Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 66: Lkr. Göttingen (2006)
A4, Nr. 6 Göttingen, Städtisches Museum nach 1641
Beschreibung
Gemälde.1) Öl auf Leinwand. Das Gemälde, das die Explosion des Roten Turms an der Kurzen Straße am 28. April 1626 und die Belagerung der Stadt Göttingen durch Truppen Tillys im Juli 1626 zeigt, stammt wie sein Gegenstück Nr. 4 aus dem Göttinger Rathaus. Es zeigt das Stadtpanorama mit umgebender Landschaft, über die die Truppen verteilt sind. In der unteren rechten Ecke eine Balustrade, auf der links und rechts je ein Putto sitzt, der linke mit einer Blumenvase, der rechte mit einer Garbe, in der Mitte auf der Balustrade steht eine Sanduhr. Vor der Balustrade die Legende zu der Darstellung, in der jedoch die der Legende entsprechenden Ziffern nicht ausgeführt wurden; die Überschrift auf dem Gesims der Balustrade, die Legende zweispaltig vor der Mauer. Die Buchstaben mit Ausnahme der in Grünbraun ausgeführten Überschrift in Weiß auf bräunlichem Hintergrund.
Maße: H.: 136,5 cm; B.: 248 cm; Bu.: 1,8 u. 0,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
STADT GÖTTINGEN.1.S. IOHANNES KIRCHE.2.S. IACOBI KIRCHE.3.S. ALBANI KIRCHE.4.S. NICOLAI KIRCHE.5.V(NSER) LIEBEN FRAVWEN K(IRCHE).6.D(AS) PAVLINER CLOSTER.7.D(AS) BARFVSERa) CLOSTER.8.Z(VM) HEILIGEN GEIST.9.Z(VM) HEILIGEN KREVTZE.10.DAS . RATHAVS.11.DAS KAVFHAVS.
12.D(AS) ALBANER DHOR.13.D(AS) GEISMER DHOR.14.D(AS) GRVNERa) DHOR.15.D(AS) WEHENDER DHOR.
Textkritischer Apparat
- V mit zwei Punkten zur Bezeichnung des Umlauts.
Anmerkungen
- Inv.Nr. 1893/34.
- Vgl. Einleitung, S. 15, u. Pezold, Geschichte 1, S. 51–54.
- Hierzu Helga-Maria Kühn, Göttingen im Dreißigjährigen Krieg. In: Göttingen – Geschichte einer Universitätsstadt, hg. v. Dietrich Deneke u. Helga-Maria Kühn. Bd. 1, Göttingen 1987, S. 650–687, hier S. 657.
- Zeit- und Geschicht-Beschreibung der Stadt Göttingen ... (Verf. Friedrich Christian Neubuhr, C. Heinrich Ebel, Heinrich Philipp Guden, C. A. Heumann). 4 Bücher in 3 Teilen, Göttingen/Hannover 1734–1738, Teil 1, S. 179f.
Nachweise
- Göttingen – Geschichte einer Universitätsstadt, hg. v. Dietrich Deneke u. Helga-Maria Kühn. Bd. 1, Göttingen 1987, Abb. S. 658.
Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, A4, Nr. 6 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012a4000604.
Kommentar
Vermutlich gehörte auch zu diesem Gemälde eine Tafel mit einer Erläuterung des Geschehens, die jedoch nicht erhalten ist. Teile der Truppen Tillys hatten bereits im Winter 1625/6 in der Gegend um Göttingen Quartier bezogen und bedrohten die Städte Münden und Göttingen. Am 26. Mai 1626 überfiel Tilly nach ungeschicktem Taktieren des Stadtkommandanten Münden und richtete dort ein großes Blutbad an.2) Danach forderte er am 7. Juni die Stadt Göttingen auf, Truppen der Liga als Besatzung aufzunehmen.3) Als sich die Stadt weigerte, auf die Forderungen Tillys einzugehen, nahm dieser Göttingen am 29. Juni unter Beschuß. Die Belagerung dauerte bis Anfang August, ohne daß die auf dem Gemälde dargestellte Beschießung in der Stadt größere Schäden angerichtet hätte. Schließlich bot die Stadt Tilly Verhandlungen an, die dänischen Besatzungstruppen verließen Göttingen und machten Tillys Soldaten Platz, die am 3. August einrückten.
Die ebenfalls auf dem Gemälde dargestellte Explosion des Pulverturms gehört nicht zu dem Belagerungsgeschehen im Juli, sondern bezieht sich auf ein bereits zurückliegendes Ereignis. Im Roten Turm an der Kurzen Straße lagerte die Stadt Göttingen große Vorräte an Pulver. Als der Rat von Herzog Christian von Braunschweig, dessen Truppen in Göttingen einquartiert waren, aufgefordert wurde, eine Aufstellung über die Pulvervorräte vorzulegen, weigerte sich dieser mit der Begründung, daß es sich dabei um eine geheime Angelegenheit der Stadt handle, über die man keine Rechenschaft ablegen wolle. Daraufhin ließ Herzog Christian am 28. April 1626 Vorkehrungen treffen, das Pulver durch seine Truppen abtransportieren zu lassen. Ihm kam jedoch ein Gewitter zuvor. Ein Blitz schlug in den Pulvertum ein und verursachte eine große Explosion, bei der auch die umliegenden Häuser zerstört wurden und etliche Menschen zu Tode kamen.4) Daß die Explosion nicht durch die Beschießung von außerhalb ausgelöst wurde, ist in dem Gemälde durch den aus den Wolken hervorschießenden Blitz dargestellt. Da das Geschehen ca. 20 Jahre später im Gemälde dargestellt wurde, ist es möglich, daß sich die beiden zeitlich nah beieinanderliegenden Ereignisse in der Erinnerung bereits vermischt hatten.