Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 293 Privatbesitz vor 1575

Beschreibung

Familiengedenktafel der von Degenfeld. Früher wahrscheinlich in der kath. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt zu Eybach (Stadt Geislingen a. d. Steige). Querrechteckige Holztafel mit farbig lavierter Federzeichnung: In der Mitte Kruzifixus mit Titulus (A), oben flankiert von zwei großen leeren Schriftbändern; unter dem Kreuz links zehn kniende und betende Ritter im Harnisch, die beiden vorderen mit Helm, jeweils mit ihren Namen in senkrecht aufflatternden Schriftbändern (B), mit vor ihnen stehenden Vollwappen und – mit Ausnahme der drei äußeren Figuren – mit daruntergeschriebenen Jahreszahlen (B’) bezeichnet; rechts unter dem Kreuz neun kniende Frauen, ebenfalls mit Namenbeischriften in Schriftbändern (C) und Vollwappen bezeichnet, jedoch ohne Jahreszahlen. Malschicht stellenweise, vor allem am unteren Rand, abgeplatzt, dadurch Schriftverlust; Zeichnung und Farbfassung zum Teil verblaßt, Namenbeischriften vermutlich größtenteils später nachgezogen.

Maße: H. 91, B. 35,3, Bu. 0,6 (A), 0,35 cm (B, C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Bastarda (B, C).

  1. A

    ·I·N·R·I·a)

  2. B/B’

    Conrat vo(n) degenfeld / 1360b) // Conntz vo(n) Degenfeld· / 1390 // Hans vo(n) dege(n)feld / 1440 // Marthin vo(n) deg(en)feld / [. . . .] // Hans vo(n) Degenfeld / 14[98]c) // Wilhalm vo(n) Degenfeld / 152[.] // Marthin vo(n) Degefeld· / 1558 // Carle vo(n) degenfeld· // Christoff vo degenfeld // Marthin von degenfeld

  3. C

    Dorothea vo(n) Welwardt· // Anna vo(n) Neningen // Adelhaÿt vo(n) Rinderbach // Angnes vo(n) Zilhardt // Gertraudt v(on) nuihausend) // Vrsvla von bleningen·// Margreta vo(n) Rabenstain // Barbara vo(n) stamhaim // Appalonia vo(n) jfflingen

Wappen:
10mal Degenfeld; Wöllwarth, Nenningen, Rinderbach, Zillenhart, Neuhausen, Plieningen, Rabenstein, Stammheim, Ifflinger von Graneck.

Kommentar

Zur Schrift läßt sich aufgrund der späteren Überarbeitung nur wenig sagen. So viel ist jedenfalls noch zu erkennen, daß es sich um eine späte gotische Buchschrift mit kursiven Elementen (f und langes s unter die Grundlinie verlängert, Schleifenbildung bei den Oberlängen von b, l und v) gehandelt haben dürfte. Die beiden leeren Schriftbänder im oberen Teil der Tafel weisen keinerlei Schriftspuren mehr auf. Die links unter dem Kreuz dargestellten Personen sind die drei Brüder Karl, Christoph und Martin von Degenfeld mit ihren agnatischen Ahnen. Als Ausnahme ist der jüngere Hans von Degenfeld eingereiht, der als einziger bartlos dargestellt ist. Er ist der ledig verstorbene Bruder oder Sohn des vor ihm knienden Martin. Auf der rechten Bildseite sind die Ehefrauen der drei Brüder und ihrer Ahnen abgebildet1. Welchen Sinn die beigegebenen Jahreszahlen haben sollen, ist unklar. Todesdaten bezeichnen sie in keinem Fall2. Die späteste Jahreszahl 1558 gibt immerhin einen sicheren terminus post quem für die Anfertigung der Tafel. Vielleicht wurde sie anläßlich des Todes der Ursula von Plieningen 1570 von ihren drei Söhnen gestiftet. Zu denken wäre auch an einen Entwurf oder ein Provisorium für ein gemaltes oder plastisches Epitaph, dessen Ausführung dann unterblieb. Dafür spräche das kleine Format des Bretts und die flüchtige Ausführung der Inschriften. Da den drei Brüdern keine Jahreszahlen beigefügt sind und ihre Köpfe in auffallendem Gegensatz zu den übrigen porträthafte Züge tragen, wird man die Tafel noch vor 1575, das Todesjahr Karls (vgl. nr. 294), zu datieren haben. Vollends ausgeschlossen ist eine Datierung nach 1589, da in diesem Jahr das Wappen der Degenfelder von Kaiser Rudolf II. vermehrt wurde3, auf der Tafel aber noch durchweg das unvermehrte Stammwappen abgebildet ist. Eine ähnliche Tafel, die aber eine Generation weniger umfaßte, daher vermutlich etwas älter war und wohl der vorliegenden Ahnenreihe als Vorbild diente, befand sich früher in der Eybacher Kirche (nr. 256 †).

Textkritischer Apparat

  1. N retrograd.
  2. In der Reihenfolge von innen nach außen.
  3. Ergänzt nach Klemm, Zum 600jährigen Jubiläum 250 Anm. 26 und nach nr. 256 †.
  4. Die ersten drei Buchstaben offenbar verschrieben.

Anmerkungen

  1. Zur Genealogie der Degenfelder vgl. grundsätzlich Klemm, Zum 600jährigen Jubiläum, passim, mit Stammtaf. auf S. 249.
  2. Konrad † 1397, Conntz † 1430, Hans † 1458, Martin † 1495, Hans † vor 1496, Wilhelm † 1533, Martin † 1557, Karl † 1575, Christoph † 1604, Martin † 1584, vgl. ebd. Klemm, Ortsnotizen, nr. 4: Geislingen Stadt, Heft „Die Herren von Degenfeld“ 6 erwägt, ob es sich um die Jahre der Eheschließung handeln könnte, stellt freilich Abweichungen von der urkundlichen Überlieferung fest.
  3. Vgl. Klemm, Zum 600jährigen Jubiläum, 244.

Nachweise

  1. Klemm, Ortsnotizen, Nr. 4: Geislingen Stadt, Heft „Die Herren von Degenfeld“ 6–40.
  2. Ders., Heraldische Forschungen 2, 46.
  3. Ders., Zum 600jährigen Jubiläum 248.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 293 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0029306.