Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 402† Bad Überkingen, ev. Pfarrkirche (St. Gallus) 1612

Beschreibung

Epitaph des Johann Edel. Innen an der Ostwand. Hölzernes bemaltes Hängeepitaph, „oberhalb“ (wohl in einem giebelähnlichen Aufsatz) eine 8zeilige Versinschrift (A), im Hauptfeld Gemälde der Enthauptung Johannis des Täufers, flankiert von zwei Inschriften, links von lateinischen Distichen (B), rechts von einer deutschen Sterbeschrift (C).

Wortlaut nach Wollaib.

  1. A

    Herodes richt ein Mahlzeit anLud darzu viel herrlich mannDer Herodias TöchterleinThut vor dem Tisch her dantzn feinSolchs dem König gar wol gefältVerheist ihr großes Gut und GeldJohann der Täuffer must daranUnd sein Kopff ihm abschlagen lan

  2. B

    D(eo) O(ptimo) M(aximo) tum P(iae) M(emoriae) /Viri venerandi qua pietatem et sanctam conversationem quaq(ue) doctrinam eximiam suspiciendi D(omi)ni M(agistri) Johannis Edelij Pastoris Überkingani Tiditesa) qui situs est An(n)o /CreDIDIt InDe satIs Ipse qVIetIs habetb)

    Munerec) ita Eugenius Christi sua lumina clausitI n nova de terrad) gaudia lectus homoOmine res quam plena bono! Sic mole malorumA vocat infractos mitior ille paterNec tamen hoc siccis videt Vberkingia malisN empe annis auḍit quinq(ue) decemq(ue) virumEt sensit Zelum pectusq(ue) immobilee) falsoS inceramq(ue) aevo deteriore fidemEt quae praeterea non nullusf) convena novitD um sana ex acidis membra ibi quaerit aquisExitus acta probat?g) denis sua tempora lustrisL eniter exegit leniter Edlus obith)M. I. B. H. A.SCH. R.

  3. C

    Christliches angedencken deß Ehrwürdigen, Gottseligen und Wolgelehrten Herren Johann Edelß, weiland fünffzehen järigen Pfarrers zu Überkingen, so in dem 51. Jahr seines Alters, und in dem 24sten seines Predig-Ampts, und Ehestands, auff Sontag den 8. Febr(uarii) umb 9. Uhr zu Abend seelig in Christo entschlaffen, hernach den 10. ehrlich zu Erden bestattet worden im Jahr deß Herrn 1612.

Übersetzung:

Dem besten und größten Gott, wie auch dem Angedenken des ehrwürdigen Mannes, der sowohl wegen seiner Frömmigkeit und seines heiligen Lebenswandels als auch ob seiner hervorragenden Bildung verehrungswürdig war, des Herrn Magister Johann Edel, Pfarrers, der Zierde von Überkingen, der begraben worden ist im Jahre 1612 (Chronostichon). – Er hat geglaubt, daher findet er nun ausreichend Ruhe. – So hat Edel (Eugenios) seine Augen durch die Gnade Christi geschlossen, von dieser Erde (?) zu neuen Freuden erwählt. Was für ein Glück! So ruft jener besonders gütige Vater die durch die Last der Übel Gebrochenen ab. Dennoch sieht Überkingen dies nicht ohne Tränen (wörtl.: mit trockenen Wangen), da es doch 15 Jahre lang den Mann hörte und den Eifer fühlte und das durch Irrtum nicht zu verführende Herz und den aufrichtigen Glauben in ziemlich schlimmer Zeit; was außerdem so mancher Gast erkannt hat, während er dort im Wasser des Sauerbrunnens die Heilung seiner Glieder zu erlangen suchte. Der Tod möge die Probe auf seine Taten sein: seine Zeit hat Edel in 50 Jahren sanft durchlebt, sanft ist er gestorben.

Versmaß: Deutsche Reimverse (A), Pentameter als Chronostichon, 6 elegische Distichen als Akrostichon (B).

Kommentar

Die Distichen bilden ein Akrostichon auf den Namen des Verstorbenen: M(agister) IOANNES EDEL. Die Initialen unter den lateinischen Versen lassen sich nicht sinnvoll auflösen. Wahrscheinlich bezeichnen sie die Namen der Auftraggeber des Epitaphs oder des Verfassers der Inschrift. Edel wurde 1561 in Kuchen als Sohn des dortigen Pfarrers Samuel Edel geboren. Er studierte in Tübingen (imm. 1592, bacc. 1584, mag. 1587)1, war 1588-90 Diakon in Leipheim, 1590 in Türkheim und ab 1596 in Überkingen2.

Textkritischer Apparat

  1. Bedeutung unklar. Vermutlich: Überkingae Nitiditatis = Überkingens Glanz.
  2. habet emend.; habe Wollaib. Herzlich bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei Herrn Prof. Dr. Fidel Rädle, Göttingen, durch dessen freundliche Hilfe es erst möglich wurde, aus der stellenweise hoffnungslos verderbten kopialen Überlieferung noch einen sinnvollen Text herzustellen.
  3. Munere emend.; Munera Wollaib.
  4. de terra conj.; deserta Wollaib.
  5. immobile conj.; mobile Wollaib.
  6. nullus conj.; unus Wollaib.
  7. probat emend.; probet Wollaib. Das Fragezeichen ist wohl als Ausrufezeichen zu verstehen.
  8. obit emend.; obest Wollaib. „Sanft schadet Edel“ ergibt jedenfalls keinen Sinn.

Anmerkungen

  1. Matrikeln Tübingen I 197,92.
  2. Sigel, Das ev. Württemberg 11,1.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 488f.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 402† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0040209.