Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 218 Halle, St. Petri 1623

Beschreibung

Grabplatte für Tilemann Lensen. Grauer Sandstein. Die Grabplatte ist an der Wand des Turmuntergeschosses angebracht. Um die hochrechteckige Platte verläuft auf der Rahmenleiste die Inschrift A, die unter dem Ende der letzten Zeile in wesentlich kleineren Buchstaben fortgesetzt wird. Im Innenfeld ein Relief, das den Verstorbenen im Ornat mit einem hohen Hut in einer spitzbogigen Nische stehend zeigt, in seiner Rechten Handschuhe. In den Bogenzwickeln zwei durch die Beischriften B bezeichnete Vollwappen. Alle Inschriften sind erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt.

Maße: H.: 190 cm; B.: 88 cm; Bu.: 4,5 u. 1,3 cm (A), 3,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. A

    A(NN)O DOM(INI) · MDCXXIII XVI SEPTEMBRISa) / HORA · IV · VESPERTINA [REV]ERENDVSb) ET DOCTISSIMVS DOMINVS TILE/MANNVS LENSIVS ECCLESIAE / HALLENSIS PASTOR ET S(VPERINTENDEN)S · EX HOC IMMVNDO MVNDO1) DISCEDEBAT ·// AETATIS SVAE LIII

  2. B

    T(ILEMANN) · L(ENSEN) // D(OROTHEA) · E(NGELKE)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1623, am 16. September zur 4. Stunde am Abend, schied aus dieser unreinen Welt der ehrwürdige und sehr gelehrte Herr Tilemann Lensius, Pastor und Superintendent der Kirche in Halle, im Alter von 53 Jahren (im 53. Lebensjahr). (A)

Wappen:
Lensen2)Engelke3)

Kommentar

An der normgerechten Kapitalis ist nur das R mit geschwungener Cauda hervorhebenswert.

Tilemann Lensen oder Lensius (1570–1623), der in Adenstedt im Amt Winzenburg (Lkr. Hildesheim) geboren wurde, wurde im Januar 1598 Pastor in Hardegsen.4) 1601 trat er die Nachfolge des Johannes Corvinus (vgl. Nr. 132) als Pastor und Superintendent in Halle an. Den 1609 beendeten Neubau des Kirchturms dokumentierte er mit einer selbstverfaßten Inschrift; vgl. Nr. 174. Im Oktober 1621 bat er das Konsistorium, seine Stelle aufgeben zu dürfen, da er nicht gut gehen könne und mit großer ohnmacht und beschwerlichkeit das predigen manchmal verrichten müsse. Als seinen Nachfolger schlug Lensen David Meibom (1592–1626) vor, den Sohn des Professors Heinrich Meibom in Helmstedt, der sein alter vnd guter Freund war;5) zu diesem vgl. Nr. 230.

Tilemann Lensen hatte um 1598 Dorothea Engelke geheiratet; aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor.6) Seine Tochter Anna Maria (1600–1642) heiratete 1623 David Meibom, den Nachfolger ihres Vaters, und nach dessen frühem Tod 1629 Johann Schwanflügel (1598–1663), Pastor in Bodenwerder; zu ihr vgl. Nr. 247. Eine weitere Tochter, Catharina, heiratete 1642 Joachim Willichius, Bürgermeister von Bodenwerder.7) Der Sohn Bussomann Lensen (1602–1679), der nicht Superintendent in Halle war, wie häufig zu lesen ist, hat für sich und seinen Neffen Johann Joachim Schwanflügel (1634–1664) ein Doppelepitaph anfertigen lassen, das sich zusammen mit seinem Grabstein heute in der Klosterkirche in Kemnade befindet.8)

Textkritischer Apparat

  1. SEPTEMBRIS] Das letzte S im Rahmen; der untere Bogenabschnitt ist noch erkennbar.
  2. [REV]ERENDVS] Stelle ausgebrochen; der untere Teil des Schafts von R ist erhalten, der Schaft des E schrägliegend, was auf die Ligatur mit V verweist.

Anmerkungen

  1. Das Wortspiel IMMVNDO MVNDO läßt sich in der deutschen Übersetzung nicht nachahmen.
  2. Wappen Lensen (Blume).
  3. Wappen Engelke (geflügelter Engelskopf).
  4. Vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 136, Nr. 11. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 462 (2. Pfarrstelle). Billig, Pastores, S. 71 (Anm. 30).
  5. Billig, Pastores, ebd.
  6. Vgl. Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 1, S. 101; Bd. 2, S. 180 (Nr. 2319).
  7. Billig, Pastores, S. 72 (Anm. 30).
  8. Vgl. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 61f. (Lit. g, h, k) u. Tafel 119. Kdm. Kr. Holzminden, S. 394f. Billig, Pastores, S. 73 (Anm. 30). Vgl. Nr. 247, Anm. 8. Buhman Lensen wurde am 8. April 1619 in Helmstedt immatrikuliert; Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 271, Nr. 216. Sein Studienfach ist nicht bekannt.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 280 (A unvollständig).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 218 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0021806.