Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 144 Hehlen, Schloß 1597

Beschreibung

Epitaph für Fritz von der Schulenburg. Stein mit bronzener Inschriftentafel, im Hof gegenüber dem Tor vermauert. Die Platte zeigt den Verstorbenen im Hochrelief mit einer Rüstung bekleidet unter einer Arkade stehend. Positur und Details entsprechen der vollplastischen Figur an dem Epitaph Nr. 143. In den Bogenzwickeln die Elternwappen des Dargestellten als Vollwappen mit Beischriften, die auf dem Bogen erhaben gehauen sind (A). Das Mittelfeld ist flankiert von Roll- und Beschlagwerkfeldern. Unterhalb der Platte eine in Stein gerahmte Bronzetafel mit den eingravierten Inschriften B–D. Inschrift B im oberen Abschnitt der Tafel ist einspaltig, darunter Inschrift C in zwei Spalten; im unteren Abschnitt der Tafel wiederum einspaltig Inschrift D.

Maße: H.: 315 cm (Gesamtdenkmal), 54 cm (Tafel); B.: 95 cm (Platte, ohne Seitenteile); Bu.: 2 cm (A), 2,8 cm (Kapitalis B, D), 3 cm (Fraktur B, C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Kapitalis mit Versalien (D), Fraktur mit Kapitalis (B, C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Julia Zech) [1/2]

  1. A

    VO(N) DER / SCHVLENBV[RG]a) // VON BVLAW.b)

  2. B

    Bildnuß des Edlen Gestrengen vnd Ehrnvesten / Fritzen von der Schulenburg, Albrechtsz seligen Sohn, / welcher ANNOc) D(OMI)NIc) . 1518d) . montags in den heÿlige(n) Pfings/ten1) geborn, vnd den 6 IAN(UARII)c) ANNOc) 89 seliglich gestorben,

  3. C

    Tausent Fünffhundert Sechzig Jar, /Nach Christ gebürt die Jarzal war, /Den Baw zü hälen fing ich an, /Die steinern Scheün Zü erst kam stan, /Dran mein vnd meiner haüsfraw sein, /Gemahlet wapen, Nam vnd Reim, /Forwerg, Porthaüsz, Schwei(n)haüsz, Schafstall, /Mühlen, von mir gebawet all, //Siebenzig Neün die Jarzal war, /Gebew, Schlosz, Graben, baüet ich dar, /Alles kam in fünff Jarn züstehn, /Welchsz heütigsz tags noch ist züsehen, /Von meinem recht erworbnen gelt, /Gott geb esz hin wer ihm gefelt, /Wersz nün bekompt, dasz braüche der, /Zü armer hülff vnd Gottesz ehr, /

  4. D

    ILSAc) DE SALDERc) . VIDVAe) . MARITOc) OPTIMO . POSVIT .

Übersetzung:

Ilse von Saldern, Witwe, hat (dieses Denkmal) dem besten Ehemann gesetzt. (D)

Versmaß: Deutsche Reimverse (C).

Wappen:
Schulenburg2)Bülow3)

Kommentar

Die regelmäßig ausgeführten Buchstaben der Fraktur zeichnen sich durch kunstvoll gestaltete Versalien aus. Die Schäfte von b, f, h, l und langem s sind oben nach rechts umgebogen, die Bogenenden von h, g und des runden s sind mit Zierbögen versehen; das doppelstöckige z besteht aus zwei nach links offenen, am Ende geschwungenen Bögen und reicht, wo der Platz es zuläßt, nach oben über die Mittellinie hinaus; sz ist ligiert aus doppelstöckigem z und langem s, das zu einem kleineren Bogen reduziert ist. Bei der Kapitalis sind die linksschrägen und die senkrechten Schäfte (bei M der rechte) sowie der Mittelteil des S und die Bögen von O, P und R verstärkt. Die Schäfte und die Bogenenden des S weisen Sporen in Serifenform auf, die am verkürzten Mittelbalken des E rechtwinklig ansetzen; der untere Balken des E und des L sind verlängert. Die geschwungene Cauda des R ist unter die Grundlinie ausgezogen, am Versal-S von SALDER finden sich, wie an dem Deckbalken des T, rechtsschräge Anstriche.

Die charakteristischen Eigenheiten der Schriften machen es, ebenso wie die Gestaltung des Kopfes, des Bartes und die Grundform der Figur, wahrscheinlich, daß auch hier der Hildesheimer Ebert Wolf d. J. (möglicherwiese unter Beteiligung seines Vaters, der bis 1607 lebte) der Bildhauer war; Ebert Wolf d. J. hatte bereits nach 1589 die Grabdenkmale des Ehepaars in Braunschweig gestaltet. Die inhaltlichen und formalen Parallelen zu dem auf 1597 datierten, ebenfalls von Ilse von Saldern gestifteten Epitaph, lassen eine Datierung auch der Figur im Schloßhof auf dieses Jahr gerechtfertigt erscheinen; vgl. den Kommentar zu Nr. 143.4) Eine ähnliche Haltung mit dem Schwert vor sich nimmt außerdem Burchard von Saldern (gest. 1595), der Bruder Ilses, auf seiner, ebenfalls von Ebert Wolf d. J. gestalteten Grabplatte in Equord (Lkr. Peine) ein.5)

Zum Inhalt der die Bautätigkeit Ilse von Salderns und ihres Ehemannes in Hehlen resümierenden Inschrift vgl. ebenfalls den Kommentar zu Nr. 143.

Textkritischer Apparat

  1. SCHVLENBV[RG]] Zwischen dem ersten V und L durch die Helmzier des daneben gelegenen Wappens unterbrochen. Der Rest der Inschrift nach dem zweiten V ausgebrochen.
  2. BVLAW.] Zwischen V und L durch eine Volute unterbrochen.
  3. Versal über die Oberlinie hinaus verlängert.
  4. 1518] Die 1 als i gestaltet.
  5. VIDVA] Das zweite V mit Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. 24. Mai.
  2. Wappen Schulenburg (quadriert, 1 u. 4 drei Greifenklauen 2:1, 2 u. 3 schreitender Ochse). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 15 u. Tafel 17.
  3. Wappen Bülow (16 Kugeln! 4:3:3:3:2:1). Eigentlich 14 Kugeln (4:4:3:2:1), wie bei Nr. 113. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 11,2, S. 15 u. Tafel 14.
  4. Findel schreibt die Hehlener Werke ganz dem Vater, Ebert Wolf d. Ä., zu; Findel, Bildhauerfamilie Wulff, S. 24f.
  5. Vgl. Neukirch, Adelskultur, S. 140, Abb. 53. Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 150.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 353.
  2. Kreft/Soenke, Weserrenaissance, Abb. 75.
  3. Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 150 (nur Paraphrase).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 144 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0014401.