Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 120 Lauenförde, St. Markus 1591

Beschreibung

Grabplatte für Rab Otto de Wrede. Grauer Sandstein, farbig gefaßt. Die Inschrift A als Umschrift um die Platte laufend, erhaben in vertiefter Zeile, farbig grau vor violettem Hintergrund gefaßt. Die linke Ecke der Platte ist ausgebrochen, was zu Textverlust am Beginn der Inschrift geführt hat. Im Innenfeld der hochrechteckigen Platte kniet der mit einer Rüstung und einer hochgezogenen Halskrause bekleidete Verstorbene in einem schlichten Rundbogen vor dem Kreuz mit dem eingehauenen Titulus B, der Helm zu seinen Füßen. In den oberen Bogenzwickeln zwei Vollwappen, unter der Darstellung zwei weitere Vollwappen, alle mit eingehauenen und farbig ausgelegten Beischriften C.

Maße: H.: 232 cm; B.: 116 cm; Bu.: 6,5 cm (A), 2 cm (B), 3,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. A

    [A]NNO A NATHALI CHRISTI · 1591 / DIE · 31 · MAII · PLACIDE · IN · CHRISTO · OBDORMIVIT · IN ARCE LAWENFVRDA / AMPLISSIMVS ET NOBILISSIMVS / DOMMINVS · RABOTTO · DE WRDE · CVIVS ANIMA · REQVIESCAT · IN · PACE

  2. B

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)1)

  3. C
    DE WREDEN DE KETLER ·  
    VON BRVCH · VON · HATORP · 

Übersetzung:

Im Jahr nach Christi Geburt 1591 am 31. Tag des Mai entschlief sanft in Christus in der Burg von Lauenförde der hochachtbare und edle Herr Rab Otto de Wrede. Seine Seele ruhe in Frieden.

Wappen:
Wrede2)Ketteler4)
Bruch3)Hattorp5)

Kommentar

Die Kapitalis zeigt eine Tendenz zur Linksschrägenverstärkung. R ist mit geschwungener Cauda ausgeführt, der Bogen des S mit verstärktem Mittelteil endet mit Sporen in Serifen-Form, L und E weisen ausgeprägte Sporen am unteren Balken auf; das C zeigt Sporen an beiden Bogenenden, der Mittelteil der konischen M endet weit über der Mittellinie; auffallend ist ferner das spitzovale O.

Rab Otto (Rabe Otto, Rabodo) de (von) Wrede war ein Halbbruder von Franz de Wrede aus der zweiten Ehe seines Vaters Georg (Jürgen) mit Anna von Ketteler (gest. nach Mai 1570).6) Neben dem väterlichen und mütterlichen Wappen oben stehen die beiden unteren für die Großmütter Bela vom Bruch und Anna von Hattorp (vgl. Nr. 77). Rab Otto, der zeitweise als Rittmeister in spanischen Diensten gestanden hatte,7) wird seit 1582 als Rat Herzog Erichs II. von Calenberg genannt; er verwaltete den Haushalt des verschuldeten Herrschers. 1586 ist er bei dessen Nachfolger Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel weiterhin Rat.8) Seit 1574 war er Pfandinhaber von Lauenförde.9) Zusammen mit seiner Frau Anna von Falkenberg, der Tochter Christoph von Falkenbergs und der Margarethe von Cramm, hat er 1581 der Kirche von Lauenförde einen Taufstein gestiftet, auf dem beider Wappen zu finden sind; vgl. Nr. 92. Es fällt auf, daß typische Elemente einer protestantischen oder katholischen Frömmigkeit auf der Grabplatte fehlen. Ursache dafür dürfte sein, daß sich Rab Otto in seinen Kriegsdiensten in beiden konfessionellen Sphären bewegt hatte. Hingegen betonte er mit den Epitheta amplissimus et nobilissimus seine adelige Stellung.

Die Erwähnung der „Burg“ (in arce) von Lauenförde kann darauf hindeuten, daß diese zu diesem Zeitpunkt zumindest in Resten, trotz der Zerstörung von 1447, noch bestand;10) möglicherweise soll damit aber nur der adelige Charakter des Sitzes der Pfandherrschaft, für den sonst häufig der Ausdruck „Haus“ verwendet wird, betont werden.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Wappen Wrede (gespalten, darüber Kranz mit fünf Blüten). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 134; Bd. 2, Tafel 340.
  3. Wappen Bruch (schreitender Hund auf mit Schindeln bestreutem Grund). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 22 u. Tafel 51.
  4. Wappen Ketteler (Kesselhaken). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 30 u. Tafel 73.
  5. Wappen Hattorp (Schrägbalken, mit drei Kleeblättern belegt). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 66; Bd. 2, Tafel 158.
  6. Honselmann, Bela Wolff, S. 186. Vgl. Fahne, UB Meschede, Nr. 300 (1527), 316 (1555!) u. 334; Register S. 403f.; auf S. 404 wird allerdings fälschlich eine Verbindung von Franz von Wrede mit Agatha von Ketteler konjiziert. Kohl, Domstift St. Paulus, S. 602 (13. Mai 1570): Legate des Domherrn Caspar Wrede an Anna Ketteler, die Witwe seines Bruders, und deren Kinder Jasper und Rabodo von Wrede.
  7. 1584 verklagen Rab Otto de Wrede und Wilken Klencke, gewesene Rittmeister in spanischen Diensten, Anton von Eltz, Oberst in spanischen Diensten, wegen eines rückständigen Soldes, für den der Beklagte sich verbürgt habe; StA Münster RKG, W 1026 (zit. nach Findbuch).
  8. Vgl. Samse, Zentralverwaltung, S. 293 sowie S. 37 u. 40.
  9. Vgl. Rorig, 650 Jahre Lauenförde, S. 28f. u. 44f. Burchard, Bevölkerung, S. 85.
  10. Zur Burg vgl. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 121. Rorig, 650 Jahre Lauenförde, S. 23 u. 52f. Das Burglehn soll sich allerdings seit 1577 im Besitz der Münchhausen in Meinbrexen befunden haben; ebd., S. 19.

Nachweise

  1. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 121f.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 120 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0012001.