Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 93 Kirchbrak, St. Michaelis 1581

Beschreibung

Epitaph für Elisabeth von Helversen, Ehefrau des Heinrich von Grone. Roter Sandstein, grau übermalt, im Chor links angebracht. Im Zentrum des Epitaphs ist die Verstorbene vor Christus am Kreuz kniend dargestellt. Über ihr die erhaben gehauene Inschrift A, am Kreuz der eingehauene Titulus B. Die zentrale Szene in einer durch zwei Säulen begrenzten Nische, die durch zwei weitere Pilaster gerahmt ist. An der Basis sowie am oberen Gesims der Pilaster sind je zwei Wappen angebracht. Zwischen den beiden oberen Wappen in der Giebelzone eine Rollwerkkartusche mit der Inschrift C, erhaben in vertieftem Feld. Unterhalb der Darstellung der Verstorbenen in der Sockelzone eine Rollwerkkartusche mit der Inschrift D, erhaben in vertieftem Feld.

Maße: H.: 220 cm; B.: 90 cm; Bu.: 2,6 cm (A), 1,2 cm (B), 1,5–3 cm (C), 2,8 cm (D).

Schriftart(en): Fraktur (A, C, D), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/4]

  1. A

    O · here · de · du · Bist / ware · minske · vnd / God · du · Bist · io · min / Erloser · vnd · Salich/maker

  2. B

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)1)

  3. C

    Erkennet · Doch · Dasz / Der · her · Seine · hillige(n) / wunderlich · Furet / Psal · 42) / Der · here · Dodet · vnd / macht · leBendig · Furet / in · de · helle · vnd · wed/der · heraus · 1 · Sam · 23)

  4. D

    Die Eddele · Erbare · v(n)d · vieltuge(n)triche / Frawe · Elisabeth · geborne · van · heluerse(n) / henrich · von · Gron · des · Elter(n) · Ehelike · ha/usfraw · ist · im · here(n) · Selig · Entslaffe(n) vnd / Von · Diesem · Elendesthal · Den xx · tag / Augusti · nach dem · Sie · vast · vij Jaer · ein Schueresa) · Leger · gehat · abgescheden / Jhres · Alters · im · xl · iare · Jhres · Ehesta(n)/des · im · xiiii · Jare · der · Sele(n) · Godt · Gne/dig · Si Rawet · hir · im · frede · anno · M · d · L xxxib) ·

Übersetzung:

O Herr, der du bist wahrer Mensch und Gott, du bist zu aller Zeit mein Erlöser und Heiland. (A)

Erkennt doch, daß der Herr seine Heiligen wunderbar führt. Psal. 4. (C)

Der Herr tötet und macht lebendig, (er) führt in die Hölle und wieder hinaus. 1. Sam. 2. (C)

Wappen:
Hohnhorst4)Bock von Northolz6)
Grone5)Helversen7)

Kommentar

Die Buchstaben der Fraktur sind unregelmäßig ausgeführt, auch hält der Steinmetz die Zeilen nicht immer ein; die Buchstaben des Mittellängenbereichs sind weit in den Oberlängenbereich ausgezogen, so daß insgesamt ein unruhiges Schriftbild entsteht. Schwellzüge an den Bögen des h, einmal – beim ersten von in (D) – auch am linken Bogen des o sowie am rechten Schaft des w sind zumeist eingekerbt; am k ist der obere Schrägbalken zum Quadrangel reduziert und das obere Schaftende, wie beim h und, seltener, beim t, nach rechts gebogen. Das runde, gebrochene d läuft oben in einen Linksschrägschaft aus, dessen Form sich in den Anstrichen an den linken Schäften von v und w wiederholt. Der Schaft des l läuft bei leBendig (C) wie bei dem Majuskel-L der Jahreszahl in (D) oben in einer Schlinge aus, beim t setzt der Balken rechts vom Schaft an. Das x besteht aus einem senkrechten Schaft mit Mittelbalken; der Rechtsschrägschaft ist oben rechts zum Quadrangel reduziert, unten links zu einem Zierstrich oder Zierbogen.

Bemerkenswert ist, daß neben der weitgehend niederdeutschen Inschrift A sich im überwiegend hochdeutschen Bibelzitat C und der Grabschrift (D) einzelne niederdeutschen Formen wie hillige(n), Dodet (C) sowie ehelike, abgescheden und frede (D) finden.

Die Wappen sind ungewöhnlich verteilt. Unten links (heraldisch rechts) findet sich das Wappen des Ehemannes Heinrich von Grone (1512–1617), unten rechts (heraldisch links) das der Verstorbenen Elisabeth von Helversen (1541/42–1581). Das Wappen oben links ist als das seiner Mutter (von Hohnhorst) und das oben rechts als das ihrer Mutter (Anna Bock von Northolz, verheiratet mit dem aus Hameln stammenden Oberst Plato von Helversen?) zu identifizieren.8) Neben dem Epitaph befindet sich das Grabmal für Heinrich von Grone, vgl. Nr. 204.

Die Familie von Helversen, ursprünglich Burgmannen in Uslar, verfügte über Besitz in Uslar, Verliehausen, Meinbrexen und Diedersen;9) in der Mitte und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stellte sie hohe Beamte und Offiziere, darunter den Kriegsobersten Plato von Helversen (gest. 1575).10)

Textkritischer Apparat

  1. Schueres] Befund: u mit Kürzungsstrich, der offenbar anzeigen sollte, daß der Steinmetz ein w hauen wollte.
  2. L xxxi] Auf dem Rand der Kartusche.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Ps. 4,4.
  3. 1. Sm. 2,6.
  4. Wappen Hohnhorst (drei Rosen an schräggelegtem Zweig). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 6 u. Tafel 4.
  5. Wappen Grone (aufgerichtete gerautete Wecke). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 5 u. Tafel 3.
  6. Wappen Bock von Northolz (zwei Steinböcke). Vgl. Siebmacher, Wappenbuch 1605, S. 205 (Tafel 185).
  7. Wappen Helversen (Turnierhelm mit fünf Fähnlein besteckt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 4, Abt. 9, S. 62f. u. Tafel 43.
  8. Auch auf der Grabplatte für Heinrich von Grone erscheint Hohnhorst als mütterliches Wappen; vgl. Nr. 204. Die Angaben bei Behrens beruhen vermutlich auf den dort angebrachten Wappen; vgl. Behrens, Grone, Stammtafel I. In Hameln befand sich ein heute zerstörtes Epitaph, das der Familie von Helversen zugeschrieben wird; vgl. DI 28 (Stadt Hameln), Nr. 171.
  9. Vgl. HStAH Cal. Br. 14, 421 (Lehnsverzeichnis von 1589). Zu Diedersen vgl. Burchard, Bevölkerung, S. 107, Anm. 2.
  10. Vgl. Samse, Zentralverwaltung, S. 28 u. 254. Akten des RKG, Nr. 1242.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 309f.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 93 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0009305.