Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 121 Wangelnstedt, Hirtenhof 2 1591

Beschreibung

Balken vom Torsturz. Das achteinhalb Gefache breite frühere Haus Nr. 15 mit Auslucht (Standerker) und Renaissanceschmuckformen wurde 1959 durch Blitzschlag zerstört.1) Der beschädigte Balken (unten links und oben rechts sind zwei Teile abgebrochen, aber vorhanden, bei der Jahreszahl ein kleiner Verlust) befand sich zur Zeit der Aufnahme (2011) in einer Scheune des Hofgrundstücks. Die vertieft geschnitzte Inschrift A verläuft in drei, durch Linien getrennte Zeilen. Die Jahresangabe B wird durch den Bogen geteilt. Die Fraktur von Inschrift A zeichnet sich dadurch aus, daß Buchstaben mit Majuskelformen wie Minuskeln verwendet werden; sie werden daher als solche wiedergegeben.

Maße: L.: 281 cm; H.: 50 cm; Bu.: 7,1 cm.

Schriftart(en): Fraktur mit fremden Schriftanteilen (A), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/2]

  1. A

    Do · Erselick · tho · bvwen · vnt · wonen · Lvde · anfengen · in · dusser · gemeine · was · na / christi · gebordt · 1518 · dat · olde · husz · herunder · komen · hebbena) · hans · Einwolt · vnt · beca · sine / husfrouwe · dit forgenomen · vnt · mit · gottes · Kraft · tho · sthande bracht

  2. B

    ANNO DO(MINI)b) // 15[91]c)

Übersetzung:

Als erstmals Leute angefangen haben, in dieser Gemeinde zu bauen und zu wohnen, war das Jahr 1518 nach Christi Geburt. (Anstelle) des alten Hauses, das hier stand, haben Hans Einwolt und Beca (Rebekka), seine Ehefrau, dies begonnen und es mit Gottes Hilfe errichtet. (A)

Kommentar

Die Charakterisierung des Grundtyps der Schrift von (A) als Fraktur wird durch die weitgehende Abwesenheit von Brechungen (Ausnahme: in) und das häufige Vorkommen von Schwellformen bestimmt. Wie Minuskel-Buchstaben verwendet (und als solche wiedergegeben) werden die von Majuskelformen abgeleiteten und stark von Schwellzügen geprägten Buchstaben b (mit zwei Bögen), v und w; g steht ganz in der Zeile und zeichnet sich durch Schwellformen am Bogen aus. Starke Schwellformen finden sich auch am h; e zeichnet sich dagegen durch eine schlichte Minuskelform aus. Das n entspricht der Form eines retrograden, kapitalen N; m entsteht aus der Ligatur von zwei retrograden N. Neben das Schaft-s tritt ein unverziertes, rundes Schluß-s. In 1518 gibt es eine Schaft-1 mit Anstrich, die erste ist nach unten unter die Linie gezogen; die schräggestellte 5 besteht aus Schaft und Bogen, die obere Schlaufe der 8 ist oval und kleiner. In 1591 findet sich dagegen eine Bogen-1, die schräggestellte 5 besitzt zusätzlich einen Deckbalken. Bei der Kapitalis von (B) ist A mit gebrochenem Mittelbalken, N mit geschwungenem Schrägschaft gestaltet, die linken Schäfte von A und N sind gebogen, bei N unten keilförmig verbreitert.

Wangelnstedt war die erste von Herzog Heinrich d. J. neu besiedelte Wüstung des Spätmittelalters. Der Wiederaufbau begann der Inschrift zufolge 1518. 1557 wurde eine Pfarrei eingerichtet.1) Das Haus Nr. 15 war eines der beiden ältesten datierten Häuser im Ort; vgl. Nr. 122. Hans Einwoldt wird im Wickenser Erbregister von 1580 unter den Kötern genannt, 1599 nur noch seine Witwe.3)

Textkritischer Apparat

  1. hebben] Fehlt Kdm.
  2. DO(MINI)] Kürzungsstrich nach DO.
  3. 15[91]] Die untere Hälfte der letzten beiden Ziffern fehlen durch Materialverlust; Ergänzung nach Kdm.

Anmerkungen

  1. Vgl. auch Anders, Wangelnstedt, S. 213f. u. 220–223. Tacke, Landkreis, S. 102.
  2. Vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 220. Anders, Wangelnstedt, S. 211–215.
  3. Anders, Wangelnstedt, S. 216 u. 224.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 221f.
  2. Anders, Wangelnstedt, S. 214.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 121 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0012108.