Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 200 Hehlen, Immanuel-Kirche 1615 od. 1616

Beschreibung

Grabplatte für Heinrich Elven. Grauer Sandstein. Die an den Rändern teilweise beschädigte Grabplatte steht heute im östlichen Treppenhausturm. Die Inschrift A an drei Seiten auf der Rahmenleiste umlaufend, erhaben in vertiefter Zeile gehauen. Die Inschrift beginnt an der linken unteren Ecke des Steines. Im Innenfeld im Relief der mit einem knielangen Mantel und Kniehosen bekleidete Verstorbene in einer Nische stehend, in seiner Rechten Handschuhe. In den Zwickeln oben je ein Vollwappen mit den Beischriften B, jeweils links und rechts der Helmzier, erhaben in vertiefter Zeile. Die Grabplatte, die Steinacker nicht erwähnt, muß nachträglich in die ab 1697 erbaute Kirche gekommen sein.1)

Maße: H.: 194 cm; B.: 97,5 cm; Bu.: 4,5 cm (A), 2,7 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. A

    A(NN)O [16..]a) DEN 14 MARTI ZV 3 VHR NACHMIT(TAG) · ENTSLIEF DER EHRNVESTE[R] · ACHTBAR / HE[I]NRICH · EL[U]ENb) AMP/TMAN SEHLICH IHM HERREN SEIN ALT · 39 · DER SEHLE GOD GNEDICH

  2. B

    H(EINRICH) // E(LVEN)A(NNA) // S(ALDERN)

Wappen:
Elven2)Saldern3)

Kommentar

Die Schaft, Balken- und Bogenenden sind keilförmig verbreitert, einzelne Schäfte sind leicht durchgebogen. Die Cauda des R ist geschwungen und teilweise nach rechts ausgezogen, die Cauda des unzialen G unten nach rechts ausgestellt; die Balken des T sind rechtsschräg abgeschnitten. Die 1 ist schaftförmig, 3 oben spitz.

Heinrich Elven ist 1615 Verwalter des von der Schulenburgschen Besitzes in Hehlen; acht Jahre zuvor lebte er in Hannover.4) Schon Ende 1616 ist er tot, wie aus einem Streit hervorgeht, den seine Witwe Anna Saldern mit ihrem Nachbarn in Hannover (das Haus hatte ihr Mann gekauft) führte.5) Der im Alter von ungefähr 39 Jahren Verstorbene, der in den Akten wie auf der Grabplatte als Amtmann tituliert wird, dürfte demnach zwischen 1575 und 1577 geboren sein. Auf der Grabplatte und in der Streitsache wird seine Frau – wie auch ihr Bruder Heinrich Saldern – ohne Adelstitel genannt. Es könnte sich dabei um Angehörige eines illegitimen Zweigs der Adelsfamilie handeln. Auf einen familiären Zusammenhang verweist auch die Rose im Wappen. Die Verbindung einer Tochter aus der stolzen Adelsfamilie der Saldern mit einem Verwalter bürgerlichen Standes deutet eine für das Jahr 1618 überlieferte Episode an: Sophie Klencke, geb. von Saldern (1546–1620), äußerte 1618 auf einem Gastmahl, Gisela von Münchhausen (gest. 1612), die Witwe ihres Bruders Burchard von Saldern (1534–1595), habe „ihre Tochter nirgend lassen können, sie habe dieselbe eines Voigten Sohn geben müssen“.6) Heinrich Elven könnte dieser Sohn eines Vogtes und Ehemann einer – sonst nicht genannten – Tochter des Paares sein, das 1580 geheiratet hatte und selber einen Sohn namens Heinrich hatte.7)

Textkritischer Apparat

  1. [16..]] Schaft-1 recht gut zu erkennen, von der 6 nur ein Teil des Bogenabschnitts unten links; danach ausgefüllte Bruchkante.
  2. EL[U]EN] Der obere Teil des U ist ausgebrochen; auf der Grundlinie eine Brechung, der linke Schaft weist eine weitere Brechung im 90°-Winkel auf, der rechte Schaft scheint bereits ursprünglich verkürzt. V ist in allen Fällen schmaler mit im spitzen Winkel zusammentreffenden Schäften. Zur Betonung des bereits durch relativ weite Wortabstände herausgehobenen Nachnamens wurde hier offenbar eine auffallende Schmuckform auf der Basis eines schräggestellten eckigen U verwendet.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 346 u. 349f.
  2. Wappen Elven (in Kleeblatt endender Sparren, darunter zwei Kleeblätter). Dasselbe Wappen auch auf einem Siegel, das Heinrich Elven am 29. April 1615 in Hehlen verwendet; vgl. StAW 2 Alt, Nr. 17514. Auch auf einer Vollmacht der Anna Saldern, 6. Oktober 1617; HStAH Hann. 72 Hann, Nr. 90.
  3. Wappen Saldern (Rose). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
  4. Vgl. StAW 2 Alt, Nr. 17514.
  5. Vgl. HStAH Hann. 72 Hann, Nr. 90; darin die am 6. Dezember 1616 der Erbarn vndt Tugendsamen Fraw Annen Saldern weilandt Henrici Eluen gewesenen Ambtmanns zu Helen Nachgelaßener Wittibe zugestellte Aufforderung.
  6. Vgl. Geschichte von Hammerstein, S. 133. Ein anderer Schwiegersohn der Gisela von Münchhausen, der aus dem Bergischen zugewanderte Hans Adam von Hammerstein (1579–1653), der später Landdrost von Hoya und Besitzer des ehemals von Saldernschen Gutes in Equord (Lkr. Peine) wurde, bezog diese Bemerkung auf sich und protestierte heftigst bei Sophie Klencke deswegen; ebd.
  7. Vgl. Stammtafeln Münchhausen, S. 151 u. 129. Neukirch, Adelskultur, S. 125.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 200 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0020004.