diese Signatur läßt sich auflösen: M(eister) J(erg) H(erzog) P(inxit). Denn ein Maler namens Hans Jerg Herzog, Bürger zu Markgröningen, ist in Beihingen nachweisbar als der Meister der 1596 datierten Ausmalung des Chores.16 Vergleicht man diese mit den hier behandelten Inschrift-Kartuschen, so erscheint sehr plausibel, daß beide Zyklen von Herzogs Hand sind. Die Komposition der Kartuschen, die Verwendung pflanzlichen Schmuckes und nicht zuletzt die Ausführung der Schrift sprechen für den gleichen Meister, auch wenn in Markgröningen keine figürlichen Darstellungen erhalten sind. Ein großes Wandbild befand sich zweifellos zwischen IIB und IIC, wobei offen bleibt, ob es sich hier um ein mittelalterliches Bild handelte17 oder um eine Neuschöpfung.

Anmerkungen

  1. So ist durch Andreae überliefert, daß der vielteilige Wandgemäldezyklus der Vaihinger Stadtkirche von einer Anzahl Vaihinger Bürger gestiftet wurde; vgl. Andreae, Memorialia 253 und nr. 565.
  2. Hos. 6, 1–2.
  3. Röm. 4, 25.
  4. Nach 1. Kor. 15, 22.
  5. Apg. 2, 26–27.
  6. Hos. 13, 14.
  7. Jona 2, 1; Mt. 12, 40.
  8. Jes. 11, 10.
  9. Jes. 53, 9.
  10. Joh. 12, 24.
  11. Heb. 2, 14–15.
  12. Jes. 53, 4–6.
  13. 5. Mose 21, 22.
  14. Gal. 3, 13–14.
  15. Sir. 15, 18–21.
  16. Vgl. nr. 465.
  17. M. Otto vertritt die Auffassung, daß hier ein mittelalterliches Bild beibehalten worden ist; vgl. Otto, in: LudwigsburgerGbll. 16 (1964) 34.

Nachweise

  1. M. Otto, in: LudwigsburgerGbll. 16 (1964) 33–36 (mit 1 Abb.).
  2. Fleischhauer, Renaissance 1971, 171.
  3. Lieske, Protestantische Frömmigkeit 1973, 71ff.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 444 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0044405.