Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 23 Golmbach, St. Gangolf 1. H. 15. Jh.

Beschreibung

Kreuzstein. Roter Sandstein. Gedenkstein für einen Gerhard. Die im Mai 1994 entdeckte Platte, die als unterste Stufe der Treppe in der Friedhofsmauer diente,1) wurde im Dezember des Jahres ausgebaut2) und ist heute außen an der Südseite der Kirche aufgestellt. Auf der Vorderseite erhaben ein nasenbesetztes Scheibenkreuz auf einem spitzbogigem Sockel, links und rechts des Sockels zwei scheibenförmige Medaillons mit eingehauener Pflugschar bzw. Sech. Die eingehauene Inschrift auf der Scheibe umlaufend, heute größtenteils verwittert; möglicherweise ist sie zu einem früheren Zeitpunkt bereits einmal nachgearbeitet worden. Der Stein ist am oberen Rand dachförmig behauen worden, was weitere Textverluste zur Folge hat.

Maße: H.: 173 cm; B.: 78 cm; Bu.: 4,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Julia Zech) [1/1]

  1. [– – –] · [g](e)r·hardvsa) · cuiusb) · anima · req[uiescat – – –]

Übersetzung:

... (starb) Gerhard, dessen Seele (in Frieden) ruhe.

Kommentar

Die in gotischer Minuskel ausgeführte Inschrift weist bei cuius Spuren späterer Nachbearbeitung auf, die den Buchstaben heute den Charakter von Majuskeln geben; besonders auffallend sind die einander spiegelbildlich gegenüberstehenden Formen des u und das s ohne Brechungen.

Im Gutspark von Deensen befindet sich ein in der Form sehr ähnlicher, inschriftenloser Kreuzstein.3) Die bäuerlichen Symbole Sech und Pflugschar sind mit Müller als Beleg dafür anzusehen, daß der Stein als Denkmal für einen zu Tod gekommenen Bauern aufgestellt wurde. Das Sech ist ein messerförmiges Teil, das vor der Pflugschar angebracht wird; es findet sich auf zahlreichen Kreuzsteinen abgebildet.4) Müllers Annahme, daß die auf den Medaillons plazierten Symbole als bäuerliche Wappen anzusehen seien, muß dagegen widersprochen werden.5)

Müller nimmt, mit Verweis auf ähnliche Steine aus dem Jahr 1325 in Dassel, den nach 1370 entstandenen Bertoldistein (vgl. Nr. 5) und den 1404 in Holzen aufgestellten Stein (vgl. Nr. 13), eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 14 Jahrhunderts an.6) Da sich auf allen Kreuzsteinen im Untersuchungsgebiet bis zum Ende des 14. Jahrhunderts aber nur die gotische Majuskel findet (auch auf den o. g. Objekten), wird wegen der Verwendung der gotischen Minuskel auf dem vorliegenden Stein für diesen eine Entstehung in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angenommen.

Textkritischer Apparat

  1. [g](e)rhardvs] Das erste r als r-Haken, das v hochgestellt.
  2. cuius] Spuren einer Nachbearbeitung: Das erste u erscheint heute als Majuskel-N, das zweite spiegelbildlich dazu; s ohne Brechungen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Müller, Scheibenkreuzstein I, S. 159; in situ war nur knapp die rechte Hälfte der Platte erkennbar.
  2. Vgl. Müller, Scheibenkreuzstein II, S. 10.
  3. Vgl. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 202 (Nr. 41233). Müller, Scheibenkreuzstein II, S. 12 (Abb. 2).
  4. Vgl. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 259. Vgl. auch Nr. 13 u. 24.
  5. Müller, Scheibenkreuzstein II, S. 10–16, bes. S. 13–15.
  6. Müller, Scheibenkreuzstein I, S. 160; ders., Scheibenkreuzstein II, S. 10–13.

Nachweise

  1. Müller, Scheibenkreuzstein I, S. 159f.
  2. Müller, Scheibenkreuzstein II, S. 10–16.
  3. Ruhlender, Denksteine4, S. 230f. (mit Abb.).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 23 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0002307.