Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 456† Süßen-Großsüßen, ev. Pfarrkirche (St. Ulrich) 1626, 1622–37

Beschreibung

Wandgemälde und -inschriften. Vor dem Kirchenbrand von 1707 ringsum innen an den Wänden des Langhauses aufgemalt.

Beschreibung und Wortlaut nach Wollaib.

A. An der Ostwand über dem Chorbogen Darstellung des Jüngsten Gerichts mit Unterschriften links und rechts:

  1. Matth. 25. Der Herr wird sagen zu denen zu seiner Rechten: Kom(m)et her ihr Gesegneten meines Vatters ererbet daß Reich daß eüch bereitet ist von anbegin der Welt1)

    Zu denen zur Lincken aber wird er sagen: Gehet hin von mir ihr Verfluchten in daß ewige Feür daß bereitet ist dem Teüffel und seinen Engeln2)

B. Darunter weiterer Bibelspruch:

  1. Laßet eüch züchtigen ihr Richter auff Erden, dienet dem Herren mit Furcht und freüet eüch mit Zittern. Küßet den Sohn daß Er nicht zürne und ihr umbkom(m)et auff dem Wege3)

C. Auf der südlichen Chorbogenseite über der Tür zur Kanzel Gemälde der Auferstehung Christi mit Unterschrift:

  1. Hos. cap. 13. v. 14. Jch will sie erlösen auß der Höllen und vom Tod erretten. 1. Cor. 15. Der Tod ist verschlungen in dem Sieg, Gott aber sey gedanckt der uns den Sieg gegeben hat durch unsern Herren Jesum Christ4)

    Peccatum Sathanam mortem plutonia regna / Sanguineo Christus vicit Agone suo5)

    Tod Sünd Teüffel Leben und Gnad alles in Händen Er hat Er kan erretten alle die zu Jhm tretten

D. Hinter der Kanzelstiege Bibelspruch:

  1. 2. Tim. 4. Predige das Wort, halt an, es sey zur rechten Zeit oder zur Unzeit, straffe dräüe, ermahne mit aller Gedult und Lehre6)

E. Hinter der Kanzel Gebet:

  1. Kom H(eiliger) Geist, ein geber alles guten, und gib mir Weißheit und Verstand daß mein Mund deinen Ruhm verkündige, verleihe daß mir nit etwan ein Wörtlein entfahr dardurch etwan deine Ehr oder mein Gewißen möcht verletzet werden sondern schaffe daß ich mit Nutz und Frucht lehren und predigen möge, erleüchte auch die Hertzen meiner Zuhörer daß sie mit Andacht und Ehrerbietung dein Wort hören und darauß gebeßert und erbauet werden. Amen. O Herr hülff, o Herr laß wolgelingen. Ps. 118.7)

F. Rechts neben der Kanzel Bibelspruch:

  1. Ebreor. 13. v. 17. Gehorchet eüern Lehrern und folget ihnen dann sie wachen über eüere Seele alß die da Rechenschafft darfür geben sollen auff daß sie daß mit Freüden thun und nicht mit seüffzen denn daß ist eüch nicht gut

G. An der Südwand (?) Darstellung der Passion Christi, darunter Adam und Eva mit Unterschrift:

  1. Gott gebot dem Menschen und sprach: Du solt eßen von allerley Bäum(en) im Garten, aber von dem Baum deß Erkantnus gutes und böses soltu nicht eßen, dann welches Tages du darvon ißest soltu des Todes sterben. Gen. 2. v. 16. 17. Gott hat den Menschen geschaffen zum Ewigen Leben und hat ihn gemacht zum Bilde daß er gleich seyn soll wie er ist. Aber durchs Teüffels Neid ist der Tod in die Welt kommen. Sap. 2. v. 23. 24. Durch einen Menschen ist die Sünde kommen in die Welt und der Tod durch die Sünde und ist also der Tod zu allen Menschen hindurch getrungen die weil sie alle gesündiget haben. Rom. 5. v. 12.

H. An der Südwand im Bogen über der Kirchtür ein Bibelspruch:

  1. Machet die Thore weit und die Thüre in der Welt hoch daß der König der Ehren einziehe. Psalm. 24. v. 7.

I. Ebenfalls an der Südwand Gemälde der Taufe Christi mit Beischriften:

  1. Christ unser Herr zum Jordan kam nach seines Vatters Willen / Von S. Johannes die Tauffe nam sein Werck und Ampt zu erfüllen / Da wolt er stifften uns ein Bad zu waschen uns von Sünden / Ersaüffen auch den bittern Tod durch sein selbst Blut und Wunden / Es galt ein neues Leben8)

    Ach bleib bey uns Herr Jesu Christ weil es nun Abend worden ist / Dein göttlich Wort daß Helle Licht laß ja bey uns außlöschen nicht9)

K. An der Südwand unter der Empore zwei datierte Gebete:

  1. Johann Keßler bin ich genent Christus ist mein Heyland / Denselben thue ich ruffen an Er wird mich gwißlich nicht verlahn. 1626 /

    Mein Anfang, Leben, mittel und End stell alles in Gottes Hand. Johann Oßwald 1626

L. Darüber gemalter Kruzifix mit Beischrift:

  1. Jn Gottes Hauß. Was Ohren hat zu hören daß höre. Luc. 8. v. 8. Sehet zu was ihr höret. Marci cap. 4. v. 24.

Versmaß: Elegisches Distichon (C), deutsche Reimverse (C, I, K).

Die zeitliche Einordnung der Inschriften wird ermöglicht durch eine Notiz in der von Wollaib überlieferten Pfarrerliste10, die 1701 von dem damaligen Pfarrer Johann Martin Müller am Chorbogen der Kirche aufgemalt worden ist, und der zufolge die Kirchenrenovierung und -ausschmückung unter dem von 1622 bis 1637 amtierenden Pfarrer Georg Stromeyer aus Ulm durchgeführt wurde. Das in den beiden Gebetsinschriften (K) zweimal genannte Jahr 1626 wird man somit wohl auf die gesamte Ausmalung beziehen dürfen.

Anmerkungen

  1. Mt 25, 34.
  2. Mt 25, 41.
  3. Ps 2, 10–12. – Erst 1701 wurde auf der nördlichen Chorbogenseite eine Liste der nachreformatorischen Pfarrer der Gemeinde (1557–1701) aufgemalt, die hier nicht aufgenommen ist.
  4. 1 Kor 15, 55 u. 57.
  5. Wörtliche Übernahme des Distichons von dem Schinbrunn-Epitaph im Chor der Kirche von 1573 (vgl. nr. 290 †).
  6. 2 Tim 4, 2.
  7. Ps 118, 25.
  8. Danach der Vermerk Wollaibs: „biß zu Ende“, d. h. es folgten vermutlich noch die übrigen sechs Strophen des Liedes. Wochenlied Martin Luthers zum Tage Johannes’ des Täufers (24. Juni), Wittenberg 1524 (Evang. Gesangbuch, Ausg. f. d. Ev. Landeskirche Kurhessen-Waldeck 1951, Nr. 146).
  9. 1. Strophe des Wochenlieds zum 5. Sonntag nach Epiphanias, 1543 von Martin Luther verfaßt (ebd. Nr. 207).
  10. Wollaib, Par. Ulm. 459f.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 459–462.
  2. Burkhardt, Wollaib 152.
  3. Ziegler, Von Siuzun bis Süßen 109f., 112.
  4. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 119f.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 456† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0045607.