Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 338 Duderstadt, kath. Kirche St. Cyriakus 1626

Beschreibung

Epitaph des Heinrich Hertwig. Sandstein, farbig gefaßt. Das Epitaph hängt an der Südwand im südlichen Seitenschiff bei der Taufe in unmittelbarer Nähe zum Marienaltar, für den der Verstorbene eine Meßstiftung veranlaßt hatte. Im hochrechteckigen Mittelteil des Epitaphs eine Reliefdarstellung, die unter einem Rundbogen den Verstorbenen in Bethaltung mit Rosenkranz unter dem Kreuz auf dem Hügel Golgatha darstellt. Das Kreuz mit Dreipaßenden, im oberen Dreipaß der Titulus A. Auf Kopfhöhe des Betenden unter Ornament die Inschrift B, auf der Rahmenleiste in vertiefter Zeile die Inschrift C. In den Bogenzwickeln oben Engelsköpfe, die mit ihren Flügeln eine Kartusche flankieren, darin das Christusmonogramm mit Kreuz über den drei Kreuzesnägeln und das Marienmonogramm mit Krone (E), dazwischen ein Worttrenner in Form einer Rosette. Den oberen Abschluß bildet ein gesprengter Giebel mit einem Vollwappen darin, der von einem Engelskopf und einem Obelisken darüber bekrönt wird. Den Unterhang bildet eine geschweifte Kartusche über einer mit dem Kopf eines Ungeheuers besetzten Konsole. Auf der Kartusche die Inschrift D, die die Inschrift C auf den Rahmenleisten fortsetzt. Alle Inschriften sind erhaben gehauen und in Gold gefaßt.

Maße: H.: 272 cm; B.: 86 cm; Bu.: 3 cm (A–C), 2,5 cm (D), 4 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis.

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM) 1)

  2. B

    AETATIS / SVAE 29

  3. C

    AN(N)O 1626 · 18 · SEPTEMB(RIS) PESTE SVBLATVS · // PRVDENS HONESTVSQ(VE) VIR HE NRICVS HERTW(IG)

  4. D

    QVI ALTARI HVIC B(EATAE) M(ARIAE) VIRGINIS / TRECENTOS DALEROS PRO SA/CRIFICIO MISSAE IN SVI CONIV/GISQ(VE) MARGARETAE DORINGS ANIMAE / SALVTEM SINGVLIS FERYS SEXTIS · / IN PERPETVVM CELEBR/ANDO LEGAVIT

  5. E

    IH(ESV)S · M(A)R(I)A

Übersetzung:

Seines Alters 29 (Jahre). (B)

Im Jahr 1626 am 18. September starb der kluge und ehrenwerte Mann Heinrich Hertwig an der Pest, der diesem Altar der heiligen Jungfrau Maria 300 Taler für ein fortwährend zu feierndes Meßopfer zu seinem Seelenheil und dem seiner Ehefrau Margaretha Doring an jedem Freitag vermacht hat. (C, D)

Wappen:
Hertwig2)

Kommentar

Bei der Schrift handelt es sich um eine manierierte Form der Kapitalis mit im weiten Bogen nach links oben oder unten ausgezogenen Schräghasten, die G mit eingestellter Cauda.

Heinrich Hertwig, Sohn des Duderstädter Bürgers Christoph Hertwig, leistete am 1. September 1621 unmittelbar nach seiner Hochzeit mit Margaretha Doring den Bürgereid.3) Die in der Inschrift erwähnte Meßstiftung weist ebenso wie die Darstellung des Heinrich Hertwig mit einem Rosenkranz in den Händen auf dessen dezidiert katholische Haltung hin, die in Duderstadt zu dieser Zeit eher die Ausnahme war. Es hat nicht den Anschein, als ob Heinrich Hertwig zu dem Teil der Duderstädter Bürgerschaft gehörte, der erst unter dem Druck der seit 1624 vom Erzbistum Mainz verstärkt durchgeführten gegenreformatorischen Maßnahmen zur katholischen Konfession zurückkehrte. Vielmehr ist zu vermuten, daß die Familie Hertwig zu den wenigen Duderstädter Familien dieser Zeit gehörte, die schon seit längerem wieder katholisch waren oder die Konfession nie gewechselt hatten. Darauf weist neben der Gestaltung des Epitaphs auch der Umstand hin, daß die Schwester Heinrich Hertwigs in erster Ehe mit Nikolaus Hennicke, dem Sohn des katholischen Schultheißen (vgl. Nr. 209), verheiratet war und in zweiter Ehe mit dem ebenfalls der katholischen Konfession zuneigenden Ratsapotheker Herwig Morick.4) An der im Jahr 1626 in Duderstadt grassierenden Pest, der Heinrich Hertwig zum Opfer fiel, starben auch die beiden mit der Durchführung der Gegenreformation in Duderstadt seit 1624 beauftragten Jesuitenpatres.5)

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Wappen Hertwig (geteilt, vorne Hausmarke H35, hinten Kleeblatt).
  3. StA Duderstadt, AB 8278, fol. 37v.
  4. Kaufholz, Hausbuch, Teil 2, S. 28. Zu Herwig Morick vgl. Knieb, Reformation, S. 300.
  5. Wüstefeld, Duderstadt, S. 111.

Nachweise

  1. Jaeger, Cyriakuskirche, S. 30 (D).

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 338 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0033800.