Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 66: Lkr. Göttingen (2006)
Nr. 403† Kerstlingerode, ev.-luth. Kirche St. Johannes d. T. 1650
Beschreibung
Gedenkstein. Über seinen Verbleib ist nichts bekannt. Vermutlich ging er beim Neubau der Kirche 1857/8 verloren.
Inschrift nach Heise.
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Heis Otto und Johann Wilhelm auß alten Stam Der von Christlingerod erhitzet von der Flam Der wahren Gottes Lieb bedachten dieses Hauß In welchem Christus selbst theilt seine Güter auß Auß Edler Mildigkeit mit einer reichen Steuer Auch brand das Hertze von der Milde gleichen Feuer Ott Christoph Ältesten des Ältern Bruders Sohn Des haben alle drey im Himmel grossen Lohn Und ob mit diesem schon ins finstre Grab sich legte Der Christlingrödisch Nahm doch solches Feuer hegte Biß an ihr Ende Frau Beata seine Rieb1) Fieng auch zu wenden an was Geber jener lieb An diese Kirch Henrich Christopff von Hopffgarten Und sein Gemahlin Ann Marie keine Kosten sparten Biß es so fertig war im grossen Freuden=Jahr Da unser Vatterland des Friedens habhafft war 1650
Anmerkungen
- Rieb (= Rippe) in der Bedeutung ‚Frau’ läßt sich bis ins 18. Jahrhundert nachweisen, vgl. DWB Bd. 8, Sp. 1030.
- Matrikel Marburg, S. 53.
- Zur Biographie Heiso Ottos von Kerstlingerode s. Heise, Antiquitates, S. 52–58, u. Leichenpredigt, verf. v. Henning Friedrich, Erfurt 1611 (SUB Göttingen, 4° N. II. 4.), S. 56–63.
- Heise, Antiquitates, S. 89, Anm. r.
- Ebd., S. 80.
- Ebd., S. 92.
Nachweise
- Heise, Antiquitates, S. 93.
- Veldeck, Göttingen, S. 118.
Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 403† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0040302.
Kommentar
Heiso Otto von Kerstlingerode wurde 1547 als ältester Sohn des Otto von Kerstlingerode und seiner Frau Margaretha von Bischhausen geboren. Er immatrikulierte sich im November 1562 an der Universität Marburg.2) Später stand er als Rat im Dienst der Erzbischöfe von Mainz und der Fürsten von Sachsen-Coburg. Im Jahr 1580 heiratete er Katharina von Hagen und nach deren Tod 1603 in zweiter Ehe im Dezember 1604 Anna von Berlepsch. Im Jahr 1589 hatte er zusammen mit seinem Bruder Johann Wilhelm (vgl. Nr. 321) das Schloß Herbsleben an der Unstrut erworben, wo er seine späteren Lebensjahre verbrachte. Nach seinem Tod 1610 wurde er in der dortigen Schloßkirche begraben.3) Zu seinem ältesten Sohn Otto Christoph und dessen Frau Beata von Hopfgarten vgl. Nr. 379. Über die Herkunft der in der Inschrift genannten Anna Maria von Kerstlingerode, auf die der Familienbesitz nach dem Tod des letzten männlichen Vertreters der Familie Otto Christoph von Kerstlingerode und seiner Frau in den Jahren 1641/2 überging, herrscht Unklarheit.4) Sie heiratete 1645 Heinrich Christoph von Hopfgarten, der für seine Frau die Rechte an den Garte-Dörfern verwaltete, bis diese 1652 gegen Zahlung von 16.000 Reichstalern an Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg abgetreten wurden.5) Die in der Inschrift erwähnten Renovierungsarbeiten an der Kerstlingeröder Kirche waren durch Zerstörungen im Laufe des Dreißigjährigen Kriegs notwendig geworden.6)