Die Inschriften des Landkreises Göppingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 41: Göppingen (1996)
Nr. 370 Weißenstein (Stadt Lauterstein), kath. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt um 1601, 1604
Beschreibung
Epitaph des Ernst Freiherrn von Rechberg zu Kronburg, Weißenstein und Kellmünz. Innen an der Chorsüdwand. Monumentale mehrteilige Ädikula: als Bekrönung Figur der Muttergottes; in der Giebelzone ein Vollwappen, als Wappenhalter zwei Putten (der rechte setzt den Fuß auf einen Totenschädel) mit brennenden Fackeln; im Architrav 5zeilige Inschrift (A), ursprünglich vermutlich von zwei aufgedübelten, jetzt ausgebrochenen Löwenmasken o. ä. flankiert; auf dem Sims unmittelbar darunter die Steinmetzsignatur (B); im Hauptgeschoß in einer von Pilastern gerahmten Rundbogennische ein auf einem Löwen kniender und betender Ritter vor dem Kruzifixus, darüber in den Wolken Gottvater, umgeben von vier Engelsköpfen, die Taube des Hl. Geistes und zwei Posaunenengel, im Hintergrund eine Landschaft mit zwei Burgen und einer Wassermühle; die beiden Pilaster sind jeweils in der Mitte mit einer Löwenmaske belegt; im Sockel zwischen bärtigen Masken ein Relief: Moses und die erhöhte Schlange. Grauer Sandstein, stellenweise vergoldet; Reste einer Farbfassung1.
Maße: H. ca. 380, B. 186, Bu. 2,3 (A), 1,8 cm (B).
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A), Kapitalis (B).
- A
An(n)o Do(m)i(n)j: 〈1604〉 de(n) 〈28 Maij,〉a) ist in Christo de(m) herr(n) / seeliglich entschlaffe(n), der wolgebor(ne), herr, herr, Ernst, / Freijherr, von Rechberg, vo(n) hohe(n) Rechb(erg)b) zu Cro(n)burg, / Weijssenstei(n), vnd Kellmüntz, Rö(misch)b) Kaij(serlicher)b) Ma(jestät)b) rath (etce)t(era)c) de(m) Gott / genad
- B
. M(ichael) . (Stz. nr. 7) . S(challer) .
Rechberg. |
Textkritischer Apparat
- Nachtrag des Todesdatums unter genauer Nachahmung der vorgegebenen Schriftformen, dennoch an leichten Abweichungen zu erkennen: so ist der gebrochene untere Bogen des a etwas weiter nach oben gezogen als im übrigen Text, die i-Punkte sitzen deutlich höher, und nach Maij bleibt ein größerer Zweischenraum als sonst, der auch nicht geschlossen werden kann durch das offensichtlich zu diesem Zweck hier eingesetzte Komma. Vgl. Anm. 1.
- Kürzung durch Doppelpunkt.
- Lesung unsicher. Vor dem eindeutigen t ein nach rechts offener, oben zur Schlinge geschlossener Bogen in der Form eines runden Minuskel-e, vielleicht als et-Kürzel zu lesen, statt des üblichen c als Kürzung für c(etera) hätte der Steinmetz dann versehentlich ein t gehauen.
Anmerkungen
- Eine Weißensteiner Amtsrechnung von 1601/02 für den Maler Hans Burg aus Memmingen für die farbige Fassung der Weißensteiner Epitaphien für Ernst von Rechberg und seinen Bruder Haug (nr. 343) beweist, daß das Grabmal Ernsts bereits vor seinem Tod angefertigt worden ist; vgl. Hummel, Lauterstein 18.
- Vgl. auch Klemm, Baumeister 156 nr. 301.
- Vgl. Anm. a und 1.
- Vgl. nr. 339.
Nachweise
- Waltz, Misc. hist. (HStAS, J1 Nr. 44) fol. 301v (verkürzt, dat. 1504).
- Ders., Rechberg. Stammbuch (WLB, Cod. hist. F 30.2) fol. 67r.
- Rechberg-Epitaphien-Album (GRA Donzdorf, o. Sign.): Zeichnung von J. S. Baumeister, 1809; weitere Zeichnung des 19. Jh.
- Rink, Familien Geschichte V 42.
- Kdm Geislingen 177f.
Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 370 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0037002.
Kommentar
Nicht nur die Steinmetzsignatur, auch die typische Minuskelschrift mit den unverwechselbaren Versalien und der Häufung ungewöhnlicher Ligaturen, weist das Grabmal als Werk der Ulmer Schaller-Werkstatt aus2. Es ist konzipiert als das spiegelbildliche Gegenstück zu dem Epitaph für Haug (Hugo) von Rechberg, den Bruder Ernsts, das sich im Chor an der gegenüberliegenden Wand befindet. Da archivalisch und auch durch den Schriftbefund3 gesichert ist, daß Ernsts Grabmal schon vor seinem Tod fertiggestellt war, dürfte er der Auftraggeber für beide Epitaphien gewesen sein. Zusammen mit seinen Brüdern Haug und Philipp war er 1577 in den Freiherrenstand erhoben worden4.