Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 42 Hann. Münden, ev.-luth. Kirche St. Blasius 1439, 1483, 1527

Beschreibung

Grabplatte des Johannes Mengershausen, in Zweit- und Drittverwendung für dessen gleichnamigen Sohn und Enkel. Sandstein. Die Grabplatte wurde 1973 bei einer Grabung in der Kirche in der Nähe des südlichen Turmpfeilers gefunden.1) Sie ist heute an der Westwand des südlichen Seitenschiffs aufgestellt. Um den hochrechteckigen Stein verläuft die Inschrift A, den Beginn in der Mitte der linken Seite markiert eine Rosette. Im Innenfeld ein eingehauenes Kreuz unter Maßwerk. Am Kreuzfuß ein Wappenschild in dem mittleren von drei Bogenfeldern, die beiden anderen Felder sind leer. In dem langen Feld zwischen Kreuzstamm und Plattenrand rechts die später hinzugefügte vierzeilige Inschrift B, auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls vierzeilig die Inschrift C. Beide Inschriften sind zum Kreuzstamm hin ausgerichtet. Alle Inschriften sind eingehauen.

Maße: H.: 240 cm; B.: 119 cm; Bu.: 9 cm (A), 7 cm (B), 6,5–8 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal (A, B), Kapitalis (C).

Sabine Wehking [1/3]

  1. A

    · Anno · domini · millesi/mo quadringen[tesimo / tr]icesimo nono feria [q]arta · in festo · pentecoste2) obi(it)a)/ io(hann)es · mengershusen c(uius) / a(n)i(m)a req(ui)escat · in · pace · ame(n)

  2. B

    An(n)o d(omi)ni m cccc lxxx iii . / obyt ioh(ann)es mengershusen / in die michahelis3) cu(ius) a(n)i(m)a / reqiescat in pace amen

  3. C

    IOANNES MENGERSHAV/SEN OBIIT ASCENS(IO) DOM(INI)4) / ANNO SALVTIS / M · D · XXVII ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1439 am Mittwoch nach Pfingsten starb Johannes Mengershausen. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen. (A) Im Jahr des Herrn 1483 starb Johannes Mengershausen am Michaelistag. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen. (B) Johannes Mengershausen starb am Himmelfahrtstag im Jahr des Heils 1527. (C)

Wappen:
Mengershausen5)

Kommentar

Während die beiden älteren Inschriften in gotischer Minuskel sorgfältig eingehauen sind, ist die dritte Grabschrift in Kapitalis eher flüchtig ausgeführt. Die Worttrenner in Inschrift A in Form eines Sternchens auf gegabeltem Fuß und als Kreuzchen.

Nach der Auswertung der heute verlorenen Kämmereiregister durch Ritter wies die Familie von Mengershausen, die auf dem Land verschiedene Besitzungen hatte, darunter in Mielenhausen und in Speele, in dem Zeitraum vom 15. bis zum 17. Jahrhundert mit neun Vertretern die größte Zahl an Ratsherren und Bürgermeistern in Münden auf.6) Drei davon sind in den Inschriften der Grabplatte genannt. Der 1439 verstorbene Johannes Mengershausen ist 1416 als Ratsherr und von 1426 bis 1438 als Bürgermeister der Stadt Münden nachzuweisen.7) Er fiel vermutlich der 1439 grassierenden Pest zum Opfer. Sein Sohn Johannes immatrikulierte sich im Sommersemester 1435 zusammen mit Helmbert Mengershausen an der Universität Erfurt und erwarb dort 1438 den Titel eines Bakkalaureus.8) Er gehörte dem Mündener Rat in der Zeit von 1447 bis 1483 an,9) im Jahr 1461 ist er als Kämmerer genannt.10) Sein Sohn Johannes studierte ebenfalls in Erfurt, wo er sich im Wintersemester 1471 immatrikulierte und 1474 den Titel eines Bakkalaureus erwarb.11) Von 1480 bis 1491 ist er als Mitglied des Mündener Rates nachzuweisen, von 1492 bis 1496 amtierte er als Bürgermeister.12) Auffallend ist die im Verhältnis zur gesellschaftlichen Position der Verstorbenen vergleichsweise bescheidene Form der Grabplatte, die offenbar die Familiengrablege bedeckte.

Textkritischer Apparat

  1. obi(it)] Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. Grenz, Anfänge, S. 122.
  2. 27. Mai.
  3. 29. September.
  4. 30. Mai.
  5. Wappen Mengershausen (Hausmarke H1).
  6. Ritter, Ratsherren, S. 152.
  7. Ebd.
  8. Matrikel Erfurt, Bd. 1, S. 163,8. Bakkalarenregister Erfurt, S. 53.
  9. Ritter, Verfassung, S. 35.
  10. StA Hann. Münden, Nachlaß Otto Budde, Nr. 3, Heft 3, S. 74.
  11. Matrikel Erfurt, Bd. 1, S. 346,13. Bakkalarenregister Erfurt, S. 175.
  12. Ritter, Verfassung, S. 35. Dort nur bis 1490 als Ratsmitglied. Nach Auszügen aus dem Kämmereiregister 1491 (StA Hann. Münden, Nachlaß Otto Budde, Nr. 3, Heft 4, S. 41) erhielt Johannes Mengershausen 1491 als Ratsherr eine Entschädigung dafür, daß er mit Johannes Hovet zur Bramburg geritten war. In der Genealogie der Familie von Mengershausen (Bernhard Fischer, Die von Mengershausen in Südniedersachsen. In: Norddeutsche Familienkunde 10, 1961, Sonderheft, S. 258–274, hier S. 262, ohne Kenntnis der erst 1973 ergrabenen Platte) wird als Sohn des 1483 verstorbenen Johannes ein gleichnamiger 1496 verstorbener Mündener Ratsherr angegeben, der wiederum einen gleichnamigen nach 1531 verstorbenen Sohn hatte. Beide Todesdaten lassen sich nicht mit der Jahreszahl 1527 auf der Grabplatte in Einklang bringen, der wohl die größere Zuverlässigkeit zukommen dürfte, zumal die bei Fischer offenbar aus einer ungedruckten Familiengenealogie des 17./18. Jahrhunderts entnommenen Geburts- und Todestage für Familienmitglieder des 15. Jahrhunderts in ihrer Präzision ohnehin etwas fragwürdig erscheinen.

Nachweise

  1. Karl Brethauer, Was der Familiengrabstein Mengershausen erzählt. In: Mündensche Nachrichten vom 17./18. Februar 1973.
  2. Grenz, Anfänge, S.123f. mit Abb. 49a.

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 42 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0004209.