Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 356 Göppingen-Jebenhausen, alte ev. Pfarrkirche (Jüdisches Museum) 1599

Beschreibung

Grabplatte des Raban von Liebenstein. Innen an der Ostwand. Ursprünglich über dem Grab zwischen Sakristei und nördlicher Stütze der Orgelempore; beim Einbau der Empore bereits etwas von der Grabkammer weg unter die Stütze verschoben, vermutlich zu deren besserer Fundamentierung. Überstehende Reliefteile wurden wohl bei dieser Maßnahme abgespitzt, der Stein wurde mit Bodenplatten abgedeckt. 1906 aufgedeckt und geborgen1. Umschrift (A) zwischen profilierten Rahmenleisten; die oberen drei Fünftel des Mittelfelds nimmt heraldische Zier ein: drei Vollwappen nebeneinander werden in den vier Ecken von Ahnenwappen umgeben. Diese Ahnenwappen sind jeweils mit dem mittleren Vollwappen durch ein Schriftband mit Wappenbeischrift verbunden. Über und unter dem mittleren Wappen ein Engelskopf und eine geflügelte, von einem Totenschädel bekrönte Sanduhr. Im unteren Teil des Mittelfelds querrechteckige Schrifttafel (B) mit Roll- und Beschlagwerkrahmen. Gelber Sandstein; fast die gesamte Randleiste mit Inschrift (A) abgespitzt, Ausbrüche – vor allem am linken Rand – mit Zementmörtel ergänzt.

Maße: H. 208, B. 123,5, Bu. 5,3 (A), 4,5 (B), 2,6 cm (Wappenbeischriften).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    IM IAR CHRISTI 1599 [. . . /. . . /. . . /. . . DE]S HOF[GERICHTS . . . . . . . . . . . . . .] 36 IAR ·

  2. B

    ICH WAIS ICH WERDE AM IV=/NGSTEN TAG AVFFERSTEN. V(N)D / WERDE MIT MEINER HAVT UMG(E)/BEN WERDEN. VND WERDE IN / MEINEM FLEISCH GOTT SCH=/AWEN · ICH SELBS. VND KEIN / ANDERER FVR MICH · HIOB · 192) / ICH HAB IA GETROFFEN EINE(N) / GVETEN WECHSEL · 2 · CORI(N)[. . .]3)

Wappen:
Mitte Liebenstein, herald. rechts Gemmingen, links Feilitzsch.
Wappenbeischriften in Kapitalis:
LIEBENSTEIN ·G/EMMI/NGEN ·
WVLCHI(N) VO(N)a) ALTZY4)WOLF/SKEHL·5)

Kommentar

Raban von Liebenstein war ein Sohn Philipps von Liebenstein († 1588)6 und der Elisabeth von Gemmingen zu Bürg und Treschklingen. Er war württembergischer Rat und Hofgerichtsassessor in Tübingen7. Aus seiner ersten, 1589 geschlossenen Ehe mit Dorothea von Gemmingen zu Gemmingen entsprossen drei Kinder, die jedoch alle bereits im Säuglingsalter verstorben sind8. Nach Dorotheas Tod 1597 heiratete Raban im folgenden Jahr ein zweites Mal. Mit Amalia von Feilitzsch9 hatte er einen Sohn, der ebenfalls nur kurz lebte (vgl. nr. 369). Als Ortsherr von Jebenhausen erließ Raban 1591 eine Dorfordnung. Stimmt die Altersangabe der Sterbeinschrift, müßte er 1563 geboren sein10. Der Todestag Rabans ist der 28. Juni11.

Textkritischer Apparat

  1. O klein in das V eingeschrieben, kein Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Vgl. Jüdisches Museum Göppingen 124.
  2. Nach Hiob 19, 25–27.
  3. Im 2. Korintherbrief findet sich kein entsprechendes Zitat.
  4. Wilch von Alzey.
  5. Wolfskehlen (Rosenstamm).
  6. Stiftete 1557 eine Wappenscheibe ins Rathaus von Großbottwar: DI 25 (Ludwigsburg) nr. 305 III.
  7. Vgl. das Epitaph seiner Frau nr. 352 sowie Schilling von Cannstadt, Geschlechts Beschreibung 368.
  8. Vgl. nrr. 333, 338, 348.
  9. Der Name bei Schilling von Cannstadt, Geschlechts Beschreibung 368. Amalia wird dort als Tochter Ludwig Marquards von Feilitzsch und einer von Meisenbuch bezeichnet. Diese Angabe kann freilich nicht stimmen, denn nach Biedermann, Voigtland, tab. CX wurde die Ehe zwischen Ludwig Marquard, kurpfälzischem adeligem Hofgerichtsassessor zu Amberg und ab 1623 kaiserlichem Kammergerichtsassessor, und der Maria Magdalena von Weißbach ( so wohl richtig) zu Unterschönfels erst 1600 XI 28 geschlossen. Amalia dürfte vielmehr eine Schwester Ludwig Marquards gewesen sein, somit eine Tochter Melchiors von Feilitzsch zu Tauperlitz († 1587), der unter Ottheinrich, Friedrich III. und Johann Casimir in kurpfälzischen Diensten stand und anschließend, wie später sein Sohn, kaiserlicher Kammergerichtsassessor wurde. Er hatte 1570 Anna von Flehingen geheiratet, die 1589 starb. Eine Tochter aus dieser Ehe, Anna Maria, ist 1593 als 18jähriges Mädchen verstorben und wurde in Hemmingen (LKr. Ludwigsburg) bestattet, vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nr. 439. Wie Anna Maria könnte auch Amalia nach dem Tod ihrer Eltern von ihrer Tante Maria von Nippenburg geb. von Flehingen aufgenommen worden sein (vgl. ebd.), was die Verbindung zu den Liebensteinern gut erklären würde.
  10. Dieselbe Altersangabe aber auch auf dem Epitaph für Rabans 1597 verstorbene erste Frau (nr. 352). Entweder ist eine der beiden Angaben falsch oder das Epitaph wurde erst in Rabans Todesjahr 1599 fertiggestellt oder aber die fragliche Beischrift wurde dort erst nachträglich eingefügt bzw. verändert.
  11. Schilling von Cannstadt, Geschlechts Beschreibung 368.

Nachweise

  1. Jüdisches Museum Göppingen 124 (nur Inschr. A), 118 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 356 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0035602.