Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 60 Breitenkamp, Auf dem Schnippkopf 1557, 1821

Beschreibung

Grenzstein (Schnatstein), sog. Erichstein, auf der Kuppe des Schnippkopfes auf 437 Meter Höhe oberhalb von Breitenkamp neben dem Grenzstein Nr. 80 aus dem 19. Jahrhundert.1) Der Stein in nach oben etwas verjüngter, vierseitiger Pfeilerform, an jeder Seite mit eingehauenen Buchstaben oder Zeichen. Auf der Längsseite nach Westen die Inschrift A in einem Herzschild, darunter ein Andreaskreuz. Auf der Gegenseite nach Osten unten eine liegende Wolfsangel ohne Querbalken, die weiter oben senkrecht gestellt wiederholt wird. Auf der Schmalseite nach Norden Inschrift B, darunter eine senkrecht gestellte, wegen der Verkürzung Z-förmige Wolfsangel; rechts darunter ein weiterer Buchstabe, der erste Teil von Inschrift D. Auf der Schmalseite nach Süden Inschrift C, die das mit B identische Monogramm enthält, darunter eine verkürzte, liegende Wolfsangel, die einem retrograden N ähnelt; darunter, etwas nach links versetzt, ein weiterer Buchstabe, der zweite Teil von Inschrift D. Inschrift D stellt eine Markierung von Forstgrenzen aus dem Jahr 1821 dar, wie eine Reihe weiterer Steine auf dem Voglerkamm und unterhalb am Weg nach Breitenkamp zeigen; vgl. den Kommentar. Auf der Oberseite moderne Graffiti.

Maße: H.: 100–120 cm (über der Erde); B.: 42 cm (unten), 30 cm (oben); T.: 33 cm; Bu.: 4,5 cm (A), 11 cm (B, C), 9,5 (B) u. 7,5 (W) cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    HEa)

  2. B

    HHb)

  3. C

    HHb)

  4. D

    B / W

Übersetzung:

H(erzog) E(rich). (A)

H(erzog) H(einrich) oder H(erzog) I(ulius). (B)

H(erzog) H(einrich) oder H(erzog) I(ulius). (C)

B(oden) W(erder). (D)

Kommentar

Nachdem die Herzöge Heinrich d. J. und Erich II. am 6. September 1556 in Gandersheim eine Festlegung der Grenzen zwischen ihren Fürstentümern Calenberg und Wolfenbüttel vereinbart hatten, nahmen verschiedene Kommissionen die Arbeit daran auf. Die Setzung des vorliegenden Steines geht auf eine am 26. September 1556 in Rühle abgeschlossene weitere Vereinbarung zurück, mit dem zur Beseitigung vielfältiger Streitigkeiten die Festlegung der Grenze zwischen der Stadt Bodenwerder (Calenberg) und dem Amt Wickensen verabredet wurde;2) vgl. auch Nr. 58 u. 59. Der am 30. Oktober 1557 nach langwierigen Verhandlungen – an denen auf Wolfenbütteler Seite u. a. Johann von Bevern (vgl. Nr. 69) teilnahm – geschlossene Vertrag wegen der Grenze zwischen dem Amt Forst und der Stadt Bodenwerder bestimmte, daß die Schnede mit Marcksteinen v(nd) Mahl Bäumen besehn werden soll; diese sollen mit einem Creutz vf der Einen Seiten, vf der andern mit Mit einer Wulffeßangel, bezeichnet werden. Die Marcksteine sollten zusätzlich auf der nach Bodenwerder zeigenden Seite mit Hertzog Erichs Wapen bezeichnet werden.3)

Inschrift A zeigt dementsprechend das Monogramm Herzog Erichs II. von Calenberg-Göttingen (reg. 1540–1584), die Gegenseite die Wolfsangel. Aufgrund der Inschrift A wird der Stein vielfach auch „Erichstein“ genannt. Inschrift B (und C) könnte das Monogramm Herzog Heinrichs d. J. (reg. 1514–1568) sein, von dessen Anbringung im Vertrag allerdings nicht die Rede ist. Möglicherweise handelt es sich aber auch um das nachträglich angebrachte Monogramm des Herzogs Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (reg. 1568–1589);4) vgl. auch Nr. 97. Die Wolfsangel ist möglicherweise später noch einmal angebracht worden; daher die Verdoppelung.

Entlang des Voglerkamms findet sich eine Reihe von Grenzsteinen, die auf der einen Seite die der Inschrift D auch in der Form entsprechenden Buchstaben B und W und die Jahreszahl 1821 zeigen, auf der anderen Seiten einen Haken, der aus dem Wappen der Familie (von) Hake abgeleitet ist.5) Sie markieren die Forstgrenze zwischen B(oden)W(erder) und dem Buchhagener Forst der Hakes. Solche Steine finden sich etwa in nördlicher Richtung hinter dem etwa 125 m entfernten Stein Nr. 61 (mit der neueren Nummer 79); diese tragen die laufenden Nummern 77 u. 76.

Textkritischer Apparat

  1. Steinacker hat den oberen Rand des Herzschildes als Bogen über den Buchstaben mißverstanden; vgl. Kdm.
  2. HH] Es ist nicht zu entscheiden, ob eine Ligatur aus H und H vorliegt oder zwei durch einen Balken verbundene Einzelbuchstaben H und I. HH: Rein. HI: Kdm. Brackebusch sieht eine Verbindung von I und H. Vgl. Kommentar und Anm. 4.

Anmerkungen

  1. Dieser Stein zeigt nach Westen die Buchstraben K H für Königreich Hannover, nach Osten H B für Herzogtum Braunschweig. Vgl. Rein, Grenzsteine, S. 24.
  2. Vgl. HStAH Cal. Or, 32, Nr. 4 (zit. nach Findbuch). Allgemein Schnath, Herrschaften, S. 38.
  3. Vgl. HStAH Cal. Or. 32, Nr. 4; Cal. Or. 31, Nr. 70 (zit. nach Findbuch). StAW 19 Alt Nr. 44, S. 57–61 (Abschrift von 1646). Vgl. Rose, Chronik, S. 87f.
  4. Vgl. Rohr, Initialen, S. 18–20; auch S. 78 (Nr. 214) u. 131 (Nr. 123). So bereits auch Brackebusch, Grenz- und Denksteine, S. 63. Laut Steinacker steht das Monogramm für Herzog Julius und seine Frau Hedwig von Brandenburg; Kdm. Kr. Holzminden, S. 243. Das (gekrönte) Monogramm HI (mit einem Balken zwischen H und I ) findet sich auf einer 1571 für Wolfenbüttel gegossenen Taufe; vgl. Kdm. Stadt Wolfenbüttel, S. 58.
  5. Vgl. Rein, Grenzsteine, S. 3–14 u. 16.

Nachweise

  1. Brackebusch, Grenz- und Denksteine, S. 62f.
  2. Kdm. Kr. Holzminden, S. 243.
  3. Rein, Grenzsteine, S. 21–23.
  4. TAH vom 13. April 1982.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 60 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0006000.