Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 259 Meinbrexen, St. Johannis 1647 od. 1648

Beschreibung

Grabplatte für Johann von Falkenberg. Roter Sandstein. Die Grabplatte ist links neben dem Altar an der Ostwand angebracht. Auf der hochrechteckigen Platte die Inschrift A umlaufend, erhaben in vertiefter Zeile. Die Inschrift beginnt an der linken unteren Ecke des Steins; sie ist im unteren Drittel der Platte stark abgetreten. Im Innenfeld vier Vollwappen. Zwischen den beiden oberen Wappen die Inschrift B, erhaben in vertieftem Feld; zwischen den vier Wappen die Inschrift C, erhaben in vertiefter Zeile. Alle Inschriften sind weiß gefaßt.

Maße: H.: 181 cm; B.: 91 cm; Bu.: 6 cm (A), 5 cm (B), 4,7 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. A

    SUB HOC MONUMENTO QVIES–CITa) VIR NOBILIS AC STRENU(US) / IOHANb) DE FALKENBERG: HAERE/DITARIUSc) IN HARSTEL Q(UI) NAT(US) AN(N)O 1586 · ET MOR[TUU]S A(NN)O 16[..] / [AE]TATIS SUAE 6[2] ANNOS

  2. B

    SYMB(OLUM)1) / D(EUS) E(ST) U(NIVERSI) I(MPERATOR) S(OTER)

  3. C

    12d) TIMOTH: 4 / ICH HAREe) EINE(N) GVTEN / KAMPF GEKEMPFET ICH HAB / DEN LAUF VOLLENDET ICH HABE / GLAUBEN GEHALTEN HINFORT/ IST MIR BEIGELEGT DIE KRONE / DER GERECHTIGKEIT, WELCHE/ MIR DER HERR DER GERECHTE / RICHTER GEBEN WIRD NICHT / MIR ABER ALLEIN SONDERN AUCH / ALLEN DIE SEINE ERSCHEINUNGf)/ LIEBHABEN2)

Übersetzung:

Unter diesem Grabmal ruht der edle und gestrenge Herr Johann von Falkenberg, Erbherr in Herstelle, der im Jahr 1586 geboren und im Jahr 16.. gestorben (ist), im 62. Lebensjahr (oder: im Alter von 62 Jahren). (A)

Wahlspruch: Gott ist der Welt Herrscher (und) Erretter. (B)

Wappen:
Falkenberg3)Spiegel4)
Spiegel4)Cramm5)

Kommentar

V erscheint nur selten in vokalischer Position: GVTEN in Inschrift C und QVIES-CIT in Inschrift A. Aus diesem Grund wurden alle Kürzungen in Inschrift A mit U aufgelöst. Das eckige U kommt in zweierlei Ausführung vor; teils enden Balken und rechter Schaft an derselben Stelle (HAEREDITARIUS), teils endet der Balken rechts höher, etwa im unteren Drittel des rechten Schafts (LAUF, SUAE). In DE findet sich ein epsilonförmiges E, das schmale, kapitale G weist eine senkrechte Cauda auf. In Inschrift C stehen die Wörter sehr eng, nur in den Zeilen 2 und 3 mit erkennbaren Wortzwischenräumen; beim Zusammentreffen von D und E wird daher der Schaft des E dem Bogen des D in der Form angepaßt. Der Steinmetz, der offenbar Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der Vorlage hatte, wie die teilweise ungeschickte Verteilung der Buchstaben und Wörter oder die Ausführung der Lilien auf dem von Crammschen Wappen zeigen, hat sich möglicherweise an der Gestalt der Kapitalis auf der Grabplatte für Elisabeth von Amelunxen in Meinbrexen orientiert; vgl. Nr. 235.

Johann von Falkenberg (1586–1647/48), der das heimatliche Stift Paderborn der Religion wegen, zur Schonung seines Gewissens verlassen hatte, war von 1628 bis nach 1633 Drost und Pfandinhaber des Amtes Greene.6) Die Altersangabe in Inschrift A erfolgt mit der Formel, die auf Gemälden seit dem 16. Jahrhundert häufig zu finden ist. Es bleibt unentschieden, ob er im Alter von 62 oder im 62. Lebensjahr gestorben ist; daher kommen 1647 und 1648 als Todesjahr in Betracht. Die aus Hessen stammenden Falkenbergs hatten Besitzungen in dem zum Fürstbistum Paderborn gehörenden Herstelle (Harstel ) und besaßen einen Adelshof in Höxter, aber auch Ländereien bei Holzminden.7) Die Gründe, deretwegen Johann von Falkenberg das Stift Paderborn verlassen hatte, dürften auch seine Beisetzung Meinbrexen bestimmt haben; vom Adel beanspruchte Rechte auf Konfessionsfreiheit waren am Ende des Dreißigjährigen Krieges auch bei Beerdigungen offenbar nicht mehr durchzusetzen. Die Kirche in Meinbrexen besaß noch Anfang des 20. Jahrhunderts ein von der Familie von Falkenberg gestiftetes Kapital.8)

Die Mutter des Verstorbenen war Apollonia von Spiegel, Tochter des Schöneberg von Spiegel zum Desenberg (gest. 1583) und der Margaretha von Spiegel, die vor 1580 Christoph von Falkenberg (gest. 1590) geheiratet hatte, dessen Vater Johann (oder Wedekind?) von Falkenberg mit Margarethe von Cramm verheiratet war.9) Die Positionen der großmütterlichen Wappen dürfte demzufolge vertauscht sein.10) In der Kirche befindet sich auch eine Grabplatte für den 1631 jung verstorbenen Georg von Spiegel; vgl. 234.

Textkritischer Apparat

  1. QVIES–CIT] Querstrich offenbar nachträglich eingehauen, um einen außergewöhnlich breiten Zwischenraum, den der Steinmetz gelassen hatte, zu schließen.
  2. IOHAN] I nicht farbig hervorgehoben.
  3. HAERE/DITARIUS] Das T kleiner auf dem Rahmen; offenbar vom Steinmetzen vergessen.
  4. 12] Der Schaft vor der 2 ist offenkundig verhauen, da es nur 2 TIMOTH: heißen kann.
  5. HARE] Fehlerhaft für HABE.
  6. ERSCHEINUNG] Das G klein und hochgestellt im Rahmen.

Anmerkungen

  1. Zur Einleitung eines Wahlspruchs mit SYMB(OLUM) vgl. auch Nr. 183 (D).
  2. 2 Ti. 4,7–8. In Vers 8 fallen zwischen der Herr und der gerechte Richter die Worte an jenem Tage aus dem Text der Luther-Bibel (Ausgabe von 1545) aus.
  3. Wappen Falkenberg (zwei auswärts gekehrte, aufrechte Schlüssel). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 126 u. Tafel 170.
  4. Wappen Spiegel (drei runde Spiegel 2:1). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 119; Bd. 2, Tafel 301.
  5. Wappen Cramm (drei Lilien 2:1). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 35 u. Tafel 86.
  6. Vgl. StAW 2 Alt, Nr. 4852, bes. Bl. 39 (Zitat) bis 42 (20. Jan. 1630); 4 Alt 1, Nr. 2400 (1633). Der evangelische Stiftsadel hatte aufgrund der Rekatholisierungsbemühungen des Fürstbischofs Dietrich von Fürstenberg in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts den Zugang zu Ämtern und das Recht, evangelische Geistliche in seinen Patronatspfarreien einzusetzen, verloren und bewahrte nur die persönliche Bekenntnisfreiheit; vgl. Gillner, Stiftsadel, bes. S. 119–121.
  7. Zu Herstelle vgl. Ersch/Gruber, Art. Herstelle, S. 206. Rorig, 650 Jahre Lauenförde, S. 44. Zu den Besitzungen in Höxter und Holzminden vgl. Kieckbusch, Bürgerleben, S. 26, 100 u. 344. Sagebiel, Kanzlerhof, passim.
  8. Kdm. Kr. Holzminden, S. 89. In dem ab 1639 geführten Kirchenbuch von Meinbrexen findet sich kein Eintrag zu Johann von Falkenberg.
  9. Vgl. Spiegel, Geschichte der Spiegel, S. 316, mit S. 308 u. 253. Zedlitz-Neukirch, Adels-Lexicon, Bd. 2, S. 154. Rorig, 650 Jahre Lauenförde, S. 28 u. 43. Sagebiel, Kanzlerhof, S. 3; Sagebiel nennt als Todesjahr des Christoph von Falkenberg 1591, dessen Vater heißt bei ihm Wedekind, sonst aber Johann. Die Grabplatte für den Hildesheimer Domherrn Ludolf von Falkenberg (1556–1622) zeigt als mütterliches Wappen das der Familie von Cramm; vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 656.
  10. In der Familiengeschichte der Spiegel gibt es keinen Hinweis auf eine Eheverbindung Spiegel/Cramm im 16. Jahrhundert; vgl. Spiegel, Geschichte der Spiegel, s. v. Cramm.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 89f. (ohne Inschrift).
  2. Rorig, 650 Jahre Lauenförde, S. 43f. (nur A, unvollständig).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 259 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0025904.