Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 411† Geislingen an der Steige, ehem. Spitalkirche St. Leonhard 1615

Beschreibung

Altarkruzifixus mit Sockelinschrift. Zwei Verse in Langzeile, darunter 18 Verse in zwei Spalten angeordnet, unten in der Mitte Jahreszahl. Vermutlich beim Abbruch der Kirche 1843 beseitigt.

Anordnung und Wortlaut nach Wollaib.

  1. Hörr du Christlicher Leser gudtwas diß Bild mit dir reden thut

    Erzeigen solt mir gar kein EhrJch bin ein Bild und sonst nichts mehrKan dir die wenigst Hülff nicht schaffenDrumb dich an mir thu nicht vergaffenDir aber Jch bin fürgebildtDaß ich dir deinen Heyland mildtSoll zu Gmüth führen durchs GesichtSo Jch nun daß bey dir verrichtSo laß mich fahren mich auf gib //Damit an mir nit versindigst dichVnd thu dein Gmüth zum Heyland tẹihṇJn Him(m)el schwing den ehr alleinDenselben lieb und dein GebethZu Jhm allein richt früe und spätDerselb allein dir helffen khanUnd hast an Jm den rechten MannSo du sein Ehr mir woltest thonOhn gstrafft kompst gwißlich nicht davon1615

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die Verse stammen wie die Wandinschriften in St. Leonhard sicherlich von Pfarrer Daniel Walliser oder seinem Nachfolger Johann Leo Roth (vgl. nr. 412 †). Sie stellen ein beredtes Zeugnis dar für die Ablehnung und Bekämpfung der Bilderverehrung durch die Protestanten. Die Geislinger Bevölkerung hatte sich lange gegen die Einführung der Reformation durch die Herrschaft Ulm gesträubt1.

Anmerkungen

  1. Vgl. Heberle 14–34; Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I 181–187; ferner: Thomas Gathmann, Die Reformation in Geislingen und Umgebung (1531–1547), in: Hohenstaufen 14 (1988) 44–52; Scharfe, Ev. Andachtsbilder 12f.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 404.
  2. Scharfe, Ev. Andachtsbilder 13, 114 Anm. 52 (teilweise).
  3. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 34 (bringt die Inschrift versehentlich mit dem erhaltenen Kruzifix in der Geislinger Stadtkirche in Verbindung).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 411† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0041108.