Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 273 Amelungsborn, Klosterkirche 17. Jh.

Beschreibung

Grabplatte für Abt Andreas Steinhauer. Grauer Sandstein. Heute an der Ostseite des nördlichen Seitenschiffs aufgestellt. Die Platte lag 1757 an der Ostseite des Schiffes, etwa 14 Fuß über dem Tauforte zwischen den Kirchenstühlen der Frauen.1) Am Anfang des 20. Jahrhunderts stand sie wahrscheinlich unter der Kanzel, später lag sie bis 1965 im Klostergarten.2) Der schlichte Stein ist mit einer zentriert eingehauenen Inschrift in ungleich langen Zeilen versehen, die etwas mehr als die obere Hälfte der Platte einnimmt. Der Name des Verstorbenen ist durch größere Buchstaben und die Verwendung von Versalien hervorgehoben. Im unteren Teil und am rechten Rand ist die Steinoberfläche abgeplatzt, dadurch Buchstabenverlust am Ende der ersten und in der letzten Zeile. Als Interpunktionszeichen stehen Kommata. Im unteren Drittel der Platte ist ein kleines griechisches Kreuz zu erkennen.

Maße: H.: 194 cm; B.: 136 cm; Bu.: 4,8 cm–6,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (Vorname u. Name) u. Minuskel-a.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. B(ENEVOLE) L(ECTOR) / OSSa / QUAE HIC TEGIT CIPPU[S] / SUNT / ANDREAE STEINHOW[ERI] / PLURa SI DESIDERAS, / ACCEDE AD [EIUS] MONIMENTUM / HIC QUONDaM POSITUM / NUN[C E] REGIONE ERECTUM, / HO[C] [– –]a) [S]aTIS FaCIET TUO

Übersetzung:

Geneigter Leser, die Gebeine, die dieser Grabstein bedeckt, sind diejenigen des Andreas Steinhauer. Wenn du mehr (zu wissen) begehrst, tritt an sein Denkmal heran, das einst hier aufgestellt war, nun auf der gegenüberliegenden Seite aufgerichtet ist. Dies wird deinen (Wunsch?) befriedigen.

Versmaß: Zwei Hexameter (PLURa ... ERECTUM).

Kommentar

Die Kapitalis zeigt als auffälligstes Merkmal die mehrfache Verwendung eines einstöckigen Minuskel-a neben dem kapitalen A mit kurzem Deckstrich; bei ANDREAE weist der Versal eine eingerollte Zierlinie als Anschwung auf. Die Cauda des G schließt mit einem kurzen Querbalken an das hochgezogene untere Bogenende an; das I hat einen Punkt, die U sind rund, der Mittelteil des M endet über der Mittellinie, der Bogen und die Cauda des R schließen nicht an den Schaft an; die S sind, im Gegensatz zu den übrigen Buchstaben, leicht nach rechts geneigt.

Für die zentrierte Anordnung der Inschrift lassen sich in Braunschweig und Helmstedt die ersten Parallelbeispiele ab etwa 1650 finden; in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist dieser Inschriftentyp häufig belegt.3) Zu vermuten ist eine Erneuerung des Gedenkens an den bedeutenden Abt Andreas Steinhauer nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges in Amelungsborn. Mit dem in der Inschrift genannten MONIMENTUM ist die ursprüngliche Grabplatte für den Abt gemeint, die von der vorliegenden ersetzt und als Epitaph aufgestellt wurde. Sie enthält detaillierte Angaben zur Biographie des Verstorbenen; vgl. Nr. 101. Wenn es nicht bereits verloren war, wurde in diesem Zusammenhang möglicherweise ein älteres für Andreas Steinhauer gesetztes Epitaph, das Letzner überliefert, zerstört; vgl. Nr. 102.

Textkritischer Apparat

  1. Platz für ein langes (DESIDERIO?) oder zwei kürzere Wörter.

Anmerkungen

  1. Vgl. Braunschweigische Anzeigen 1757, Sp. 1476.
  2. Ein Photo aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg zeigt die Platte unterhalb der Kanzel. Für Auskünfte zu den Standorten der Platte danken wir Ulrich Marx, Amelungsborn. Mahrenholz zufolge ist die Platte Anfang der 1960er Jahre „unter altem Bauschutt“ wiederaufgefunden worden; ders., Abtsliste II, S. 122, Anm. 122a.
  3. Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 1059 (1656) mit Abb. 98; Nr. 1177 (1671) mit Abb. 116. DI 61 (Stadt Helmstedt), Nr. 210 (1663) mit Abb. 73; Nr. 230 (1668) mit Abb. 75; Nr. 271 (1680) mit Abb. 78; Nr. 295 (1685) mit Abb. 109; Nr. 397 (1704) mit Abb. 109 u. a.

Nachweise

  1. Braunschweigische Anzeigen 1757, Sp. 1476 (nur Anfang).
  2. Kdm. Kr. Holzminden, S. 141f.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 273 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0027307.