Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 439 Drackenstein-Unterdrackenstein, kath. Pfarrkirche St. Michael 1621

Beschreibung

Turmmonstranz, gestiftet von den sechs Kindern des Grafen Rudolf von Helfenstein und der Eleonora geborene Gräfin von Fürstenberg. In der Sakristei. Ursprünglich nach Aussage der Inschrift in der Kapelle des 1679 abgebrochenen Drackensteiner Schlosses. Silber, teilvergoldet. Über Vierpaßfuß und viereckigem Schaft mit abgeschrägten Kanten und flach ausladendem Nodus ovales Schaugehäuse mit Strahlenkranz1, flankiert von Strebewerk mit Figurentabernakeln, darin Figürchen von Maria und Johannes Evang., in der vierseitigen Laterne eine goldene Sonnenscheibe mit aufgelegtem silbernem Jesus-Monogramm (C), nachträglich anstelle eines Figürchens eingesetzt; als Bekrönung ein Kruzifixus mit graviertem Titulus (A), Schriftband und Corpus vergoldet. Unter dem Schaugehäuse und unter den beiden Heiligenfiguren sind auf der Vorderseite kleine silberne gravierte Wappenschildchen befestigt, die beiden äußeren sind vergoldet. Auf der Unterseite des Fußes ist eine runde Scheibe mit eingravierter Inschrift (B) aufgenietet.

Maße: H. 55, B. 22, B. (Fuß) 16, Dm. (Inschriftscheibe B) 5,5, Bu. 0,2 cm (A, B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    · I · N · R · I ·

  2. B

    · WIE · DIE · IVN/GEN · IMBLIN · DAS · / HONIG · SAMLEN · ALSO · / HABEN · VOLGENTE · BLIE/HENTE · HERTZLIN · IN · IR/ER · IVGENT · SILBER · GESA/MLET · ZV · DISER · MONSTRANTZEN / VND · SIE · IN · DAS · SCHLOS · DRACKEN/STEIN · GESTIFTET · GOT · ERHA/LT · SIE · IN · SEINEN · GNADEN · IN · DISEM / LEBEN · VND · NEME · SIE · ENDLICH / ALL · IN · DIE · EWIGE · TABERNACKEL · / HEINRICH · MARIA · MADLENA · MA/RIA · IOHANA · ISABELA · ELEON/ORA · ANNA · VICTORIA · FRAN/CISCA · CARLINA · G(RAF) · V(ND) · / G(RÄFINNEN) · ZV · HELFENSTEI(N)a) · / ·1621·

  3. C

    IE(SU)Sb)

Wappen:
Fürstenberg; zweimal Helfenstein (quadriert: Helfenstein/Gundelfingen).

Kommentar

Die inschriftlich genannten Stifter sind die Kinder des letzten Grafen von Helfenstein, Rudolfs (1585-1627), und der Gräfin Eleonora von Fürstenberg. Der Sohn Heinrich starb noch vor dem Vater 16262. Von den fünf Töchtern starben Maria Magdalena und Anna Viktoria unverheiratet3. Maria Johanna war in erster Ehe mit Landgraf Maximilian Adam von Leuchtenberg, in zweiter mit Pfalzgraf Christian I. von Birkenfeld-Bischweiler vermählt, Isabella Eleonora mit Martin Franz Graf von Oettingen-Baldern und Franziska Karolina schließlich mit Wratislaw Graf zu Fürstenberg4. Die Grafen von Helfenstein besaßen die Ortsherrschaft über Drackenstein ab 1589, nach ihrem Aussterben im Mannesstamm fiel sie mit der Herrschaft Wiesensteig an die Erbtöchter (ab 1642 bayerisch-fürstenbergisches Kondominat)5.

Monstranz und Stiftungsinschrift legen beredtes Zeugnis ab von dem religiösen Eifer des katholisch gebliebenen helfensteinischen Grafenhauses im Vorfeld und in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges. Die Vorstellung vom Himmel als „ewigem Tabernakel“ ist – jedenfalls im epigraphischen Bereich in dieser Zeit – ungewöhnlich6.

Textkritischer Apparat

  1. Ohne Kürzungszeichen.
  2. Als griech. nomen sacrum IHS. Der Balken des H mit einem Kreuz besetzt, unter dem H ein Dreiberg, fächerweise besteckt mit drei Nägeln.

Anmerkungen

  1. Spätere Hinzufügung; ursprünglicher Glasbehälter vermutlich zylinderförmig.
  2. Europ. Stammtaf. NF XII Taf. 59 führt zwei ältere Söhne auf: Heinrich Friedrich, der ebenfalls 1626 gestorben sein soll, und Julius, vermutlich früh, jedenfalls vor 1621 verstorben.
  3. Ebd. werden insgesamt sechs Töchter genannt: statt Anna Viktoria sind Anna Katharina und Maria Viktoria, beide unverheiratet, aufgeführt. Ein Versehen des Graveurs ist bei der Stiftungsinschrift jedoch kaum anzunehmen.
  4. Vgl. ebd.
  5. Vgl. LdBW II 346, 348.
  6. Sie begegnet wieder auf der Grabplatte des 1749 verstorbenen Joseph Bux in der St.-Antonius-Kapelle zu Schrezheim (Ellwangen, Ostalbkr.) in der Formulierung Cuncta Tabernaclis floreat aeva Sacris (Autopsie).

Nachweise

  1. Keppler 115 (nur erwähnt, dat. 1625).
  2. Pazaurek 32 (Inschr. nur teilweise), Taf. 31.
  3. Kdm Geislingen 107f. - Illig, Geschichte v. Göppingen u. Umgebung II 260.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 439 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0043903.