Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 331 Göppingen, ev. Oberhofenkirche 1590

Beschreibung

Epitaph der Anna von Degenfeld, evangelischer Äbtissin zu Oberstenfeld. An der Chor-Südwand, über der Tür zur Sakristei; früher in der Zillenhartkapelle. Große rechteckige Holztafel mit gemalter Darstellung des Gekreuzigten vor Sternenhimmel und Stadt in Gebirgslandschaft. Links unter dem Kreuz kniet die Äbtissin im Gebet, vor ihr ein Vollwappen mit zwei Helmen, (heraldisch) links davon ein weiteres Vollwappen. Kreuz mit Titulus (A); links neben dem Kreuz, über der Knienden ein 2zeilig beschriftetes Schriftband (B); unter der ganzen Szene eine Rollwerkkartusche mit Sterbeinschrift (C). Schrift schwarz auf weißem Grund. Links unten Renovierungsvermerk1.

Maße: H. 245, B. 171, Bu. 3,5 (A), 4,2 (B), 5,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B, C).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    INRI

  2. B

    Die Bildtnusz soltt du sechen an /Vnd den sÿ bedeÿt im hertzen han

  3. C

    Jch Anna Geborn von Degenfeldt ·a) Adeliche Aptissin zu Obersten feldt · /Als Man ·1590· Jar zehlt ·Den ·11· Julij vom Todt gfellt /Der liebe Gott vnd Herre mein ·Woll mir Gnedig Barmhertzig sein /Das Ich mit ihm lebe zu gleich ·Im(m)er vnd Ewig In seim Reich Amen ·

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
Degenfeld2, Stammheim.

Kommentar

Die Frakturschrift verwendet reich ausgeschmückte Versalien und macht ausgiebig von Ligaturen, bevorzugt des Vokals e, Gebrauch. – Anna von Degenfeld war eine Tochter des Göppinger Obervogts Christoph von Degenfeld und der Barbara von Stammheim. 1567 geboren, wurde Anna 1579 zur Ausbildung in das ehem. Augustiner-Chorfrauenstift Oberstenfeld (LKr. Ludwigsburg) aufgenommen, das von Herzog Ulrich von Württemberg nach Einführung der Reformation in ein evangelisches adeliges Fräuleinstift umgewandelt worden war. 1585 erhielt Anna eine Chorpfründe, 1588 wurde sie zur Äbtissin gewählt3. Sie starb in Göppingen während eines Kuraufenthalts im Sauerbrunnen. Barbaras im Kindesalter verstorbene Schwestern Eleonora und Ursula liegen ebenfalls in der Oberhofenkirche begraben (nrr. 278, 284).

Der Spruch neben dem Kruzifixus drückt in gemäßigter Form die protestantische Ablehnung der Bilderverehrung aus, der in wesentlich deutlicheren Worten auf einem Altarkruzifix aus Geislingen von 1615 Ausdruck verliehen wird (vgl. nr. 411).

Textkritischer Apparat

  1. Versenden im Zeileninnern jeweils durch eine rote Raute, in der 2. Zeile durch einen roten 6strahligen Stern gekennzeichnet.

Anmerkungen

  1. ren(o)v(iert) / 1887 / Wollhaf.
  2. Vermehrtes Wappen: quadriert von Degenfeld und Stammheim.
  3. Zu ihrer konfliktreichen Amtszeit und zu weiteren biographischen Einzelheiten vgl. Plieninger, Stadtschreiber 44–46.

Nachweise

  1. Gabelkover (HStAS, J1 Nr. 136 I), Mappe Göppingen, fol. 68v (stark verkürzt).
  2. AGDSE, Glaskasten XIII, 22: Familien-Denkmäler und Epitaphien betreffend, „Eybach, Extract Deren in der Kirchen daselbst befindl. Herrsch. Degenfeld. Epitaphien“, Doppelbl. A. 18. Jh.
  3. Ebd., Abschrift dat. Mai 1775 (Standortangabe: „vor dem thor“!).
  4. Kdm Göppingen 40.
  5. Scharfe, Ev. Andachtsbilder 114 Anm. 52 (nur Inschr. B).
  6. Plieninger, Stadtschreiber 44–46 Nr. 5 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 331 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0033105.